Fachkräftemangel: Kita-Leitungen müssen keine ausgebildeten Pädagog*innen mehr sein

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In Bayern müssen die Leitungen von Kindertagesstätten nicht mehr zwingend eine pädagogische Ausbildung haben. Dies sieht die seit dem 1. Juli geltende Kinderbildungsverordnung vor.

“Qualität ist nicht verhandelbar”: Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU). Foto: StMAS/Elias Hassos

«Die Neuregelung im Gesetz ermöglicht den Trägern, als Arbeitgebern, und den Kita-Leitungen mehr Flexibilität und Handlungsspielräume», sagte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) am Dienstag auf Anfrage. Es sei ihr wichtig, die Lebensrealitäten der Kindertageseinrichtungen in den Gesetzen richtig abzubilden und sichtbar zu machen.

«Insbesondere für große Betreuungseinrichtungen stellt das eine große Entlastung dar», betonte Scharf. Die Regelung erlaube es aber auch weiterhin, dass pädagogische Fachkräfte eine Leitungsfunktion übernehmen. «Die Anforderungen an eine Kita-Leitung haben sich in den letzten Jahren vielseitig weiterentwickelt. Personalführung und betriebswirtschaftliche Fragen nehmen mehr Zeit in Anspruch.»

Hinter der Novelle steht aber auch der Versuch, den sich vielerorts im Land immer stärker breit machenden Fachkräftemangel zu bekämpfen. «Fachkräftebindung und -gewinnung betrifft die gesamte Wirtschaft, aber insbesondere auch unsere Kitas», sagte Scharf.

«Jede nicht ausreichend qualifizierte Kraft, insbesondere in Leitungsfunktionen, gefährdet den Bildungsauftrag an unseren Kindern»

Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) München und Freising sieht die Gesetzesnovelle dagegen überaus kritisch. «Sämtliche Bemühungen in den letzten zehn bis 15 Jahren, die Qualität der frühkindlichen Bildung zu steigern, werden damit ad Absurdum geführt. Jede nicht ausreichend qualifizierte Kraft, insbesondere in Leitungsfunktionen, gefährdet den Bildungsauftrag an unseren Kindern», sagte Sibylle Schuster, Geschäftsführerin sowie Leiterin der Fach-Arbeitsgruppe Kindertagesstätten der KAB München und Freising. Mit der Änderung der Verordnung verpasse das Ministerium den pädagogischen Fachkräften in Bayern einen Schlag ins Gesicht.

Scharf sieht die Gefahr nicht: «Die Qualität in den bayerischen Kindertageseinrichtungen ist für mich nicht verhandelbar und wird durch die Neuregelung in keiner Weise geschmälert. Die Kinder und mehr Zeit für sie stehen immer im Mittelpunkt.» News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers heiß diskutiert.

Fachkräfte-Mangel in Kitas spitzt sich zu: Städte wollen Unqualifizierte einstellen

 

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Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Das ist eine sehr gute Idee, denn so kann man vielleicht die BWLer-Schwemme ein wenig bekämpfen.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Eine schlechte Idee, welche den gegenteiligen Effekt haben wird: Damit wird “Karriere” für Kita-Fachkräfte, die ja teilweise studiert haben (Sozialpädagogen) faktisch ausgeschlossen, da deren Arbeitskraft so dringen “gebraucht” wird. Experten dürfen sich dann von Fachfremden ihre Arbeit erklären lassen, wobei diese Fachfremden wahrscheinlich kaufmännische Angestellte oder BWL-Bachelor sein werden, die aus irgendwelchen Gründen in der besser zahlenden “freien” Wirtschaft keinen Fuß fassen konnten. Als Kita-Leitung könne sie dann zumindest den “kleinen König” spielen…

uesdW
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Und wenn die Kita-Fachkräfte gar keine “Karriere” machen wollen, weil ihnen der Verwaltungsstress zuviel ist.

Und warum muss ein “Chef” unbedingt immer den Chef raushängen lassen und dem Experten erklären, wie die Arbeit mit den Kindern geht.

