Schulen in Not! VBE-Umfrage: Hochgerechnet mehr als 50.000 Lehrerstellen sind vakant (weit mehr, als die KMK angibt)

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Mehr als jede zweite Schule in Deutschland ist einer Umfrage zufolge im Spätsommer mit Personallücken in das aktuelle Schuljahr gestartet. In einer Forsa-Befragung von Schulleitungen im Auftrag des VBE gaben 57 Prozent an, dass bei ihnen mindestens eine der eigentlich zur Verfügung stehenden Lehrkräftestellen zum Schuljahresbeginn nicht besetzt war. Im Mittel waren es laut Forsa 1,6 unbesetzte Stellen – deutlich mehr als von der KMK behauptet, wie der VBE betont. 

Der Lehrermangel bringt die Schulen in Not. Illustration: Shutterstock

Hochgerechnet auf alle gut 32.000 allgemeinbildenden Schulen im Land – also ohne Berufs- und Hochschulen – wären das nämlich mehr als 50.000 Stellen. Insgesamt arbeiten an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt etwa 710.000 Lehrerinnen und Lehrer. „Ein bedrückender Befund, wenn man sich vor Augen führt, dass die KMK zu Beginn des Jahres von 12.000 fehlenden Lehrkräften sprach und in ihrer Lehrkräftebedarfsprognose für 2035 von knapp 25.000 offenen Stellen ausgeht. In der Realität unserer Schulen ist die Lücke jetzt schon schätzungsweise doppelt so groß wie die KMK sie für 2035 prognostiziert und mehr als das Vierfache des Wertes, den die KMK zu Beginn des Jahres verbreitete“, so rechnet der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand vor.

Die große Mehrheit der Schulleiterinnen und Schulleiter (84 Prozent) geht der Umfrage zufolge davon aus, dass ihre Schule in Zukunft stark oder sogar sehr stark vom Lehrkräftemangel betroffen sein wird. Besonders groß ist das Problem der Umfrage zufolge an Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie an Förder- und Sonderschulen. Die Einrichtungen versuchen mit der Beschäftigung von Seiten- oder Quereinsteigern gegenzusteuern. In etwa 60 Prozent der Schulen ist das nach Angaben der Schulleitungen der Fall.

„Es braucht ein klares Bekenntnis dazu, ob und wie ernst die Politik es mit den schulpolitischen Maßnahmen Ganztag, Inklusion, Integration und der Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen meint“

Brand verlangt: „Politik muss sich ehrlich machen. Das Schönrechnen muss ein Ende haben. Denn nur mit einem realistischen Blick auf die Herausforderung kann es eine Lösung des Problems geben. Es braucht auch ein klares Bekenntnis dazu, ob und wie ernst die Politik es mit den schulpolitischen Maßnahmen Ganztag, Inklusion, Integration und der Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen meint. Werden sie nicht bedarfsgerecht umgesetzt, drohen sie zu scheitern. Die KMK muss dringend seriöse, verbindliche und methodisch abgestimmte Standards bei der Erstellung zukünftiger Bedarfs- und Angebotsprognosen durch die Länder erarbeiten. Sie sind die notwendige Grundlage für eine belastbare Gesamtprognose auf Bundesebene.“

Der VBE fordert:

  • „Eine bundesweite Fachkräfteoffensive, die aus einer Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen umgesetzt und finanziert wird.
  • Deutliche Verbesserungen in der Planung und Durchführung der Lehramtsausbildung, um die hohen Abbruchquoten zu senken.
  • Die Attraktivität des Berufsbildes muss sichtbar gesteigert werden. Es braucht die gleiche Bezahlung unabhängig von Schulform und -stufe und eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen an Schule.
  • Den Einsatz multiprofessioneller Teams in den Schulen. Sie können Lehrkräfte von Aufgaben entlasten, für die sie nicht originär ausgebildet sind.“

Neben dem Lehrkräftemangel wurden den Schulleitungen auch Fragen zum Thema Seiteneinstieg gestellt. Entsprechend der Antworten sind derzeit an 60 Prozent der Schulen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger beschäftigt. Dies stellt eine Steigerung von 23 Prozentpunkten im Vergleich zu 2018 dar.

