Nach Karlsruher Urteil: Berlin erlaubt Lehrerinnen das Kopftuch – Wegner irritiert

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BERLIN. Die Bildungsverwaltung schreibt den Schulleitern, dass das Tragen von Kopftüchern beim Unterrichten nicht mehr generell verboten sei. Das war nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nötig geworden. Der CDU-Landeschef – und designierte Regierende Bürgermeister – zeigt sich über «den Zeitpunkt» irritiert. Tatsächlich steckt wohl mehr dahinter.

Profiliert sich mit islamkritischen Positionen: Berlins CDU-Chef Kai Wegner. Foto: CDU / Yves Sucksdorff

Der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner hat ein Rundschreiben aus der Bildungsverwaltung zur Rechtslage beim Tragen von Kopftüchern in allgemeinbildenden Schulen kritisiert. «Wir haben keinen Hehl daraus gemacht, dass wir den Zeitpunkt des Briefes unglücklich finden», sagte Wegner im Anschluss an die Koalitionsverhandlungen mit der SPD. «Es ist alles andere als hilfreich in der jetzigen Zeit, aber wir gucken nach vorne», so der CDU-Politiker. «Das wird Aufgabe der neuen Landesregierung sein, dass die Schulen hier Kriterien an die Hand bekommen, mit diesem Thema umzugehen.»

In dem Schreiben an alle Berliner Schulleitungen hat die Bildungsverwaltung mitgeteilt, sie rücke von ihrer bisherigen wortgetreuen Anwendung des Neutralitätsgesetzes ab. «Nur in den Fällen, in denen sich konkret die Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität abzeichnet, ist das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke und Symbole zu untersagen», heißt es in dem Brief vom Montag, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

«Das Wichtige ist, dass wir deutlich machen, dass wir die Schulen, die Eltern, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht alleine lassen mit diesem Thema»

Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte Januar eine Beschwerde des Landes Berlin gegen ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Damit war klar, dass Berlin nicht auf seiner bisherigen Position beharren konnte. Das Bundesarbeitsgericht hatte 2020 klargestellt, dass muslimischen Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern nicht generell verboten werden kann.

«Wir haben ein Gerichtsurteil, und das ist umzusetzen», sagte Wegner zur Rechtslage. «Das Wichtige ist, dass wir deutlich machen, dass wir die Schulen, die Eltern, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht alleine lassen mit diesem Thema.» Es müssten nun klare Kriterien formuliert werden, um den Schulfrieden sicherzustellen. «Wir werden uns das Neutralitätsgesetz natürlich auch nochmal anschauen», kündigte der CDU-Landeschef an. «Aber das Urteil ist, wie es ist.»

Ein Sprecher der Bildungsverwaltung erklärte zum Zeitpunkt für das Verschicken des Rundschreibens, es sei jetzt an die Schulen rausgegangen, um rechtzeitig vor den anstehenden Einstellungsrunden für das kommende Schuljahr Klarheit zu schaffen.

Die SPD-geführte Berliner Bildungsverwaltung hatte sich jahrelang dagegen ausgesprochen, dass sichtbare religiöse Symbole in den Schulen gezeigt werden dürfen. Diese Leitidee wird auch im Neutralitätsgesetz formuliert. Allerdings verlor die Verwaltung sämtliche Prozesse von muslimischen Lehrerinnen, die mit Kopftuch in die Schule wollten und gegen die Beschränkungen geklagt hatten.

«Das ist doch eine absurde Debatte. Wo fangen denn die negativen Namen an und wo hören sie auf?»

Wegner selbst hat sich als Politiker immer wieder mit migrations- und islamkritischen Positionen profiliert. Zuletzt machte seine Fraktion mit der Abfrage von Vornamen der deutschen Verdächtigen nach den Silvesterkrawallen Schlagzeilen. Damit wollte die Partei den Migrationshintergrund der Personen klären, wie Wegner erklärte. «Nur wenn ich Probleme benenne, kann ich sie auch richtig lösen», befand er. An dem Vorgehen gab es bundesweite Kritik – auch von Noch-Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), mit der Wegner aktuell über eine Koalition verhandelt. «Das ist doch eine absurde Debatte. Wo fangen denn die negativen Namen an und wo hören sie auf? Ist der Polizist jetzt mitgemeint, weil er Ali heißt, oder was?», fragte sie.

