Kaum rollt der Ball durchs Tor, zeigt das digitale Display den neuen Stand an: ein Treffer mehr. Erfasst von einem Infrarotsensor. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tischkickers zeigt eine Reihe Leuchtdioden die aktuelle Torezahl an.
Entwickelt haben das Pauline und Eva im Fach Naturwissenschaft und Technik (NwT) am Otto-Hahn-Gymnasium in Nagold (Landkreis Calw). Linus und Jakob wiederum haben Stadionlicht im Kleinformat gebaut, das je nach Umgebungslicht heller und dunkler wird und so immer die gleichen Lichtverhältnisse auf dem Platz sicherstellen soll.
«Das macht mehr Spaß», sagt Linus über den NwT-Unterricht. Eva findet die Inhalte sehr zukunftsorientiert. Was sie hier lerne, könne man etwa im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien gebrauchen. «Das betrifft uns direkt.» Pauline hat sich für das Wahlfach NwT in der 11. Klasse entschieden, weil es breiter angelegt sei als etwa reiner Chemieunterricht. «Das ist für meine Zukunft bedeutender.»
Wie Digitalisierung im Unterricht aussehen kann, sieht man hier an vielen Beispielen: Mädchen der 5. bis 7. Klassen lernen in einer AG, dem «Girls’ Digital Camp», autonom fahrende Fahrzeuge zu bauen und die Steuerung zu programmieren. Letztes Jahr haben sie Keksstempel vom 3D-Drucker erstellen lassen und auf dem Weihnachtsmarkt die damit ausgestochenen Plätzchen verkauft. Wer etwas zu den Zutaten erfahren wollte, konnte die eigens kreierten QR-Codes auf den Tüten nutzen.
Ein paar Räume weiter leitet NwT-Lehrer Johannes Kempf eine Projektphase. Die Aufgabe: einen «Alltagshelfer» entwickeln. Die Zweierteams liegen in den letzten Zügen. Tim erzählt, für den Bau eines digitalen Weckers habe er sich Tipps zum Programmieren aus dem Internet geholt. Leo und Fynn arbeiten an einem Automaten, der eine Tafel Schokolade ausgeben soll, wenn man die Hand darunter hält.
Der erste Versuch, das blaue kantige Gehäuse mit einem 3D-Drucker herzustellen, sei noch nichts gewesen, erzählt Fynn. «Aber wir haben das Problem gelöst.» Immerhin hätten sie nun Laptops, mit denen alles schneller gehe, sagte er. «Letztes Jahr hatten wir noch die alten Rechner. Da war die halbe Stunde vorbei, bis die hochgefahren waren.»
Ein Hauptproblem bei der Digitalisierung ist technische Ausstattung: Bei einer Umfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) gab ein Viertel der teilnehmenden Schulleitungen in Baden-Württemberg an, dass nicht in allen Klassen- und Fachräumen ein Zugang sowohl zum Breitbandinternet als auch WLAN verfügbar sei.
«Unsere Schülerinnen und Schüler müssen exzellent auf die Zukunft vorbereitet werden»
Nur in elf Prozent der Fälle gibt es demnach Klassensätze an Laptops, Tablet-PCs und Smartphones für alle Schülerinnen und Schüler. Drei von vier Mal reiche die Technik nicht für alle Klassen. Gefragt nach der Verfügbarkeit antworteten 14 Prozent mit einem generellen Nein.
Ein Problem auch für die Wirtschaft, wie Klaus Fischer, Inhaber der Unternehmensgruppe Fischer in Waldachtal («Fischer-Dübel»), sagt: «Unsere Schülerinnen und Schüler müssen exzellent auf die Zukunft vorbereitet werden. Sie brauchen eine erstklassige Ausstattung und vor allem auch ein Lehrpersonal, das sich mit den Themen der Zukunft auskennt und selbst erstklassig ausgebildet ist.»