Laut Brand ist das eine dramatische Entwicklung – zumal an Haupt-, Real- und Gesamtschulen (75 Prozent) sowie Förder- und Sonderschulen (74 Prozent) Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sogar noch deutlich häufiger zum Einsatz kommen. Gut die Hälfte von ihnen befindet sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis, wobei dies mit fast 60 Prozent an Grundschulen auftritt.

Hierzu Brand: „Was uns einst als Notlösung verkauft wurde, ist längst fester Bestandteil der Realität in den Schulen. Das dies besonders in den Schulformen deutlich stärker auftritt, deren Schülerinnen und Schüler einen erhöhten pädagogischen Bedarf mitbringen, sehen wir mit großer Sorge. Hier ist eine solide pädagogische Ausbildung umso wichtiger. Und dass wir besonders in den Grundschulen vermehrt befristete Arbeitsverhältnisse sehen, wo doch besonders in den ersten Jahren der schulischen Bildung eine kontinuierliche Beziehungsarbeit von besonderer Bedeutung ist, muss schnellstens korrigiert werden. Nicht nur, dass Menschen, die bereit sind in die Bresche zu springen, nicht mit derartigen Arbeitsverhältnissen abgespeist werden dürfen, es wirft auch ein zweifelhaftes Licht nach außen. Wen will man mit solchen Arbeitsverhältnissen für diesen großartigen Job begeistern? Hier muss dringend nachgebessert werden.“

Der VBE fordert:

  • „Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger müssen eine mindestens sechsmonatige Vorqualifizierung durchlaufen, um grundlegende pädagogische und didaktische Grundkenntnisse erwerben zu können.
  • Bereits im Dienst befindliche Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger müssen darüber hinaus vollumfänglich und bis zur vollständigen Lehrbefähigung weiterqualifiziert werden.
  • Kolleginnen und Kollegen, die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger bei der Einarbeitung begleiten, müssen für diese zusätzliche Aufgabe zeitlich entlastet werden.“ News4teachers

KMK-Kommission sagt 20 Jahre Lehrermangel voraus – sie empfiehlt: Mehrarbeit für Lehrkräfte, Hybridunterricht, größere Klassen

 

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Andre Hog
1 Jahr zuvor

„Die KMK muss dringend seriöse, verbindliche und methodisch abgestimmte Standards bei der Erstellung zukünftiger Bedarfs- und Angebotsprognosen durch die Länder erarbeiten.“

Kann und wird so nicht passieren, weil wir es hier mit zum Thema nahezu kenntnisfreien PolitikerInnen zu tun haben, die an der Sache an sich offenkundig wenig Interesse haben.

Wären es fachkundige Handwerker, dann würde nach der praktischen Fehler- und Mängelanalyse eine konkrete und effektive Lösungsstrategie erarbeitet und dann zukunftsorientiert umgesetzt werden.
Wenn ich als KuMi v.a. parteipolitische Karriereplanung in zeitlichen Legislaturen betreibe habe ich für effektive inhaltliche Arbeit keine Zeit.

Das darf man nun seit zig Jahren beobachten – und das führt bei mir mittlerweile zu immer lethargischer werdender Verzweiflung.

Leviathan
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

Ja genau und eigentlich wäre auch das gar kein Problem. Die Minister müssten ja „nur“ leiten. Die Fachkenntnis sollte im Ministerium sitzen. Ich habe schon bevor ich Lehrkraft war lange mit einem Kultusministerium zusammengearbeitet. Dort arbeiten alle für sich, keiner sieht Schule als Ganzes. Oft wissen sie auch gar nicht von der Problematik des anderen. Es wurde auch von Mitarbeiter*innen über 55 oft davon gesprochen, dass sie vor der Pension noch „ihr eines Projekt“ machen wollten und deswegen andere Sachen nicht so wichtig waren. Es war wie in einem Supermarkt, wo jeder Mitarbeiter für ein Produkt zuständig war und niemand das ganze Regal, geschweige denn den Laden im Blick hatte.