Wegner hatte sich auch für eine Neufassung des Berliner Neutralitätsgesetzes, das bislang muslimischen Lehrerinnen im Unterricht das Kopftuch verbot, ausgesprochen. So wollte er Beschäftigte des Staates auch künftig möglichst weitgehend dazu verpflichten, im Dienst auf religiöse Kleidung und Symbole zu verzichten. Wie dies im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich sein sollte? Das ließ er offen. News4teachers / mit Material der dpa

Kopftuchverbot für Lehrerinnen vor dem Aus: „Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung“

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Marc
1 Jahr zuvor

Tja, ich konnte dem Neutralitätsgesetz immer viel abgewinnen…..

Aber ist nicht das einzige Urteil in letzter Zeit, das mehr als seltsam ist.
Lehrkräfte, die dann sogar darauf geklagt hatten, unbedingt Kopftuch tragen zu dürfen, sind mir sowieso mehr als suspekt. Wer nicht in der Lage war, einfach für einen Vormittag das Kopftuch bei Seite zu legen, scheint ein fragwürdiges Verständnis von Religion, Toleranz und Integration zu haben

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Oder die Person nahm ihre eigene Religion ernst. Es ist meiner Meinung nach ein Unterschied, ob Institutionen religiöse Zeichen in allen Räumen aufhängen oder ob jegliche Religion toleriert wird.
Das Ziel könnte auch sein, dass Schülerinnen und Schüler das Kreuz, Kopftuch oder Kippa bei anderen zu akzeptieren, gar wertzuschätzen lernen. Draußen in der Gesellschaft wird diese Erkenntnis ihnen vielleicht nicht mehr möglich gemacht.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Fragwürdig finde ich eigentlich immer eher Leute, die sich gegen unsere Rechtsordnung stellen, indem sie Urteile des Verfassungsgerichts kritisieren.

teachinginberlin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Sie kennen schon den Unterschied zwischen Kritisieren und Akzeptieren?

Hier mal eine Lektüre, die zum Kritisieren einlädt. BVerfG, 10.05.1957 – 1 BvR 550/52 

447
1 Jahr zuvor

Ich meine, das jetzt schon mehrfach gelesen zu haben – also gut, Kopftuch Marsch und so. Klagen gegen das Verbot gab es doch auch schon mehrfach.

Ist es (das Kopftuch im Dienst) jetzt nicht also ohnehin erlaubt?

Vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden.

Maggi
1 Jahr zuvor

Wenn man das Neutralitätsgebot ernsthaft betrieben hätte, dann dürfte in einer Schule keinerlei religiöse Symbole sein, weder an Ketten, noch Bilder oder Kreuze an der Wand, oder religiöse Symbole auf Kleidung oder ein solches Kleidungsstück.
Das ist nicht erfolgt. Also warum darf man ein Kreuz tragen, aber kein Kopftuch.

Meine Oma war überzeugte Katholiken, hat aber bei der Arbeit im Garten immer ein Kopftuch angezogen, meine Uroma hatte es immer an. Auch im christlichen Glauben gab es Mal die Überzeugung, dass man nicht ohne bedeckten Kopf vor die Tür darf. Das ist auch in vielen christlichen Ländern immer noch so. Auch hier gibt es radikale Glaubensauslegungen, die viele Christen nicht teilen.

Man kann gerne Religion und Staat trennen, dann haben wir auch endlich eine Neutralität in der Schule.

P.S. Für die Antworten mach ich mir mal Popcorn.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maggi

Brauchst kein Popcorn. Der Vergleich eines Arbeitskopftuchs mit einem religiösen Kopftuch aus einer patriarchalen religiösen Kultur zu vergleichen, ist schon mehr als abwegig.

