Der Streit um das gemeinsame Sorgerecht eines Kindes wird immer größer – plötzlich wird die Mutter tot im Auto auf der Autobahn 9 in Brandenburg gefunden. Was sich wie ein Krimi liest, ist wirklich passiert. Der Mordprozess um den gewaltsamen Tod der 40 Jahre alten Lehrerin hat am Montag vor dem Landgericht Potsdam begonnen. Der Ex-Freund der Frau und der mutmaßliche Schütze, ein Schulfreund des Mannes, wiesen den Vorwurf der Mordbeteiligung zurück. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Deutschen vor, die Frau im Mai vergangenen Jahres «heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen mittels einer Schusswaffe ermordet zu haben».
Der Vater des heute dreijährigen Kindes gab zu Prozessbeginn eine kurze Erklärung ab. «Ich hätte niemals die Mutter meines Sohnes umgebracht oder umbringen lassen», sagte der 42-Jährige. «Ich habe mit dem Tod (…) nichts zu tun.» Nachdenklich und fast regungslos verfolgte der Mann den Verhandlungstag. Der Anwalt des Ex-Freundes der Toten, Axel Weimann, warnte vor einer Vorverurteilung seines Mandanten. Es sei nicht immer alles im Leben schwarz oder weiß.
Die Frau sei in den Augen des Vaters zunehmend ein Störfaktor für die Vater-Sohn-Beziehung geworden, sagte Staatsanwältin Maria Stiller. Die Eltern hätten über das Recht der Aufenthaltsbestimmung gestritten, das ein Amtsgericht dem Vater zugewiesen habe. Dagegen legte die Frau Beschwerde ein. Der Vater habe mit dem Bekannten geplant, die Frau mit einer Schusswaffe zu töten. Der mutmaßliche Komplize soll ihr Fahrzeug auf der A9 gerammt haben. Als beide Autos hielten, soll er mindestens zwei Schüsse auf den Oberkörper – davon einer ins Herz – und mindestens zwei weiteren Schüsse in die linke Hüfte abgegeben haben.
Der Schulfreund wies in einer stundenlangen Aussage zurück, dass er am Mord beteiligt gewesen sein soll. Er schilderte auch den zunehmenden Streit um das Kind. Der Mann räumte ein, die Ex-Partnerin seines Bekannten in dessen Auftrag für Geld vor deren Wohnung in Niemegk und vor der Kita des Sohns in Dahnsdorf ausspioniert zu haben. Einmal sei der Ex-Freund dabei gewesen und habe Mülltonnen nahe der Wohnung der früheren Partnerin in Brand gesteckt. Der Mann räumte auch ein, das Fahrzeug, das die Frau abgedrängt haben soll, einige Wochen später im Auftrag des Ex-Freundes der Toten verbrannt zu haben. «Er wollte unbedingt, dass das Auto weg ist.»
Zur Tatzeit schlief der mutmaßliche Komplize nach eigener Darstellung, weil er nach einem Konzert am Vortag «sehr fertig» gewesen sei. Der Mann, der in einem Wohnmobil lebt, litt nach eigenen Angaben unter starken Rückenschmerzen und nahm Schmerzmittel. Er konnte sich nach eigenen Angaben nicht vorstellen, dass sein Schulfreund die Ex-Partnerin umbringen lässt. «Ich konnte nicht glauben, was passiert war.»
Der mutmaßliche Komplize schilderte, wie der Streit zwischen den Eltern über das Sorgerecht eskalierte. Als sein Bekannter ihm vom Tod der Ex-Freundin berichtet habe, habe er dies nicht näher hinterfragt. «Ich hätte mir mehr einen Kopf machen müssen», sagte er. Er habe «Schiss» gehabt, dass die Polizei ihn im Zusammenhang mit dem Brand der Mülltonnen bringt: «Ich wollte da nicht mit drinhängen.» Die Ex-Freundin habe er nur gelegentlich gesehen. Er putzt nach eigenen Angaben regelmäßig für den Ex-Freund der Toten, einem Unternehmer, und lieh sich auch Geld von ihm für ein Wohnmobil.
Der Vorsitzende Richter Bodo Wermelskirchen konfrontierte den mutmaßlichen Schützen mit Zitaten aus Chatprotokollen zwischen dem Ex-Freund der Toten und ihm. Darin habe der Vater des Kindes die Mutter scharf kritisiert und den Schulfreund nach einer Lösung gefragt – jemanden, der sie beseitige am besten. Ein anderes Mal habe er dem Bekannten geschrieben, die Ex-Freundin könne froh sein, dass er an einem bestimmten Tag nicht da gewesen sei. «Sonst würden jetzt Regenwürmer an ihr nagen», zitierte der Richter. Die Frau soll vorübergehend in einem Frauenhaus Schutz gesucht haben.
Die Polizei entdeckte die 40-jährige Frau, die als Lehrerin in einer Schule in der Region arbeitete, im Mai 2023 tot in dem abgestellten Auto auf der A9 zwischen den Anschlussstellen Beelitz und Brück (Kreis Potsdam-Mittelmark) entdeckt. Die beiden Männer waren im Juli in Glückstadt (Schleswig-Holstein) und auf dem Rasthof «Börde Süd» in Sachsen-Anhalt gefasst worden. Sie kamen in Untersuchungshaft. Mehr als 160 Zeugen werden im Prozess erwartet. 26 Verhandlungstage sind bis Ende Mai angesetzt. In einem Fall geht es um dringenden Mordverdacht, im anderen um den Verdacht der Anstiftung zum Mord. Von Oliver von Riegen und Klaus Peters, dpa
Auftragsmord? Lehrerin auf der A9 erschossen – Haftbefehl gegen zwei Verdächtige