Wenn das bei allen Ministerien so ist, erklärt das leider einiges.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Leviathan

So ungefähr habe ich mir das vorgestellt, aber immer gedacht, dass ich zu pessimistisch bin.

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

@Andre Hog

Was kann gegen diese Verzweiflung helfen?

Eine endgültige Lösung kann da wohl niemand anbieten, aber kurzfristig kann eine Haltung ähnlich der im verlinkten Artikel zumindest eine gewisse Linderung durch Ablenkung verschaffen:
„… Viele Konflikte entstehen aber gar nicht erst, wenn man die Klappe hält. Und Menschen wirken oft nett, bevor sie den Mund aufmachen. Ist es nicht wunderbar, Ferien in einem Land zu machen, in dem man die Sprache nicht versteht? Erholsam an einem solchen Urlaub sind nicht nur die Sonne oder das gute Essen. Sondern auch, dass man keine Ahnung hat, worüber die Leute in der U-Bahn reden. Ganz ehrlich, ich träume von einer Welt, deren Lautstärke regulierbar ist wie eine Videokonferenz, von einem Mute-Button, den man nach Belieben ein- und ausschalten kann. In dieser Welt besteht selbst Politik weniger aus Gesprächen und Telefonanrufen. Politiker:innen flechten stattdessen gelegentlich Körbe miteinander oder lernen gemeinsam Gruppentänze. Tanzen ist auch eine Form von Kommunikation. Und man muss dabei aufpassen, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten.
Worte können Brücken bauen, aber sie lassen sich auch sehr manipulativ einsetzen. Das beste Beispiel ist dieser Text. Letztlich ist es mir nämlich egal, wie viel oder wenig Menschen miteinander reden. Ich möchte einfach, dass die Regeln unserer Gesellschaft sich ändern, damit ich persönlich öfter schweigend vor mich hinstarren kann, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. …“
https://krautreporter.de/4770-warum-viele-probleme-schlimmer-werden-wenn-man-druber-redet?utm_campaign=pocket-visitor
Und zum Thema Politiker eine kleine Ergänzung:
Wer nichts macht, macht nichts falsch.
ZACK. Ein übler Irrtum, schon oft in 16-facher Variation bewiesen.
Vielleicht dann so: Wer nichts mehr schönredet, macht’s hoffentlich nicht noch schlimmer?

Immerhin habe ich jetzt gleich 2 Ideen für die sicher irgendwann anstehende nächste Projektwoche. Das einzige Problem wird sein, wenn ich mich nicht entscheiden kann zwischen Korbflechten und Gruppentanz. 😉

PaPo
1 Jahr zuvor

Mein ceterum censo (also copy & paste):

Wie immer… die Kalkulationen der einzelnen Kultusministerien wie auch der KMK sind insg. Milchmädchenrechnungen, bereits mit Blick auf den aktuellen Bildungsbericht 2022 und den dort präsentierten Lehrerbedarf:

(a) Die Kalkulationen der KMK wie auch des Bildungsberichts 2022 fanden wohl exklusive der Würdigung einer dringend notwendigen Vertretungsreserve einerseits statt. Andererseits darf nicht ignoriert werden, dass z.B. aktuell Schulen mit einer Personalsituation von auf dem Papier(!) gar über 100% de facto weit darunter liegen, weil langfristig (d.h. auch über viele Jahre hinweg) fehlende Lehrer zur Belegschaft gerechnet werden, aber gar nicht zur Verfügung stehen. Ganz ungeachtet dessen, dass hier auch nie beachtet wird, ob denn neben der puren Anzahl an Lehrern auch genügend Lehrer mit entsprechender Fakultas vorhanden sind, alle Fächer hinreichend abdecken zu können. Und die anderen Taschenspielertricks, um den Personalmange, Entfallstunden u.ä. zu kuvrieren, kennen wir ja alle hier. Auch hier dürfte ein immenses Mehr an Lehrern benötigt werden.