Und warum muss denn eine solche immer in der Wirtschaft nichts zu Wege gebracht haben. Haben die Württenberger mit ihren Plakaten vielleicht doch nicht so unrecht. Ironie off.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  uesdW

Wer sich ernshaft für Wissenschaft und Wirtschaft interessiert, studiert VWL. BWL studieren diejenigen, welche die große Karriere und das große Geld wollen. Von denen träumt keiner zu Beginn des Studiums davon, eine Kita zu leiten. Es sei denn, die Realität zwingt ihn irgendwann dazu…

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Ja, man lässt “die Puppen tanzen” und einige Erzieherinnen, den “kleinen König” spielen. (Das Lachen kann einem im Hals stecken bleiben! Eine sehr treffende Formulierung!)

Wenn man die Kita-Leitungen zu (nur) pädagogischen Leitungen erklärt und dann zunehmend mehr Akademiker ohne Praxiserfahrung auf Teilzeitstellen arbeiten lässt, schafft man sich effektiv Abhängige, die dann nach der Devise “Wes Brot ich ess…” unter dem Druck stehen, die Interessen des Trägers stärker zu vertreten als die der Kinder oder gar der Erzieherinnen.

Gute Kitas zu finanzieren kann unser Staat sich doch sowieso nicht mehr leisten. Deshalb wird es einen Trend zur Privatisierung geben. Städte und Gemeinden ziehen sich mehr und mehr zurück… Private Träger zahlen i.d.R. unterhalb des TVöD. Die von Idealismus geprägten, weil sie sonst finanziell nicht bestehen können – und die anderen, die wirtschaftlich arbeiten, weil sie es verstehen, das System auszunutzen. Kritischen Fachkräften wir in Zeiten des Personalmangels kaum gekündigt werden, aber sie lassen sich einfach an eine andere Kita des gleichen Trägers versetzen. So lernt die Aufmüpfige und mit ihr viele Kolleginnen, dass es sich nicht lohnt, sich mit dem Arbeitgeber anzulegen, auch wenn die Forderungen noch so berechtigt sind. – Für Fachkräfte, die eigene Kinder haben oder die Angehörige pflegen, ist ein ungünstiger Weg zur Arbeitsstelle eine empfindliche Strafe.

Jahrzehntelang haben sich in Kitas flache Hierarchien bewährt. Doch was früher in kleinen Einrichtungen meist eine Selbstverständlichkeit war, klappte in größeren Kitas schon nicht mehr so gut. Und nun wird es noch hierarchischer werden. Es geht weiter bergab und wir sollen uns auch noch dazu hergeben, die guten Seiten daran zu sehen.
Nein danke!

BeWa
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Und in die Politik gehen nur Leute, die sonst nichts auf die Reihe kriegen.
LuL machen ihren Job lediglich wegen der 12 Wochen Ferien.
EuE sind in den Beruf gegangen, weil man da in Ruhe Kaffee trinken kann.

Die BWLer haben dazu noch den besonderen Unsympathenbonus, weil ja alle glattgegelte FDP-Jungmännchen sind.

Die Welt ist ein Kaffeekränzchen für Tätige in Politik, Schule, Kita und ein Pavianhügel für alle, “die was mit Zahlen machen”.

Zurück in der Realität geht es in dem Artikel schlicht darum, dass KitaLeitung nicht mehr ZWANGSLÄUFIG eine pädagogische Ausbildung erfordert.

D.h. der Träger hat bei Einstellung einer KitaLeitung eventuell die Wahl zwischen einer verdienten Kita-Erzieherin mit Zusatzqualifikationen in Betriebswirtschaft/Sozialrecht einerseits und einer verspiegelten Sonnenbrille mit abgeschlossenem BWL-Studium andererseits.

Möglicherweise besteht aber auch die Wahl zwischen einer abgeranzten Erzieherin, die keinen Bock mehr hat auf die direkte Arbeit mit “verhaltensgestörten Gören und deren K*ckeltern” und die ein paar Wochenendseminare in “Kleiner-König-sein” absolviert hat
u n d
einer an Sozialrecht interessierten BWLerin, die in ihrer Freizeit ein E-Jugend-Fussballteam trainiert und Schiedsrichterin in der Bezirksklasse ist.

Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin mit Zusatzqualifikationen, abgeschlossenem Studium der Geschichte (Magister), habe das KitaGesetz SH komplett mit Kommentar gelesen, leite jetzt eine Kita und bin mindestens einmal im Monat in Frusttränen, weil mich das Betriebswirtschaftliche schlicht überfordert. Und ich habe noch nie etwas so sehr gehasst wie Excel.

BWLer?
Her damit!