Ich kenne keine Schulen mit Kreuzen an der Wand. Wo sind die denn? Und selbst wenn, wir sind ein christlich geprägtes Land. Mich würde es nicht überraschen in der Türkei ein Symbol des Islams an den Wänden zu finden…. wobei ich sicher wäre dass die Religion dort viel größere Einflüsse hat, als das Christentum bei uns.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Unterrichten Sie in Bayern? Dort lassen sich sicher Kreuze in Schulen finden. Hier im Norden finden sie sich in katholischen Schulen.
Angesichts der multireligiösen Gläubigen in Schulen halte ich einzelne religiöse Symbole auch für unangebracht.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

Ich persönlich würde jedes Symbol aus Schulen verbannen, empfinde aber Kreuze in einem christlichen Land nicht als Skandal. Zumal es mich mehr stören würde, wenn Kreuze um Hälse als an Wänden hängen. Denn es geht ja hauptsächlich um die Lehrkraft

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Nee, das seh ich anders: Eine Lehrkraft ist lediglich Repräsentantin der Behörde bzw. Institution Schule. So gesehen ist ein offen aushängendes religiöses Symbol in der Anstalt entsprechend schwerwiegender als das Kreuzlein um den Hals einer Lehrenden.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

Eine Lehrkraft ist nicht „lediglich eine Repräsentantin“ des Staates, sie ist immer auch eine Person.

Gerade als Lehrer ist man immer als ganzer Mensch gefagt, weil unterrichten auch Beziehungsarbeit ist.

Solange Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler mit ihrem Glauben oder sonstigen weltanschaulichen oder politischen Einstellungen nicht bedrängen oder sie ihnen aufzwängen wollen, dürfen sie sie ruhig zeigen.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Dem kann und mag ich nichts weiter hinzufügen, seh ich ganz genauso.

Cuibono
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

Eine konfessionelle Schule ist genau das: konfessionell.
Es geht hier um staatliche! Schulen.

Aus unseren Brennpunktschulen im Bezirk kenne ich nicht wenige Mädchen, die mit „haram“ oder auch gerne „Schlampe“ bezeichnet werden, wenn sie kein Kopftuch tragen. Das betrifft sowohl Muslimas als auch Mädchen anderer Religionen oder konfessionslose.

Eine Lehrerin, die Kopftuch trägt, unterstützt diese Haltung.

Ich möchte das nicht, für kein Kind.
Es gibt türkische Privatschulen, die dies anders halten können, genau wie jede konfessionelle Schule.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cuibono

Es geht insbesondere in staatlichen Schulen, in denen Religions – oder Ethikunterricht stattfindet, um die unbedingte Entwicklung zu einer toleranten Haltung (!) auch und gerade bezüglich Andersgläubigen, das betrifft auch die Wahl der Jogginghosenfarbe bzw. einer Kopfbedeckung.

Die Beschimpfungen unter den Mädels bieten einen paradigmatischen Anlass diesen fehlenden Respekt im Unterricht zu problematisieren:
Das Kopftuch als Auslöser ist hier beliebig austauschbar, d.h. der Ausdruck „Schlampe“, die bedenkliche Umgangsform gab es leider lange schon vor dem Kopftuchstreit – die Hintergründe für das Gezicke sind garantiert anders gelagert.
Ergo: Eine kopftuchtragende Kollegin ist dafür nicht verantwortlich zu machen, abgesehen davon: Wollen Sie sich vom sprachlichen Verhalten Ihrer Schüler*innen Ihre Kleidungswahl diktieren lassen ? Morgen ist es dann die Länge des Kleides, welches Sie zur Schla… werden lässt.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Apropos Kopftuch: Der zutiefsr patriarchal geprägte und entsprechend einflussreiche Hintergrund ist nicht zu ignorieren.
Mit einem hiesigen Verbot wird die kritisierte Bevormundung aber nur fortgesetzt, indem islamgläubigen Frauen jegliche eigene Entscheidungsfähigkeit schlicht und einfach abgesprochen wird.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maggi

Genau. Wenn man das Neutralitätsgebot ernsthaft betreiben würde, dann frage ich mich, warum es überhaupt noch Religionsunterricht an Schulen erteilt wird.
Popcorn klingt gut….

