Meidinger: KI wird festen Platz an Schulen bekommen („Verbot funktioniert nicht“)

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MÜNCHEN. Mit ChatGPT kann man historische Persönlichkeiten «befragen» – spannend im Geschichtsunterricht. Künstliche Intelligenz kann auch Diktate korrigieren – oder die Hausaufgaben machen. Ist KI aus den Schulen noch wegzudenken? Kaum, meint der Lehrerverbands-Präsident.

Tritt im Juni ab: Heinz-Peter Meidinger. Foto: Deutscher Lehrerverband

Der scheidende Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, erwartet, dass Künstliche Intelligenz (KI) einen festen Platz in den Schulen bekommen wird. «Sicher ist: Ein Verbot wird nicht funktionieren. Etwas zu verbieten, wozu jeder Schüler und jede Schülerin außerhalb der Schule jederzeit Zugang hat, wird Schule eher schwächen als stärken», sagte Meidinger am Mittwoch in München. Es komme deshalb darauf an, den Kindern und Jugendlichen beizubringen, KI sinnvoll einzusetzen und die Ergebnisse der KI kritisch zu bewerten und einzuordnen.

«Letztlich geht es bei Bildung immer um Verstehensprozesse. Da kann KI mit Sicherheit viel bewirken, aber sie wird den Menschen nicht ersetzen können», sagte Meidinger zu den Auswirkungen von KI wie dem derzeit populären Text-Chatbot ChatGPT auf den Schulalltag. Der Einsatz von KI bemesse sich nach dem Lernerfolg, nach der Motivation der Schüler. «Das kann gelingen, ist aber kein Selbstläufer.»

«Der Schlüssel ist immer noch der Mensch»

Die Erfahrungen der Corona-Pandemie hätten bestätigt, dass der reine Zugang zu digitalen Hilfsmitteln Bildungsprozesse nicht demokratisiere, betonte Meidinger. Gerade die Kinder, die dringend der Förderung bedürften, bräuchten die Lehrkraft am meisten. «Der Schlüssel ist immer noch der Mensch.»

Grundsätzlich könnten die Jugendlichen KI etwa bei den Hausaufgaben benutzen, ohne dass die Lehrkraft das zwingend merke, schilderte Meidinger bereits den heutigen Stand der Dinge. Da gehe es darum, «dem Schüler deutlich zu machen: Das ist nur eine scheinbare Abkürzung, denn wenn die Klausur kommt, wirst du ohne KI nicht zurechtkommen.» Bei Referaten und Präsentationen müssten Lehrkräfte künftig nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem auch den Arbeitsweg bei der Bewertung der Leistung berücksichtigen.

«Wir brauchen klare staatliche Rahmenbedingungen durch die Kultusministerien»

Auf die Lehrkräfte kommen nach Meidingers Einschätzung sowohl Erleichterungen – etwa bei Korrekturen oder dem Anpassen des Unterrichts an die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schüler – als auch faszinierende Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung zu. Aber auch viele Herausforderungen: «Es gibt auch viel Unsinn, Quellen, die erfunden werden, das wissen wir alle», schilderte Meidinger Erfahrungen mit ChatGPT. «Und im Endeffekt ist die Lehrkraft verantwortlich für alles, was im Unterricht passiert.» Sie müsse dann zumindest im Nachgang für die Richtigkeit sorgen.

Ein großes Problem sei auch der Datenschutz. «Wir brauchen klare staatliche Rahmenbedingungen durch die Kultusministerien», forderte Meidinger. Diese dürften die Verantwortung nicht länger auf die Schulleitungen beziehungsweise die einzelnen Lehrkräfte abwälzen.

Der aus Bayern stammende Präsident des Deutschen Lehrerverbands engagiert sich seit Jahrzehnten in Berufsverbänden und gilt als renommierter Fachmann der Bildungspolitik. Ende Juni verabschiedet er sich in den Ruhestand. Der Deutsche Lehrerverband ist ein Dachverband, in dem der Deutsche Philologenverband, der Verband Deutscher Realschullehrer, der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung sowie die Katholische Erziehergemeinschaft Deutschland KEG zusammengeschlossen sind. Meidinger war früher Schulleiter eines bayerischen Gymnasiums – und Vorsitzender des Philologenverbands. Er war auch schon als Gastautor auf News4teachers präsent (hier zum Beispiel). News4teachers / mit Material der dpa

Umfrage: Viele Lehrer sind unsicher im Umgang mit dem Textroboter ChatGPT

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18 Kommentare
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Dil Uhlenspiegel
10 Monate zuvor

„KI wird festen Platz an Schulen bekommen.“Von mir aus. Aber nicht mal als Lehrkraft hat man einen festen Platz an vielen Schulen.

Canishine
10 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Wir stellen einfach noch einen Stuhl dazu.

Ureinwohner Nordost
10 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Die Stühle, die zusätzlich aufgestellt werden sollen, sind schon von zusätzlichen Schülern besetzt.
Die maximalen Raumbesetzungen sind schon jetzt überschritten.

Das Ende naht. 1989 ist nicht mehr fern.

Realist
10 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Die KI ist sicher schlau genug, sich einen Platz bei der jährlichen „Reise nach Jerusalem“ im Lehrerzimmer zu sichern…

Ureinwohner Nordost
10 Monate zuvor

Wer entwickelt KI?
Wer hat Einfluss auf KI?

