Kultusminister prognostiziert: Unterricht mit Bildschirm ist ab Klasse 5 bald normal

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MÜNCHEN. Podcasts, Videos und digitale Pinnwände gehören an einigen Schulen in Bayern schon jetzt zum Unterrichtsalltag. Doch nach dem Willen des Kultusministers sollen noch viel mehr Klassen Hefte und Stifte gegen Laptops und Tablets tauschen.

«Die Zukunft heißt Lernen in einer vernetzten Welt.» Foto: Shutterstock

Eine digitale Lehr- und Lernkultur mit Notebooks und Tablets wird nach Überzeugung von Bayerns Bildungsminister Michael Piazolo (Freie Wähler) die neue Normalität an den Schulen sein. Entsprechend sollten alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse möglichst bald über ein digitales Endgerät verfügen, das vom Freistaat bezuschusst werde, sagte Piazolo am Donnerstag in München. Im kommenden Schuljahr werde deshalb der Pilotversuch zu einer solchen 1:1-Ausstattung von bisher 250 Schulen um weitere 100 Einrichtungen ausgeweitet. Ab dem Schuljahr 2024/25 sollten sich dann alle der bayernweit rund 4000 weiterführenden und beruflichen Schulen auf diesen Weg machen können.

In vielen Schulen gebe es zudem schon jetzt eine gute Ausstattung mit Geräten, erläuterte Piazolo. Die Digitalisierung des Unterrichts sei eindeutig der richtige Weg, auch wenn es Risiken gebe: «Die Zukunft heißt Lernen in einer vernetzten Welt.» Eine erste Zwischenbilanz des derzeit laufenden Pilotversuchs «Digitale Schule der Zukunft» habe die Vorteile eindrücklich gezeigt: mehr Selbstständigkeit und aktives Lernen, mehr vernetzte Kommunikation und Zusammenarbeit, mehr Differenzierung und Individualisierung sowie mehr Anschaulichkeit.

«Jetzt wird ohne Ziel und Plan versucht, ganz schnell und mit viel Geld Versäumtes nachzuholen»

In der derzeit laufenden Pilotphase werden rund 33 Millionen Euro für die 1:1-Ausstattung jedes Schülers mit einem Gerät investiert, bei der flächendeckenden Umsetzung sei von jährlichen Kosten von rund 150 Millionen Euro auszugehen, erläuterte Piazolo. In den Pilotschulen bekommen die Eltern bestimmter Jahrgänge einen Zuschuss von derzeit 300 Euro, künftig 400 Euro für die Anschaffung eines eigenen Tablets oder Notebooks. Alternativ werden schuleigene Geräte zur Verfügung gestellt.

«Jetzt wird ohne Ziel und Plan versucht, ganz schnell und mit viel Geld Versäumtes nachzuholen», kritisierte der Sprecher für digitale und berufliche Bildung der Grünen im Landtag, Max Deisenhofer. Die Regierungskoalition habe die Digitalisierung der Schulen mehr als stiefmütterlich behandelt, erst die Corona-Krise habe sie aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Noch immer seien die technischen Voraussetzungen nicht an allen Schulen ausreichend, es brauche zudem mehr Fortbildungen der Lehrkräfte, kritisierte Deisenhofer.

Piazolo betonte, dass die Digitalisierung der Schulen durch die Corona-Pandemie einen riesigen Schub erhalten habe. Inzwischen gebe es rund 71 500 digitale Klassenzimmer sowie mehr als 560 000 mobile Endgeräte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte, zählte er auf. Außerdem hätten aktuell 99 Prozent der Schulen schnelles Internet – wenn auch die Bandbreite mancherorts tatsächlich nicht für mehrere Klassen gleichzeitig ausreiche. Und die Lehrkräfte nutzten die angebotenen Fortbildungen sehr intensiv. News4teachers / mit Material der dpa

Steckt hinter der Abi-Panne ein grundsätzliches Problem – nämlich die Unfähigkeit der Kultusministerien, die Digitalisierung zu managen?

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Carsten60
11 Monate zuvor

Und das dient dann der Bildungsgerechtigkeit? Was ist denn, wenn Kinder aus bildungsfernem Milieu schlechter mit Bildschirmen im Unterricht klarkommen als die anderen? War da nicht schon was mit dem Distanzunterricht zu Corona-Zeiten?
Nebenbei: Die Cookies sind natürlich gar kein Problem, nicht wahr? Jeder stimmt ganz naiv zu und weiß nicht, wohin die Daten dann schließlich gelangen. Bei Flüchtlingskindern könnten sie auf Umwegen auch an den Geheimdienst im Heimatland gelangen, der beschäftigt ohnehin Hacker.

Dil Uhlenspiegel
11 Monate zuvor

Unterricht mit Bildschirm ist ab Klasse 5 bald normal … weil keine LuL mehr da sind?

Ureinwohner Nordost
11 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Genau deshalb.