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

Religionsunterricht ist ja keine Werbung fürs Christentum. Da wird eigentlich eher Ethik und Geschichte verschiedener Religionen mittlerweile unterrichtet. Man könnte es tatsächlich auch mal entsprechend umbenennen oder ganz in andere Fächer inkludieren.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Das sieht in der Praxis aufgrund mangelnder Religionslehrkräfte anders aus: Ich durfte Religion unterrichten, obwohl ich keiner Kirche angehöre. In der Not fressen Teufel eben immer noch Fliegen.
Weiter ist hiesigen Lehrplänen zu entnehmen, dass eine Bekenntnisorientierung keinesfalls mit Werbung zu verwechseln ist, andernfalls hätte ich diesen Unterricht gar nicht gestalten können. Achtung und Respekt im Umgang mit Andersgläubigen ist vermutlich im Gebot der Nächstenliebe verankert.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Und islamischer Religionsunterricht ist dann logischerweise Reklame für den Islam.
Damit sind wir einig: Religionsunterricht ist nicht primär für das Wohlergehen der Kinder da, sondern für das Wohlergehen der Religionsfunktionäre. Genau so kam der Artikel wohl auch ins Grundgesetz.
Es bleibt die Frage, inwieweit staatliche Schulen auf die Interessen irgendwelcher externen Funktionäre Rücksicht nehmen sollten. Politisch ist das heikel, es gibt schlechte Erfahrungen damit.
Übrigens: Um 1918/19 wollten die SPD und andere Parteien den Religionsunterricht an staatlichen Schulen abschaffen mit der Begründung, die Kirchen hätten sich zu sehr den korrupten Eliten des wilhelmischen Reiches angenähert. Leider hat die kath. Zentrumspartei (so eine Art „CSU von damals“) das Vorhaben verhindert.

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Doch, zumindest der katholische Religionsunterricht stellt die Missionierung durchaus als Ziel fest. Bilden Sie sich fort!

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

Woher bitte kommt dieser weiße Elefant namens Neutralitätsgebot?! Aus dem Beutelsbacher Konsens nicht- da steht etwas von Überwältigungsverbot und vom Kontroversitätsgebot. Nichts von Neutralität, auch wenn es die Blauen und ihre Getreuen immer so gerne behaupten. Auch der Diensteid verpflichtet uns Lehrkräfte- insbesondere verbeamtete- auf die Verfassung, welche/ was mitnichten neutral ist. Im Gegenteil, es ist die Verpflichtung der klaren Positionierung und dem Einstehen für die freiheitlich- demokratische Grundordnung. Das ist nicht „neutral“.
Und auch der konfessionell gebundene Religionsunterricht ist es ebenfalls nicht, was man auch immer davon halten mag. Man schaue sich die entsprechenden Vorgaben (z. B. Pflicht zur ‚Missio‘ für Lehrkräfte) und Curricula an.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maggi

Kirche und Staat trennen, wollen Sie dann auch ein Verbot von Religionsunterricht oder Unterricht für alle Konfessionen?
Bin selber ausgetreten, aber die Schule wäre kein schlechter Ort, um religiöse Akzeptanz und Respekt zu lehren – egal welche Konfession

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Aber ist der Geist, den das Kopftuch repräsentiert, wirklich weltweit der Geist der Akzeptanz und Toleranz?

teachinginberlin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maggi

„Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag in den öffentlichen Schulen nach dem Schulgesetz dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, und keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen. Dies gilt nicht für die Erteilung von Religions- und Weltanschauungsunterricht.“

https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-VerfArt29GBE2005pP2

Von daher: wir haben das geklärt.

