HANNOVER. In Zeiten des Fachkräftemangels im frühkindlichen Bildungsbereich lässt diese Zahl aufhorchen: 20 Prozent der Kita-Fachkräfte in Niedersachsen bleiben nicht dauerhaft ihrem gewählten Beruf treu, sondern kehren ihm irgendwann den Rücken. Darauf verweist eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung Niedersachsen-Bremen. Die Forscher*innen sehen eher in der Arbeitsbelastung als in der Bezahlung ein Problem.
Obwohl vielen Kindergärten in Niedersachsen weiterhin Fachkräfte fehlen, ist die Zahl der Beschäftigten in der Kinderbetreuung zuletzt stark gestiegen. Laut der nun erschienenen Studie arbeiteten im Jahr 2022 landesweit rund 26.700 Menschen mehr in dem Bereich als noch 2013. Das entspricht einem Plus von 52 Prozent. Insgesamt sind in Niedersachsen demnach mehr als 78.000 Menschen in der Kinderbetreuung beschäftigt. Nach Ansicht der Forscher*innen zeige der starke Anstieg „die enorme Bedeutung dieser Berufe für die Gesellschaft“.
Allerdings stellten die Autor*innen der Studie ebenfalls fest, dass etwa jede fünfte Kita-Fachkraft den Beruf dauerhaft wechselt und einer anderen Tätigkeit nachgeht. Neben karrierebedingten Wechseln könne das mit harten Arbeitsbedingungen unter Personalmangel, körperlichen Belastungen wie Lärm und gebückter Haltung, Stress und Druck zusammenhängen, heißt es in der Ausarbeitung.
Mehrere Studien weisen auf hohe Arbeitsbelastung hin
Diese Einschätzung legen auch andere aktuelle Studien nahe, wie der Kita-Bericht 2024 des Paritätischen Gesamtverbands. Demnach sind 22 Prozent der erfassten Einrichtungen stark mehrfach belastet (News4teachers berichtete). Ein Ergebnis, das sich ähnlich in den Daten einer Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes NRW (DGB NRW) zeigt. Für diese wurden etwa 3.200 Beschäftigte aus sechs Berufsfeldern mit Personalengpässen zu ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Erzieher*innen bewerteten dabei ihr Einkommen, die körperlichen Anforderungen und die Arbeitsintensität als schlecht (News4teachers berichtete).
Unter anderem mit der hohen Arbeitsbelastung begründeten pädagogische Kita-Fachkräfte auch ihren Wunsch nach einer geringeren Arbeitszeit im Rahmen der Pilotstudie „Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse in der Kindertagesförderung“ (TeKit). Das Deutsche Jugendinstitut befragte dafür mehr als 1.200 Ezieher*innen zu ihren tatsächlichen und ihren gewünschten Arbeitszeiten. Das Ergebnis: 53 Prozent der Vollzeitbeschäftigten und 56 Prozent der Teilzeitkräfte wünschten sich eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit (News4teachers berichtete).
Bezahlung sollte „aktuell nur noch eine untergeordnete Rolle spielen“
Vor diesem Hintergrund nicht überraschend sehen die Forscher*innen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in besseren Arbeitsbedingungen eine Chance, den Fachkräftemangel zu lindern. Die Erzieher*innen könnten dann womöglich länger im Beruf bleiben oder Teilzeitbeschäftigte ihre Wochenstunden erhöhen. Bislang ist die Teilzeitquote in der Kinderbetreuung mit 72 Prozent der Beschäftigten sehr hoch.
Die Bezahlung sollte dagegen in der Debatte zur Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte „aktuell nur noch eine untergeordnete Rolle spielen“, heißt es in der Studie. Sie sei in den vergangenen Jahren bereits überdurchschnittlich gestiegen und mit gut 3.600 Euro brutto liege das mittlere Entgelt von Erzieher*innen in Vollzeit mittlerweile sogar um rund 125 Euro über dem mittleren Entgelt aller Beschäftigten in Niedersachsen. News4teachers / mit Material der dpa
Da mussten Forscher aber lange in Mega-Metastudien und Pilotprojekten forschen, ehe sie die geniale Empfehlung “bessere Arbeitsbedingungen” geben konnten.
Berufsaustieg … “könne mit harten Arbeitsbedingungen unter Personalmangel, körperlichen Belastungen wie Lärm und gebückter Haltung, Stress und Druck zusammenhängen.”
Einfach genial diese Forschungsergebnisse. Keiner der “Belasteten” hätte diese Kausalzusammenhänge für möglich gehalten.
Manchmal reicht schon eine derartige Titelzeile (Schlagzeile) und ich empfehle mir sofort und unverzüglich Klangschale, Yogamatte und Schultüte.
20% ?
Rookie numbers!!11 😉
Da geht noch mehr, bis sie es kapieren. 🙁
auch für Lehrkräfte!!!