Wer möchte „diese 5. Klassen“ noch unterrichten?
Sie?
Ich? (definitiv nicht!)
Keiner mehr da. 🙁

Maggi
11 Monate zuvor

Einerseits kommt es mir vor, dass man so versucht das Missmanagement zu verschleiern, da das schönrechnen von benötigten Lehrer*innen nicht funktioniert.

Gleichzeitig würde ich alle Eltern bitten, dass sie ein Leihgerät von der Schule verlangen. Diese anzuschaffen kostet mehr als 300€ und muss spätestens nach 5 Jahren ausgetauscht werden, da es veraltet ist. Des Weiteren müsste ein landesweites Konzept existieren, wie die Wartung gewährleistet werden soll, woher kommen die Ersatzgeräte, falls ein defekt ist, wie werden die Daten gesichert, damit diese nicht verloren gehen, wer haftet für die Geräte und was mit ihnen angestellt wird, welches Betriebssystem wird verwendet, damit die Lehrkräfte auch Zugriff auf die Endgeräte haben, um zu kontrollieren, ob wirklich gelernt wird, wie wird der Datenschutz geändert, damit man als Lehrkraft Unterrichtsmaterialien digital zur Verfügung stellen kann, die aus mehreren Büchern oder Internetseiten zusammengestellt werden? Wer kontrolliert die Arbeiten, wenn diese digital erstellt wurden – darf ich das an eine KI abgeben, wie verhindere ich, dass die Schüler*innen Ergebnisse teilen und somit die Übungen bedeutungslos werden, wer ersetzt die Pencil, wenn diese defekt sind, wo gibt es die Spitzen? Das alles muss geklärt und teilweise in time erledigt werden, da die Schüler*innen sonst nicht am Unterricht teilnehmen können.

Diese Probleme sind ja nicht Mal für die Lehrkräfte gelöst. Weder gibt es ein einheitliches Konzept, da jede Schule ihr eigenes entwickeln müsste, noch ist die Finanzierung für kommende Austauschgeräte oder der schnelle Ersatz geregelt geschweige denn geplant. Wenn die Spitze meines Pencils kaputt ist, muss ich die selber kaufen, obwohl es ein Arbeitsgerät ist. Die Lehrer dürfen sich auch ihr Arbeitsmaterial selber kaufen, also Software für den Unterricht oder entsprechende Lizenzen.

Aber ja, in Bayern ist Wahlkampf und dann wird viel populistisch behauptet, obwohl man genau weiß, dass es nicht umsetzbar ist. Ich denke nur an Herrn Söder und die AKW- Debatte.

Hirschlgruber
11 Monate zuvor
Antwortet  Maggi

Sie sprechen mir so aus dem Herzen!

Gelbe Tulpe
11 Monate zuvor

Angesichts des Klimawandels ist ein ständiger Einsatz von Computern im Unterricht keineswegs zu begrüßen. Darüber hinaus dürfen die ständigen technischen Probleme die Lernzeit stark verringern.

Fideli
11 Monate zuvor

Gestern hat mir ein der außerschulischen Bildung tätiger Mensch strahlend von einer Bekannten erzählt, die in Schweden mit Vorschulkindern- wie dort angeblich üblich- digitale Bildung macht. „Nicht so rückständig wie in der KiTa meiner Tocher!“, war sein Fazit.
Egal was, Hauptsache, es flimmert und kommt über irgendeine Art von Bildschirm.
Und da wundert es mich, dass für meine Zehntklässler das Lesen einer Ganzschrift einer Bergbesteigung gleichkommt und sie für das Lesen von 6 Taschenbuchseiten eine Doppelstunde brauchen!

Marianne
11 Monate zuvor

Wenn Eltern ins Homeoffice gehen, warum sollen die Kinder nicht auch homeschooling machen dürfen? Lehrkräfte sollten auch ein recht dafür bekommen und flexibler arbeiten können. 3 Tage Präsenz, 2 Tage flexibel mit Homeschooling. Fertig

Müller
11 Monate zuvor
Antwortet  Marianne

Wenn das kommt bin ich weg aus dem Schuldienst.

Maggi
11 Monate zuvor
Antwortet  Marianne

Weil wir an dem Homeschooling während Corona gesehen haben, dass das Konzept nicht funktioniert. Wenn es um reine Stoffvermittlung ginge bräuchte man keine Lehrer, dann müsste man nur ein Buch lesen und hätte dann das Wissen, so funktioniert aber lernen nicht bei Kindern und Jugendlichen. Hier ist die persönliche und individuelle Erklärung der Lehrkraft für diesen Lerneffekt wichtig.
Aber klar das wäre doch viel bequemer als jeden morgen das Kind in die Schule zu schicken, wenn man selber ja noch bequem im Bett liegen kann.

alter Pauker
11 Monate zuvor

Endlich! Es war aber auch höchste Zeit unseren Schülerinnen und Schülern die Pflege einer guten Handschrift und vor allem mit dem Schreiben verbundenen Lerneffekten abzugewöhnen! Braucht doch ohnehin keiner – und dank der endlich erwachten KI kann man das menschliche Denken gleich mit auf den Schuttabladeplatz der Zeit kippen (wie der Reinhard vor 50 Jahren doch recht hatte!).
Angesichts der meisten der seelen- und geistloser KM Schreiben der letzten Jahre bei uns in B-W, habe ich ohnehin den Verdacht, dass … Aber lassen wir das, Weiterdenken macht hier nur depressiv und beschleunigt den Burnout zusätzlich.