Stattdessen seien Lehrpläne um Jahre veraltet, Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz fänden in Schulen praktisch gar nicht statt. «Mit dieser Situation wollten wir uns nicht mehr abfinden. Darum haben wir eine Partnerschule gesucht, in der wir Digitalisierung direkt umsetzen können.» Aus Fischers Sicht hat das Modellcharakter.
Das Nagolder Gymnasium habe 2020 den Fischer-Preis «Zukunft Schule Digital» gewonnen und zeichne sich beim Fischer-Abiturientenforum immer wieder durch besondere Qualität aus. Nun fördert der für Dübel und Baukästen bekannte Konzern die Schule über drei Jahre mit je 20 000 Euro und Expertise. Unter anderem soll ein Digitalisierungs-Raum mit allerhand Technik wie VR-Brillen ausgestattet werden.
Nach Angaben des baden-württembergischen Kultusministeriums sind Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen etwa in Form von Bildungspartnerschaften ein wichtiger Bestandteil der beruflichen Orientierung, auch hinsichtlich der Einblicke in die Digitalisierung in der Arbeitswelt. Als Beispiel nannte eine Sprecherin das Projekt «Barcämp – Ein Schulfach für den Beruf» mit Elektro Breitling.
Auch könnten Unternehmen und Verbände über die Internetplattform «WIR-lernen 4.0-BW» Angebote zu Unterricht und Fortbildung für Lehrkräfte und Schulen zu den Themen Transformation und Digitalisierung anbieten. Zentrales Förderprogramm zur Schuldigitalisierung ist der sogenannte Digitalpakt Schule.
Baden-Württemberg bekommt daraus nach Angaben des Ministeriums rund 650 Millionen Euro, die fast alle schon genehmigt seien. Zudem gebe es millionenschwere Programme für technisches Equipment. Unter anderem wurden so 400 000 digitale Endgeräte an die Schulen gebracht. Nun komme rechnerisch ein Gerät auf rund vier Schülerinnen und Schüler, erläuterte eine Sprecherin. Davor sei das Verhältnis 1 zu 11,5 gewesen. Dank 98 000 mobiler Endgeräte seien etwa zwei Drittel der Lehrkräfte beispielsweise mit Tablets oder Laptops ausgestattet.
«Wir können Skills beibringen, aber nicht die Realität zeigen»
Am Otto-Hahn-Gymnasium ist Lehrer Patrick Glückler für Berufsorientierung und die Kooperation mit Fischer verantwortlich. Er hält viel von der Zusammenarbeit: «Wir können Skills beibringen, aber nicht die Realität zeigen.» Wie ein Unternehmen funktioniere, welche Fertigkeiten man für die Arbeit brauche, das könnten die Schülerinnen und Schüler über die Einblicke bei Fischer erfahren.
Für Rektor Ulrich Hamann stellt das Otto-Hahn-Gymnasium keine Ausnahme dar, alle Schulen bauten beim Thema Digitalisierung aus. Der Vorteil des NwT-Unterrichts sei dabei, dass es nicht nur ums reine Programmieren geht. «Es muss eine Anwendung haben.» An seiner Schule kann man sich bei der Fächerwahl alternativ für Spanisch oder Musik entscheiden – zwei Drittel wählten NwT, auch viele Mädchen. Das Ergebnis: «Sie trauen sich mehr zu, etwas in dem Bereich zu machen.» Von Marco Krefting, dpa
Solange ich in meinem Unterricht keine Tafel mit “Dauerwerbesendung” oder “Enthält Werbung” aufhängen muss, ist mir das egal, woher das Geld kommt.
Wenn wir warten, bis sich der sachliche Kostenträger und das Land über die Kostenteilung und -übernahme geeinigt haben, sind die jetzigen Erstklässler volljährig.
An den Unis (z. B. Mannheim) gab’s schon vor 25 Jahren Sponsoring – Fuch-Petrolub-Hörsal, Engelhorn-Hörsaal, etc. Die schönesten und bestausgestatteten Räume damals.