4 Tage Woche oder alles um die 35 Std Woche a la Gewerkschaft und nicht mehr 41+x, weil Wochenendarbeit.
“Nein! Doch! Ohh!”
https://www.youtube.com/watch?v=OL8Eh2XLp80&t=18s
Ein Studienergebnis, das wirklich niemand voraussehen konnte…
So wird das auch definitiv nichts mit den „multiprofessionellen Teams“ an Schulen, über die so gerne schwadroniert wird…
Oder Verbeamtung? Bei den Lehrer sollte das ja helfen und der Weisheit letzter Schluss sein.
Bei Lehrern fliehen bisher nicht 20 % aus dem Beruf. Der Beamtenstatus sorgt sicherlich dafür, dass man sich die Kündigung extrem lange und gut überlegt.
Genau! Man arbeitet extrem lange weiter und wird kranker und kranker. Dann wird man unter deutlichen finanziellen Einbußen “aussortiert”. Toll!
Ihre Darstellung ist schon sehr negativ. Nur weil einem der Job keinen Spaß mehr macht wird man nicht zwingend krank. Die Entstehung von Krankheiten kann auch losgelöst vom Job erfolgen.
Wer aufgrund von Krankheit (Dienstunfähigkeit) “aussortiert” wird erhält eine Pension. Die Mindestpension beträgt in diesem Fall 1866 EUR. Wer selbst kündigt, behält in vielen Bundesländern seinen Pensionsanspruch (Altersgeld) bei. Nach 20 Dienstjahren kommt man so auch auf 1800-2000 EUR Pension (abhängig von der Erfahrungsstufe und der Besoldungsgruppe). Zum Vergleich: Die Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren liegt in Deutschland bei 1543 EUR.
Als Beamter erwerbe ich aktuell einen Pensionsanspruch von 93 EUR pro Dienstjahr. Für die gleiche Rente würde man 2,38 Rentenpunkte pro Jahr erwerben müssen, was aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze gar nicht möglich ist.
Mit diesem Wissen bleibt man natürlich so lange wie möglich im Beamtensystem, weil eine Kündigung nahezu immer zu massiven finanziellen Nachteilen führt. In dieser Hinsicht erzeugt der Beamenstatus eine Stabilität beim Personalbestand. Letztlich ist es ein Effizienzlohn, wie es ihn z. B. auch bei VW, Mercedes oder BMW gibt. Dort kündigt auch so gut wie niemand. Ob da alle zufrieden, gesund und glücklich sind?
Ich weiß nicht, ob nur eines von beiden funktionieren wird. Eine angemessene Bezahlung der aktuellen Situation sowie eine verbindliche Perspektive auf Besserung halte ich für naheliegender.
Sonst haben wir nachher das Gleiche wie bei Quereinsteigenden, die sich motiviert einbringen wollen und nach kurzer Zeit hinschmeißen…
Die armen Forschenden werden das doch nicht etwa in einem Selbstversuch ermittelt haben.
Es gibt aus meiner Erfahrung in der Regel mindestens drei Gründe, dass jemand kündigt. Häufig eine Kombination aus:
– Geld
– Arbeitsbedingungen / Wertschätzung
– Vorgesetzte
Wenn man dann die Personen fragt, warum diese Kündigen wird häufig nur einer der Punkte genannt. Häufig der aktuell gefühlt “schlimmste”. Hakt man nach, findet man dann doch heraus ds es mehr wie einen Grund gegeben hat, dass das Fass überläuft. Wenn man die Person wiedergewinnen will, ist dann doch mehr wie der genannte Kündigungsgrund zu fixen. Hätten man früher reagiert, sähe das wahrscheinlich anders aus.
“Bezahlung sollte „aktuell nur noch eine untergeordnete Rolle spielen“”
Wie kommen die Forscher daher bloß zu dieser Aussage?
Den letzten Kollegen haben wir im Ref. verloren. Bei Ihm hat die Arbeitszeit das Fass zum Überlaufen gebracht. Geld und Arbeitsbedingungen waren nebensächlich. Allerdings hätte Ihn nur ein fixen der Arbeitszeit nicht zur Rückkehr bewegen können.
Auch die Kinder, die eben schwierig sind, auch weil sie noch zu jung sind für Kita teilweise. Gleich zwei mir bekannte Erzieherinnen haben von städtischer Kita zu Betriebskindergärten ( Bank) gewechselt.
Die eine sagte mir: ” Ich komme jetzt immer nach Hause und muss mich NICHT hinlegen, weil ich Kopfschmerzen habe” Die Bezahlung ist übrigens nicht besser.
Lärm macht aber wirklich krank. Das wird unterschätzt. In Kitas und Schulen wird Lärmschutz nach Arbeitsrecht nicht eingehalten.
Wie sind die Forscher denn zu dieser Erkenntnis gekommen? Haben sie ErzieherInnen befragt – oder gab es einen eigene Erfahrungen, weil die eigenen Kinder nicht mehr gemäß den vereinbarten Betreuungszeiten betreut werden konnten?