(b) Die Klassenteiler sind viel, viel, viel zu hoch. Was Ministerien als unterste Untergrenzen angeben, dürften maximal die Obergrenzen sein. Die Klassen müssten halbiert, wenn nicht gedrittelt werden, wenn Schule ihrer gesellschaftlichen Funktion hinreichend nachkommen, nicht lediglich eine (mehr oder weniger elaborierte) Betreuungsinstitutionen darstellen soll; i.V.m. der steigenden Heterogenität der Schüler (initial infolge unverbindlicher Schullaufbahnempfehlung seitens der Grundschulen), inkl. deren Disziplin-, Motivations- und Leistungsdefiziten, derogierenden Möglichkeiten der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen und den aus all dem resultierenden kontraproduktiven Klassenklimata, zzgl. baulicher und technischer bzw. ausstattungsbezogener Mängel der regelmäßig überfüllten Unterrichtsräume, verunmöglichen diese absurden Klassenteiler, dass sich die Lehrer hinreichend jedem einzelnen ihrer Schüler widmen, diese angemessen selektieren und allokieren können. Hinzu kommen überbordende Stundendeputate, d.h. der Einsatz der Lehrer über zu viele unterschiedliche Klassen/Kurse hinweg, der mit hohen Schülerzahlen immens steigende Aufwand zur Klassenarbeits-/Klausurerstellung und -korrektur etc., zzgl. zu den immer weiter zunehmenden sonstigen Verpflichtungen von Lehrern außerhalb des eigentlichen Unterrichtens, so dass auch die Unterrichtsvor- und -nachbereitung massiv leidet.
DAS sind Faktoren, die eine tatsächliche Bildungsungerechtigkeit hervorrufen! All das Gerede über ungleiche Startbedingungen von Schülern aus unterschiedlich vermögenden Elternhäusern u.ä. kommt ohne praktikable Lösungen daher, denn die eigtl. Lösungsansätze werden seit Jahrzehnten ignoriert… und einer davon ist die massive Herabsetzung der Klassenteiler. Also eigtl. müssten die im Bildungsbericht 2022 angegebenen Zahlen mind. doppelt bis dreifach so hoch sein sind, alleine bei Lehrern an nicht-beruflichen Schulen also 34.600 bis 51.900 Lehrer… konservativ gerechnet. Laut VBE sind es jetzt auch mind. 50.000 Lehrer. Und auch da wird es tendenziell eher um die Konservierung des Status Quo gehen

Und dann reichen am Ende auch so oder so keine 800.000 Lehrer in diesem Land.
Aber das würde ja kosten…. viel kosten. Und ad hoc würde sich der Mangel ohnehin nicht beheben lassen, also lieber Flickschusterei, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Situation führen wird. Wie immer.

tl:dr
Wir bräuchten mindestens(!) doppelt bis dreifach so viele neue Lehrer, um kleinere und für die einzelne Lehrkraft weniger Lerngruppen zu etablieren, wenn Schule mehr sein soll als Massenbetreuung für Kinder und Jugendliche, wenn wir wirklich Bildungsgerechtigkeit, die bestmögliche Förderung der Potenziale unserer Schüler, die Erfüllung des Qualifikations-, Selektions- und Allokationsauftrags von Schule (und das alles auch durch Wahrung der Leistungsfähigkeitvon Lehrern) und letztlich den Erhalt und die Förderung der dt. Wirtschaftskraft und damit unseres auch zukünftigen Wohlstandes haben wollen, vom Erhalt dieses Landes als Kunst- und Kulturnation, der Wahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Co. ganz zu schweigen.
Zu hoch gestapelt? Ich glaube nicht. Das Verspielen unserer Zukunft fängt bereits mit der Massenhaltung in den Unterrichtsräumen an und stirbt suf dem Altar von Opportunismus, Ideologie und Inkompetenz (hier ein Wink Richtung KMK). Change my mind…


* Hier die Klassenteiler für das Schuljahr 2019/20 nach Ländern: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/2019-09-16_Klassenbildung_2019.pdf?fbclid=IwAR1JB9BOIynQp0L1twEiXvCqTmIKuO8JWv3_oLZ_FWE5ZJQk1EFxVRf3c2A

KaGe
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Niedlich dieser Klassenteiler. An unserer Gesamtschule (NRW), wären wir schon froh, wenn diese Obergrenze eingehalten werden würde….