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  BeWa

Bitte nicht. Die Berufsgruppe hat aus der Not heraus bundesweit Kitafachkräfteverbände gegründet, die das Kindeswohl im Blick haben. Dient die ausufernde Büroktatie dem Kindeswohl oder ist sie hauptsächlich erforderlich, um Kitas als für Kleinkinder enorm wichtige Institutionen dastehen zu lassen, in denen eine “Premium Bildung” vermittelt würde?

Muss es eine Selbstverständlichkeit sein und bleiben, dass Kitas sich brav zertifizieren und rezertifizieren lassen? Die Kommunen müssen zahlen und viele von uns wissen nicht, um welche Summen es geht. (Ich auch nicht.) Wann ist die Zeit reif dafür, die 1789 Fragen nicht mehr zu beantworten? Hat sich ihre Anzahl während der Coronazeit verringert oder erhöht? Fachkräfte, die am Limit sind, haben kaum Zeit und Ernergie, sich mit berufspolitischen Fragen zu beschäftigen. So ausgelaugt aber dürfte eigentlich niemand sein. – Ich frage mich, was die Kitafachkräfteverbände meinen, wie es weitergehen soll.

BeWa
1 Jahr zuvor
Antwortet  Angelika Mauel

Es geht um Steuergelder, mit denen sorgsam verfahren werden muss. Dazu gehört auch eine korrekte, transparente und nachvollziehbare Dokumentation. Das ist quasi das Gegenteil von kafkaesker Bürokratie.
In meiner Ausbildung kam “Finanzierung” nicht vor. Im Lehrplan unserer PIA findet man sie immer noch nicht.
Als ich meine erste Jahresfinanzabrechnung für den Gemeindefinanzausschuss vorbereitet habe, musste ich “periodenfremde Buchung” googeln. Seitdem habe ich Zusatzqualifikationen erworben und durch Erfahrung viel gelernt, aber wie betriebswirtschaftliche Kompetenz fühlt sich das nicht an.

Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man Möglichkeitsspielräume eröffnet – sei es durch “Helfende Hände” in der Gruppe oder durch BWLer in der Leitung. Hauptsache, es gibt Entlastung vor Ort und vielleicht sogar einen Zugewinn an Kompetenz.

Dass das nur um den Preis einer Zunahme an Bürokratie zu haben ist, sehe ich nicht.

Dass das aber klamme Kommunen oder “böse” Träger/Arbeitgeber ausnutzen könnten …?

Ja.

Aber wenn wir jede Neuerung oder jeden Vorschlag zur Verbesserung aufgrund des Verdachts missbräuchlicher Anwendung ablehnen, kommen wir auch nicht weiter.

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  BeWa

Diese realistischen Ausführungen schätze ich sehr. Es geht mir nicht darum, wirklich jeden Vorschlag abzulehnen. Aber es wurden schon sooo viele NOTlösungen mitgetragen, dass ich mir vorstellen kann, dass unsere zahlreichen Bedenken erst ernst genommen werden, wenn wir es schaffen, mal zur Überraschung vieler wirklich konsequent etwas abzulehnen und dabei zu bleiben. Wir werden nicht ernst genommen, weil wir unsere eigenen Bedenken – zum Beispiel gegen Gruppenerweiterungen oder nur die gegen allzu konkrete Anweisungen, wie viele Kinder unter einem bestimmten Alter oder über einem bestimmten Alter wir aufnehmen dürfen – nicht ernst genug nehmen. Es steht uns nicht frei, zu entscheiden, dass wir weniger Wickelkinder in einer Gruppe haben wollen. So etwas ist doch echt “Kacke”.

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Im KM sitzen oft auch “Fachfremde”oder frühere Lehrkräfte, welche überhaupt nicht mehr wissen , was zur Zeit an Schulen los ist!
Geben aber vor, wie Schule sein soll oder werden soll!
Viele leben im Wolkenkuckusheim,träumen sich etwas zusammen, was in Schulen aber überhaupt nicht umsetzbar ist!
Vorteil der Schulen im Gegensatz zu den Kindergartenleitungen, sie sind nicht Vorort!

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Vor Ort!

GEW-nee!
1 Jahr zuvor

Da kann ich nur Herrn Wendler zitieren. “Egal.” Hauptsache, die Blagen und die Alten sind untergebracht, damit die Werktätigen werktun können. Oder werktätig sein können?