Zypisch (bewusstes Kofferwort) ist jedoch, dass man in Schweden in den letzten Jahren wieder mehr zur Kultur der Handschrift zurückgefunden hat. Wie üblich, macht Deutschland erst mal Fehler aus anderen Ländern nach, wenn diese Länder bereits beginnen die erkannten Fehler zu beheben, wie beim unsäglichen Mengenlehre-Import aus den USA;- in den USA fast abgeschafft, dafür bei uns erst mal „hip“!

Mangels eigener Kreativität muss man halt kopieren – ob das ein gutes Bild auf die deutschen Bildungs- und Kultuspolitiker samt ihren Komplizen an den Hochschulen wirft?

Uwe
11 Monate zuvor
Antwortet  alter Pauker

Endlich! Es war aber auch höchste Zeit unseren Schülerinnen und Schülern die Pflege einer guten Handschrift und vor allem mit dem Schreiben verbundenen Lerneffekten abzugewöhnen!“

Ich bin ja dafür wieder zur guten alten Steintafel zurückzukehren, da kann man mit Hammer und Meißel beim Schriftzeichen einhämmern noch viel viel mehr lernen. Das war schon ein enormer Rückschritt mit dem Füller. Wenigstens Feder und Tintenfass sollten dringend wieder eingeführt werden.

Gabriele
11 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

„Witz komm raus!“ ???

Ganz offensichtlich haben Sie überhaupt keinerlei Ahnung, um was es geht. Liegt das an fehlendem Textverständnis?
Der eigentliche Knackpunkt des Themas, das Kernproblem in der Sache und die impliziten verhängnisvollen Langzeitfolgen erschließen sich Ihnen offenbar nicht.

Da kann ich nur Mitleid haben.

Bömmel
11 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Genau Ihretwegen habe ich meinen Namen hier geändert. Bis neulich war ich auch „Uwe“ ( weil ich eben wirklich so heiße … ). Aber mit Ihren unqualifizierten Beiträgen möchte ich nichts zu tun haben.

Hirschlgruber
11 Monate zuvor
Antwortet  alter Pauker

Ihr Kommentar erinnert mich an die eigene Studienzeit. Zuerst ein Semester Fachhochschule. Dort wurde bereits vor 2 Jahrzehnten verlangt, dass man als Quellenangaben auch wieder Bücher nennen muss, nachdem damals die ersten Arbeiten mit reinen Internetquellen eingingen.
Ein halbes Jahr später beim Lehramtsstudium: „Nutzen sie ruhig das Internet zur Quellenrecherche. Dieses neue Medium müssen sie kennenlernen.“ Bis heute hat sich im Bildungssystem daran nichts geändert und eine kritische Auseinandersetzung fand bis heute nur unzureichend statt.

Ingo Völzke
11 Monate zuvor

Bildschirmlernen muss bewusst eingesetzt werden. Der Anteil darf nur gering sein. Lernen ist ein kommunikativer, emotionaler und sozialer Prozess, in Kommunikation mit LehrerInnen und SchülerInnen, es ist besonders auch ein sprachlicher Prozess. Bildschirmlernen reduziert den Bildungserfolg. Es produziert auch reduziert kommunizierende Menschen. Also absolute Vorsicht.

Uwe
11 Monate zuvor
Antwortet  Ingo Völzke

Mit dem gleichen Argument könnte man auch gegen Bücher sein.

Gabriele
11 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Oh mei! Verkürzte Denke! Kontext! Es geht doch um Kinder und Jugendliche im Bildungsprozess!
Nicht um Erwachsene, die den schon größtenteils hinter sich haben. Auch wenn lebenslanges Lernen natürlich stattfindet bzw. gilt.

Es geht u.a. auch um Primär- und Sekundärsozialisation, entscheidende Weichenstellungen und Aneignung von Schlüsselkompetenzen für’s Leben!

Nicht um Lektüre von Büchern zur beruflichen oder persönlichen Weiterbildung oder Tertiärsozialisation.

Hirschlgruber
11 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Der Unterschied zwischen Bildschirmlernen und Büchern liegt darin, dass sich die Schüler vor dem Bildschirm berieseln lassen und auf das nächste Video oder visuelle Effekte aus sind, während beim Lesen eines Buches die Fantasie und Vorstellungskraft gefördert wird. Diese Erfahrung scheinen Sie noch nicht gemacht zu haben…

Nietzsche
11 Monate zuvor

Die Kleinen sollen Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Vielleicht mal lieber sich um das Kerngeschäft kümmern.

Last edited 11 Monate zuvor by Nietzsche