In Berlin ist Religionsunterricht (bisher) kein ordentliches Schulfach ab Klasse 7. (Ich weiß leider nicht, wie es an den Grundschulen ist)

Carsten60
1 Jahr zuvor

Der Titel ist irreführend. Das Gericht ERLAUBT nichts, sondern das Gericht sagt, ein PAUSCHALES Verbot ist nicht rechtens. In begründeten Fällen kann das Kopftuch dennoch untersagt werden, etwa wenn dadurch die Gender-Gerechtigkeit auf Seiten der Mädchen unterlaufen wird. Denn die gehört zum Schulfrieden dazu. Ebenso könnte man sich ein Verbot vorstellen, wenn Lehrerinnen OHNE Kopftuch wiederholt deswegen gemobbt wurden. Man wird sehen, wie sich das entwickelt.
Aber merkwürdigerweise war jahrzehntelang in der Türkei das Kopftuch an Schulen verboten, auch Schülerinnen. Der allgemein verehrte Kemal Atatürk fand das schon vor 100 Jahren passend. Worin liegt nun der Fortschritt?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Wenn jetzt mehr und mehr Juristen in solchen Details in die Schulen hineinregieren (jetzt müssen sie schon entscheiden, ob der Schulfriede gestört ist oder nicht), dann wird das dem Lehrermangel nicht guttun. Wo bleibt eigentlich die Autonomie der Schulen? Wo bleibt die Entscheidungskompetenz von Schulleitungen? Müssen die „multi-professionellen Teams“ in Schulen künftig auch Juristen enthalten? Es könnte religiöse Schulen geben und eben auch religionslose Schulen. Und an den letzteren haben logischerweise weder aufgehängte Kruzifixe noch Kopftücher was verloren.
Umgekehrt kann auch kein Atheist als Beschäftigter von Kirchen verlangen, die religiösen Symbole seinetwegen abzuschaffen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Es ist sehr wohl ein Eingriff, wenn jede Kleinigkeit „gerichtsfest“ sein muss und somit Juristen mehr und mehr hineinregieren. Die Hausordnung könnte bei vielen Dingen eigentlich genügen, und die könnte z.B. im Unterricht ein Kopftuch verbieten, ebenso andere, als unpassend empfundene Kleidung. Gegen eine Hausordnung vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen hätte irgendwas Lächerliches. Sturm im Wasserglas. In islamischen Privatschulen ist das Kopftuch ganz sicher hoch willkommen. Die würden wohl umgekehrt Lehrerinnen OHNE Kopftuch gar nicht erst beschäftigen, aber dagegen würde natürlich niemand klagen.

Vierblättriges Kleeblatt
1 Jahr zuvor

Ich bin von der CDU irritiert. Sie hatte Neuverhandlungen des Nachteilsausgleichs für Berliner Lehrer angekündigt, die nicht verbeamtet werden. Davon ist nun weit und breit nichts mehr zu hören. War das so ein üblicher Wahlköder? Oder kommt da noch was?!?

Nun ja, in 3,5 Jahren wird wieder gewählt werden. Zweimal passiert mir das nicht.

Hornveilchen
1 Jahr zuvor

Das habe ich mich auch schon gefragt.

PS: „Wahlköder“ ist echt passend!

Ingelore Schmidt-Jacobsen-Gummersbach
1 Jahr zuvor

Ich würde mal sagen, da bist du aber typischen Wahlversprechen, ja, „Wahlköder“, das trifft es genau, auf den Leim gegangen. Da wird nichts passieren, bestenfalls „geprüft“ und dann für nicht möglich befunden. So ist es doch immer!