Richtig die Deutschen Bildungsministerien. 🙂

Oh je, die BRD ist einfach nur noch lächerlich.
Gute Nacht, BRD. 😉

447
10 Monate zuvor

Gehen Sie schonmal vor, ich mache nach und das Licht aus. (Und klaue das Kopierpapier, das tauschen wir gegen was sinnvolles – wie Toilettenpapier)

Georg
10 Monate zuvor

Kann man machen. Nur wird sich dann der Prüfungsmodus eher in Richtung mündliche Prüfung verschieben. Facharbeiten und ähnliche in Heimarbeit zu erledigende Projekte lassen sich anders nicht mehr handhaben.

Canishine
10 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Vielleicht kann man bei der KI ja einen Prüfungsmodus einstellen? Ich probiere das mal aus …

Ureinwohner Nordost
10 Monate zuvor

KI, zu Hause, gern.

Hausaufgaben habe ich noch nie bewertet.
Ich bewerte doch nicht das Eltergewäsch.

Nö, mache ich nicht.
Soll ich aber?
Entlasst mich doch 🙂

Was_mal_gesagt_werden_muss
10 Monate zuvor

Es ist Ihnen schon klar, dass genau solche Attituden wie Ihre mitverantwortlich sind für das schlechte Renommee von Lehrkräften und damit auch für den Lehrermangel.

Der Zauberlehrling
10 Monate zuvor

Es sind keine Attituden, sondern es steht so in den Notenbildungsverordnungen.

Sinngemäß: Für die Note eines Faches sind alle Leistungen des Schülers heranzuziehen.

D. h. die Leistungen des Schülers und nicht die der Eltern oder oder … (genaue Zuordnung)

Auch nicht das Verhalten des Schülers („aber ich war doch immer brav und anwesend“ ) oder das Verhalten der Eltern.

Realo
10 Monate zuvor

Schüler können KI als Analysetool einsetzen, Sie können Texte zur Differenzierung vereinfachen oder anspruchsvoller machen lassen, Schüler können zur Vorbereitung auf Prüfungen Fragekataloge erstellen lassen usw.

Fehlt Ihnen denn jegliche Fantasie das Ding auch gewinnbringend einsetzen zu lassen bzw. selbst einzusetzen?

447
10 Monate zuvor

Ähm…Ihnen ist schon klar, dass z.B. in NRW EXAKT DAS, was Sie „Attitüden“ nennen, gesetzlich bindende Vorschrift ist?

Und zwar schon eine ganze Weile, das ist nichts neues.
Auf Wunsch der Eltern und der Wähler, btw.

Der Zauberlehrling
10 Monate zuvor

„Ein großes Problem sei auch der Datenschutz. “

Ja, damit ist dann wohl die Nutzung so einfach wie bei Microsoft-Produkten.

Wer als Lehrer seinen privaten Account nutzt, sollte vorher den Chatverlauf löschen.

Auf unseren Active-Boards läuft ChatGPT nicht, Browser veraltet, nicht updatefähig. So geht Datenschutz.

„«Wir brauchen klare staatliche Rahmenbedingungen durch die Kultusministerien», forderte Meidinger. “

In NRW gibt es die schon.Die Verantwortung trägt die Lehrkraft. Jeder muss wissen, wo er hinklickt.

„Diese dürften die Verantwortung nicht länger auf die Schulleitungen beziehungsweise die einzelnen Lehrkräfte abwälzen.“

Lehrkräfte sind halt diejenigen im Erstkontakt. Immer diese Forderungen.

Gut, dass Herr Meidinger geht. Hat keinen Zweck mehr, er hat sich und seine Zeit schon lange überschritten.

Silberfischchen
10 Monate zuvor

EIn Verbot wäre genauso wirksam wie das Handyverbot beim Autofahren. Wie viele machen es trotzdem?!?

Heinz
10 Monate zuvor
Antwortet  Silberfischchen

Ja nur mit dem Unterschied, dass durch die Benutzung von ChatGPT keine Unbeteiligten Menschen sterben, durch die Handynutzung schon.

Heinz
10 Monate zuvor
Antwortet  Silberfischchen

Aber noch als Anmerkung, weil das scheinbar viele nicht wissen.

Mittlerweile wird im Grunde bei jedem schweren Unfall mit massivem Personenschaden das Handy in der Regel beschlagnahmt um zu schauen, ob es benutzt wurde während der Fahrt. Da kann dann auch mal schnell grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden.

Heinz
10 Monate zuvor

Zumindest an der Sek1 in NRW ist es doch sowieso ganz klar geregelt, dass nur Leistungen benotet werden dürfen, die im Unterricht erbracht wurden.
Und ob jetzt bei einer Internetrecherche die schlechte Zusammenfassung von Google zu einem Thema abgeschrieben wird (wer hätte damals gedacht, dass ich mal froh wäre, sie würden Wikipedia benutzen) oder ChatGPT benutzt wird, ist mir im Grunde egal.

Von daher kann ich zumindest an meiner Schulform die Kollegen, die in Panik geraten nicht verstehen, kann man halt mal kein Referat mehr zum Ende des Schuljahres zur Verbesserung der Note aufgeben (finde ich sowieso ungerecht).