J. STOERER
1 Jahr zuvor

Sehr geehrte Damen und Herren.
Das Problem das wieder tagaktuell ist, ist schon mehr als 30 Jahre bekannt und es hat sich wenig bzw. Nichts geändert. Es wurden Schulen abgerissen und jahrelang wenig Geld investiert, im Vergleich zu anderen Zweigen.
Auch ich bin ein typischer Seiten und Quereinsteiger, der nicht von den Schulen angesprochen wurde, sondern von den SuS die zu mir kommen sind. Ich habe länger Zeit als Nachhilfelehrer an einem Nachhilfeeinrichtung gearbeitet und meine damaligen Schüler und deren Eltern haben mich überzeugen können, als Lehrer zu arbeiten. Meine Unterstützung durch die Verantwortlichen tendierte gegen Null. Von 120 Seiteneinsteiger ist weniger als eine Handvoll geblieben, nicht wert geschätzten und nicht willkommen. Daher habe ich einen Wechsel in ein anderes Bundesland vorgenommen, die Beginnungen sind nicht einfacher, aber man ist als Hilfe willkommen.

Mit freundlichen Grüßen J. Stoerer

Yiey
1 Jahr zuvor
Antwortet  J. STOERER

So geht es mir genauso. Ich bin auch Seiteneinsteiger und meine Freundin ist im Master. So sucht jetzt schon nach Alternativen und möchte nicht als Lehrkraft tätig sein. Ihre Erfahrungen neben dem Studium haben Sie schon vom Beruf verdrängt.

Mo3
1 Jahr zuvor

Nur so ein Gedanke: Keine Zugangsbeschränkungen beim Lehramtsstudium – jeder Bewerber bekommt einen Studienplatz und alle fertigen Lehrer werden im Schuldienst angenommen, so dass vielleicht in einigen Jahren endlich Versorgungssicherheit an allen Schulen herrschen könnte und dann auch kleinere Klassen gebildet oder Doppelbesetzungen im Unterreicht zur Diffenrenzierung ermöglicht werden. Das sollte es uns Wert sein und dann schauen wir mal, was dabei herauskommt … Mit der jetzigen Planwirtschaft werden wir auch in 10-20 Jahren (und darüber hinaus) noch über Lehrermangel, Schulabbrecher, schlechte Vergleichsstudien usw. sprechen.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

Ein guter Abiturient muss kein guter Lehrer sein. Insofern haben Sie recht. Dass wir nun aber jeden nehmen sollten, halte ich für einen Fehler. Mir laufen schon jetzt zu viele, auch jüngere Kollegen herum, die scheinbar niemals für ihren Beruf als Berufung gebrannt haben, sondern vorwiegend für die angestrebte Work-Life-Balance. Wenn Sie dann feststellen, dass die Realität das nicht hergibt und der Beruf des Lehrers extrem anstrengend und fordernd ist, sind sie bereits Beamte und suchen nur noch nach ihrer privaten Exit-Strategie.

Ragnar Danneskjoeld
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Danke für diesen Beitrag!
Unsere aktuelle Referendarin hat allen Ernstes gefragt, ob sie denn nun wirklich zum pädagogischen Tag erscheinen soll und meidet erste Stunden wie der Teufel das Weihwasser. Ich fürchte, da wird fast schon quietly gequittet, ehe man offiziell gehiret wurde. Und dann darf man das bis zum Ende der eigenen Dienstzeit ausbaden.