Carsten60
1 Jahr zuvor

Es ist das alte Problem: Die Väter des Grundgesetzes dachten bei der Formulierung der Religionsfreiheit einfach nicht daran, dass da Leute 24 Stunden am Tag ihre Religion ausüben wollen und das 365 Tage im Jahr. Sie dachten mehr an die Teilzeit-Christen, die an Sonn- und Feiertagen zur Kirche gehen. Ich nehme auch nicht an, dass die Leute mit einem kleinen Kreuz an einer Kette um den Hals meinen, damit „ihre Religion auszuüben“. Auch ein Kruzifix an der Wand ist keine Religionsausübung von einzelnen Leuten, sondern soll etwas Kollektives ausdrücken, analog etwa zu einer nationalen Flagge (man vergleiche den Fahnenappell, den es gelegentlich gab).
Aber beim Kopftuch wird zumindest behauptet, dass das eine Religionsausübung der betreffenden Person im Sinne des Grundgesetzes sei. Und das ist eben der entscheidende Unterschied. Ich wünschte mir, die Verfassungsrichter würden mal diese permanente Religionsausübung hinterfragen, bei der es keine religionsfreien Zonen und keine religionsfreien Zeiten geben darf. Vielleicht würde man feststellen, dass dafür das GG eben nicht in Anspruch genommen werden kann, auch nicht von christlichen Sekten.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Sagen Sie doch mal was zum Inhalt: Was genau soll „Religionsausübung“ bedeuten? Sollen damit Leute privilegiert werden, die behaupten, sie würden ständig und pausenlos ihre Religion ausüben? Genau darum geht es. Im GG gibt es übrigens keine Gender-Sprache. Wollen Sie es umschreiben?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die ultraorthodoxen Juden in Israel behaupten auch, sie müssten ständig ihre Religion ausüben, und daher kämen sie nicht mehr zum Arbeiten und müssten von der Allgemeinheit alimentiert werden. Vom Wehrdienst wollen sie auch aus religiösen Gründen befreit werden.
Diese „Freiheit“ endet aber bei der Freiheit der anderen, und das ist der Punkt. Religiöse Leute dürfen nicht unbegrenzt Privilegien beanspruchen bzw. die müssen ihnen nicht zugestanden werden.
Ich denke, der Religionsartikel im GG wurde als Gegenkonzept zur Praxis der Nazis formuliert, gegen Kirchen, Synagogen usw. vorzugehen, Priester zu bespitzeln, willkürlich zu verhaften etc. Diese „Religionsfreiheit“ ist damit gemeint, denke ich. An das Kopftuch hat bestimmt 1949 niemand gedacht.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Im Iran und anderen konservativen muslimischen Ländern werden Frauen dafür bestraft, wenn sie auf das Kopftuch als Zeichen der Freiheit und Emanzipation verzichten, in Deutschland dafür (in der Presse) bejubelt, wenn sie es als Zeichen von Freiheit und Emanzipation tragen. Wieso kommt mir das vor wie ein Widerspruch?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

… und um die Freiheit der Funktionäre, den Frauen vorzuschreiben, was sie zu tragen haben. Darauf läuft das nämlich hinaus. Wenn Frauen sich diesen Funktionären widersetzen, werden sie von denen abgestraft. Wo bleibt da der Schutz durch das Grundgesetz?

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

„[K]ennen“ wir nicht für jedes unserer Argumente „genug“ illustrierende Beispiele?
So unpolitisch ist die Kleidungsfrage dann aber doch wohl nicht?!
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/iran-kopftuchpflicht-101.html

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Einzelfallprüfung negiert das strukturelle Problem. Ebenso verhält es sich bei der Berichterstattung über Femizide. Auch hier wird zumeist vom Einzelfall her berichtet, zwar gesagt, dass sich Täter und Opfer kannten (wie zuletzt in Berlin, wo der Messerstecher ein Halbbruder der jungen Mutter war, die er vor den Augen ihrer Kinder erstach). Auch da wird das strukturelle Phänomen zum bedauerlichen Einzelfall.

Zwar ist das Urteil des BVerfG anzuerkennen, doch statt hier zu prozessieren, sollten diese Frauen überlegen, ob sie ….

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Tatsache, dass manche vielleicht freiwillig fasten, ändert doch nichts daran, dass die Islam-Funktionäre das Fasten vorzuschreiben versuchen.
Was Sie für Leute kennen, ist für die Beurteilung solcher Sachen nicht relevant. Entscheidend ist, wie das in einer Statistik aussieht, also wie viele Frauen das Kopftuch nur tragen, weil andere das von ihnen erwarten.
im übrigen geht es nie um das Privatleben, sondern nur um den Unterricht. Privat dürfen sich alle kleiden wie sie wollen (außer natürlich in islamischen Ländern).

NichtErnstZuNehmen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Wundert mich nicht, so unterkomplex wie du hier immer kommentierst Georg.

Georg
1 Jahr zuvor

Dann erklären Sie es mir bitte.