Sponsoring ist keine Lösung. Ein Staat, der wieder bereit ist, in seine Kernaufgaben zu investieren, und Unternehmen, die wieder auch finanziell einen fairen Betrag zum Gemeinwohl leisten, sind die Lösung.
30 Jahre Neoliberalisierung mit einer Aushöhlung der Kernaufgaben des Staates (Bildung, Gesundheit, Justiz, Verteidigung) haben halt ihren Preis. Und diese Aushölung wurde nicht nur durch eine völlig falsche Ideologie betrieben (die “freie” Wirtschaft könne alles besser, sieht man ja an den Krankenhausprivatisierungen, dem im internationalen Vergleich immer noch grottenschlechten Mobilfunknetz, den diversen “Bankenkrisen” der vergangenen 15 Jahre, den Diesel- und Abgasskandalen (dank gewinnmaximierenden “Selbstkontrolle” der freien Wirtschaft), des verschlafenden Umstiegs auf die E-Mobilität, die man nur noch mit massivsten staatlichen(!) Subventionen bewältigen kann (und will), usw.) sondern auch noch durch diverse Steuervermeidungsstrategien unterstützt (wobei man sich die Gesetze “passend” hat machen lassen, ich sage nur Double-Irish-Dutch-Sandwich (der das “arme” Irland mittlerweile an Platz zwei des Pro-Kopf-Einkommens in der EU katapultiert hat, nur noch vom Finanzplatz Luxemburg übertroffen)).
Und jetzt kommen ebendiese Unternehmen und jammern über zu schlechte Bildung? Mach den öffentlichen Dienst wieder konkurrenzfähig, auch was die Entlohnung betrifft (warum sollte jemand, der Informatik studiert hat, in der Schule anfangen? Das wäre aus finanzieller Sicht so ziemlich die dümmste Lebensentscheidung, die jemand treffen kann, mittlerweile auch analog in den anderen “harten” Naturwissenschaften und in Mathematik…). Stattet den Staat wieder mit genügend Personal aus. Bietet auch beim Staat endlich die “Incentives”, die in der freien Wirtschaft für qualifizierte(!) Arbeitskräfte mittlerweile üblich sind (mehrere Tage echtes Homeoffice pro Woche, Diensthandy und -notebook, Zuschüsse zum ÖPVN oder Dienstwagen / -fahrrad, freier Tee, Kaffe und Obst am Arbeitsplatz, subventioniertes Mittagessen, u.v.m.).
Nur noch Idealisten, wenig Leistungsfähige, Personen, die zu Dauerkrankheit neigen, und alle, die “den Knall noch nicht gehört” haben, fangen unter den aktuellen Bedingungen noch im öffentlichen Dienst an, insbesondere in dem der Länder (aktuell je nach persönlicher Situation schon 15-20% realer Einkommensverlust dank der Inflation seit 2021 und ein Tarifabschluss, der das auch nur annähernd ausgleicht ist nicht in Sicht und wird auch nicht kommen…)
Also liebe Unternehmen: Steuern zahlen, nicht immer entgegen der empirichen Evidenz behaupten, dass die “freie” Wirtschaft alles besser könne und dass der Staat und die dort Beschäftigten sowieso nur Totalversager sind, und nicht über “Fachkräftemangel” und “Bildungsmangel” und staatlichen “Investitionsstau” herumjammern. Und der Staat muss endlich wieder auch für alle, die keine mindestens drei Kinder haben und nicht dauerkrank sind, attraktiv als Arbeitgeber werden und die entsprechenden Stellen müssen geschaffen werden. Abes dieses einfache Rezept widerspricht offensichtlich der ideologischen Gehirnwäsche, die diese Republik (= res publica, d.h. öffentliche(!) Sache, und nicht das “Wunschkonzert” von Unternehmen oder karrieregeilen Politikern) seit 1990 unterworfen ist…
Nein nein, wir müssen nur die alten Bundesjugendspiele wieder einführen. Die, bei denen es noch um Leistung ging. Dann können unsere Kinder später auch wieder vernünftig leisten.