Ron
1 Jahr zuvor

Ich sehe das auch mit Skepsis. Mittlerweile gibt es bei uns doch recht viele Kollegen, die nur 8 bis 12 Stunden arbeiten und damit als verlässliche Lehrkräfte oder sogar Klassenleitungen schlicht wegfallen. Oft fühlen sie sich auch für wenig zuständig, weil sie ja schnell nach Hause müssen oder es wieder einen ihrer freien Tage trifft. Ich finde das unglücklich und es belastet die sowieso schon stark geforderten Ganztagskräfte zusätzlich.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Wer nur eine halbe oder eine drittel Stelle hat, wird auch nur so bezahlt. Und der Dienstherr hat sich darauf eingelassen, wo ist also das Problem? Es ist doch immer der Staat, der nach mehr „Recht auf Teilzeit“ ruft, weshalb sollen gerade die bei ihm selbst Beschäftigten davon ausgenommen werden?

Und ich kann jeden verstehen, der, sofern er oder sie es sich leisten kann (z.B. aufgrund eines gut verdienenden Ehepartners oder einer Erbschaft (Haus)), sich nicht mit einer vollen Stelle kaputtmachen will.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Angestelltenverhältnisse können als Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgestaltet sein und nur dort kommt das TzBfG zur Anwendung.

Stand nicht schon sinngemäß im Kleingedruckten mit Aushändigung der Ernennungsurkunde: Beamte haben generell einen Anspruch auf eine Vollzeitbeschäftigung. Teilzeitbeschäftigung kann auf Antrag gewährt werden, wenn …

Realist
1 Jahr zuvor

„ob sie denn nun wirklich zum pädagogischen Tag erscheinen soll und meidet erste Stunden wie der Teufel das Weihwasser.“

Womit Sie bei der aktuellen Nachfrage nach qualifizierten Akademikern auf dem Arbeitsmarkt ja auch Recht hat.

Wer hat schon Lust auf einen Job, bei dem man täglich um Punkt 8 Uhr vor einem Haufen pubertierenden Jugendlicher stehen muss, dann ohne Mittagspause bis mindestens 13:30 Uhr durchackern muss (inkl. Pausenaufsichten, Gesprächen mit Schülern und Kollegen usw.) und sich anschließend von der veröffentlichten Meinung als fauler S… beschimpfen lassen muss, weil man die Schüler nicht bis 17 Uhr betreuen will („Ganztag“).

Andere Akademiker beginnen den Arbeitstag erst um 9 Uhr mit einem Latte Macchiato und dem „Sichten der E-Mails“, wenn sie wegen „Gleitzeit“ und „Vertrauensarbeitszeit“ nicht sowieso erst später anfangen oder im Home-Office sind oder sowieso nur eine 4-Tage-Woche bei vollem Gehalt haben… der Latte Macchiato wird dabei selbstverständlich vom Arbeitgeber bezahlt, während in den Schulen andauernd einer herum läuft um das Geld für die Kaffeekasse einzufordern.

Ich kann die Referendarin in der heutigen Zeit verstehen…

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

„keine Zugangsbeschränkungen beim Lehramtsstudium“
Das kann nach hinten losgehen. Es gibt immer auch sog. „Park-Studenten“, die nicht recht wissen, was sie studieren sollen, und es gibt schwache Leute, die bei einen echten NC keine Chance hätten. Die strömen dann in die Lehramtsstudiengänge, auch ohne die Absicht zu haben, je Lehrer zu werden. Und in „schwierigen“ Fächern steigt dadurch wieder die Abbrecherquote, und die Hochschulen werden dafür gescholten, ohne etwas dafür zu können.

Man sollte sehen: Die Landesregierungen haben einigen Universitäten (z.B. der TU Berlin, da gibt’s nur noch die technischen Fächer für Berufsschulen) die Lehramts-studiengänge regelrecht weggenommen, weil sie meinten, das seien zu viele. Jetzt wären dieselben Landesregierungen am Zug, das zu erklären bzw. zu ändern.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Allerdings kenne ich persönlich einige Lehramtsstudenten mit 1er Abschluss, die dann in der Praxis eher mittelmäßig zurecht kamen. Die gingen dann meist in die Bildungs-Theorie. Andere schafften einen mittelprächtigen Studienabschluss und waren dann in der Praxis super gute Lehrer. Vielleicht sollte man statt NC lieber psychologische Eignungstests verlangen? Ich glaube Finnland macht so etwas. Gute Theoretiker müssen nämlich nicht unbedingt gute Praktiker sein (und umgekehrt). Die Frage ist doch, was ist wichtiger für den Beruf?

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Man sollte wieder die einphasigen Lehrerausbildung einführen. Angehende Lehrkräfte müssen so schnell wie möglich an die Schulen und in den Unterricht. Da wird dann schnell klar, wer kann und wer eben eher nichts kann.

So ist das
1 Jahr zuvor

Die 50 000 fehlenden LehrerInnen beziehen sich auf den “ Normalbedarf „.

Durch die Pandemie ( und auch jetzt in der sogenannten Endemie, von der die WHO noch nichts weiß 😉
ergibt sich ein Zusatzbedarf:
immer wieder Dauererkrankte, Frühpensionierungen…..

Wenn auch nur an jeder zehnten Schule ein KuK ausfällt, sind das bei 710 000 LuL 71 000,
bei Ausfall an jeder 100sten Schule bräuchte es 7 100 LuL mehr.

Die beruflichen Schulen sollten auch mit eingerechnet werden; sie haben mit Sicherheit nicht weniger Ausfall, im Gegenteil.

Hat man dazu schon Glorreiche Gedanken gefasst und Vorsorge getroffen ?

Ron
1 Jahr zuvor

Wir müssen anfangen, klar zwischen Bildung und Verwahrung / Erziehung zu trennen. Schule hat die primäre Aufgabe, Wissen zu vermitteln und berufsvorbereitend zu wirken. Natürlich gehören da auch ein paar Umgangsformen und Werte dazu. Aber im Kern geht es um Bildung. Dazu bedarf es motivierte und gut ausgebildete Spezialisten. Wer zusätzlich Verwahrung anstrebt, damit beide Elternteile ganztags arbeiten können oder weil er wenig Vertrauen in die Erziehungskünste der Eltern hat, der muss von der Schule getrennte Bereiche schaffen, in denen Kinder und Jugendliche Hausaufgaben machen können und wo gute Freizeitangebote warten. Dies kann Schule mit den derzeitigen Mitteln nicht leisten. Es braucht Horte oder andere Jugendfreizeiteinrichtungen, die darauf spezialisiert und dafür personell ausgestattet sind.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Es sollte auch nicht passieren, dass man bei Lehrermangel geradezu propagiert, dann eben Lernautomaten (also digitale Lernsoftware) bewusst als Ersatz einzusetzen. Das ist gerade nicht das, was als „verständnisorientierte Bildung“ immer genannt wird. Für das Lernen von Fakten mag das taugen, aber das ist doch in der Zukunft gerade nicht mehr gefragt, denn — so sagt auch Schleicher — Google kann das besser. Man soll VERSTEHEN, aber ich sehe nicht, wie Lernsoftware das erreichen kann. Z.B. bieten die hoch gelobten Lernvideos von Daniel Jung kleine Häppchen von Fakten, aber keine mathematischen Zusammenhänge. Sie mögen für das Bestehen der nächsten Klausur nützlich sein, aber nicht für das Erreichen jener Bildungsziele, die in der Präambel def KMK-Bildungsstandards stehen.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich finde es richtig, dass Neue Medien und Neue Technologien integrativer Teil unserer Schullandschaft werden, weil sie eben auch Teil unserer Wirklichkeit sind. Dass man aber durch die Digitalisierung in Summe Unterricht oder Lehrer einsparen könnte, ist Traumtänzerei. Digitalisierung unterliegt einem ständigen Wandel, zudem müssen Geräte gewartet und repariert, Schüler und Lehrer eingewiesen und fortgebildet werden. Gelungene Digitalisierung ist nicht, schnell mal die Tablets anstellen und die Schüler irgendwas machen lassen. Es ist auch nicht, statt Poster nun zu jedem Thema eine Powerpoint ausarbeiten zu lassen. Das ist gar nichts. Und da das so ist, bedarf es für sinnvollen multimedialen Unterricht keine Laptop-Klassen, dafür aber Raum und Zeit für die sinnvolle Verknüpfung von Unterricht mit seinen digitalen Schnittstellen.