Das könnte die späte publik gemachte Erkenntnis erklären. Aber immer noch werden uns von Fachmedien Beispiele präsentiert, wie Erzieherinnen trotz Personalmangels eigentlich alles wuppen können. https://www.erzieherin.de/files/editorials/kleinstkinder-2024-4-wie-kommen-kitas-durch-die-krise.pdf
Ein aktuelles Urteil zum Organisationsverschulden: Ein dreiunddreißigjähriger Sozialpädagoge wurde nach einem Unfall, bei dem ein Kind aus dem Fenster stürzte, freigesprochen wegen “Organisationsverschuldens”. Er hatte elf Kinder allein betreut. Der Junge soll über ein Jahr nach dem Unfall noch Schmerzen haben.
https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/prozess-in-augsburg-vierjaehriger-stuerzt-aus-dem-fenster-richter-bestraft-paedagogen-nicht-102991623
Dieses Urteil darf nicht dazu führen, dass weiterhin unter riskanten Rahmenbedingungen Kinder nur von einer Kraft betreut werden.
Eine Bitte: Sprecht über in letzter Sekunde verhinderte Unfälle! Die Dunkelziffer kann unmöglich bedeutungslos niedrig sein!
Liebe Angelika,
In der letzten Kita in der ich gearbeitet habe, war es gang und gäbe, mit elf Kindetn allein in einem Raum zu sein. Elf Kinder gilt in “harten Kreisen” als Klacks. Es gab auch schon Zeiten, in denen warst du mit 25 Kindern allein im Raum.
Da wurde dann halt nicht gelüftet, bzw. erst dann, wenn alle im Garten waren u. die Tür zum Gruppenraum abgesperrt, oder ein oder mehrere Fenster waren auf Dauerkipp und die Heizung bullerte den Garten gleich mit.
Solche “Kinkerlitzchen” waren eher nebensächlich und wenn du als Erzieherin schon mit elf Kindern alleine ein Problem hast, dann haste halt den falschen Beruf gewählt.
Dass es dabei gar nicht darum geht, dass man als Fachkraft mit elf Kindern natürlich gut klarkommen kann, sondern darum, dass NIE jemand da ist, wenn’s brennt, weil einer die Hosen voll hat während in der Bauecke gerade die Klötze fliegen, du beim Vorlesen bist und blöderweise gerade das Fenster aufgerissen hast, weil die Luft zum Schneiden war und du dachtest, das behältst du jetzt einfach im Auge, das Fenster ist ja genau gegenüber der Leseecke, ja, dann kommt auch die abgebrühteste Fachkraft vielleicht ein wenig ins Schwitzen und würde sich irgendeine weitere Person wünschen, die einfach nur DA ist, um EINE der dringlichsten Aufgaben zu übernehmen.
Vor Jahren hat mich mal eine noch ältergediente Kollegin angeraunzt, als ich mich ganz vorsichtig darüber beschwerte, dass gleich BEIDE Kolleginnen, die mit mir in einer Gruppe mit 25 Kindern zusammengearbeitet haben (wir hatten damals tatsächlich den seltenen Luxus zu Dritt in einer Gruppe zu sein), drei Tage frei bekamen und zwar gleichzeitig, so dass ich drei Tage alleine mit den Kindern war: “Na und. Ich arbeite auch eine ganze Woche allein, wenn es sein muss.” Das hatte gesessen. Es dauerte lange, bis ich es überhaupt in Erwägung zog, das evtl. Überlastungserscheinungen nicht alleine in meiner offensichtlich totalen Unfähigkeit begründet liegen.
Ich sehe ein großes Problem auch in dieser selbstverleumderischen Haltung mancher Kolkeginnen, die glauben sich und allen anderen beweisen zu müssen, sie würden schon alles wuppen und zwar ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken. Häufig sind das die Kolleginnen, die sich besonders häufig und immer als erstes die grippalen – und/oder Magen-Darm-Infekte oder sonstige gerade in Umlauf befindlich Krankheiten einfangen und öfter mal ein paar Tage oder ein bis zwei Wochen ausfallen. Ohne dass ich da jetzt kranken Kolkeginnen generell etwas böses unterstellen will.
Die Krankheitsanfälligkeit ist Dank der Unsitte, Kinder auch nicht gesund in die Einrichtungen zu schicken, wirklich sehr hoch.
Ich finde aber vielen Stress auch hausgemacht, durch das annehmen unsinniger Zusatzaufgaben, die außer gutem Dastehen in der Öffentlichkeit, niemandem irgendeinen Vorteil bringen.
Es müsste sich vielmehr auf die Kernaufgaben zurückbesonnen werden und die haben nichts mit dem Erstellen aufwendiger Portfolios, dem Entwickeln prestigeträchtiger Projekte, dem Durchführen vorgekauter Themenblöcke und dem Erarbeiten bunter Zertifikate, die man sich stolz an die Tür hängt, in Anwesenheit des Trägers, mit Foto in der Lokalpresse, darauf verständnislos in die Kamera blickende Kleinkinder, stolz grinsende Erzieherinnen und alle recken brav die Daumen nach oben und freuen sich.
Und während der Literaturtage im Herbst trottet die ganze Gruppe brav in die Stadtbücherei, wo der Bürgermeister höchstpersönlich den Kindern sein liebstes Bilderbuch vorliest, obwohl er nicht wirklich gut im Vorlesen ist und die Erzieherinnen unter der Aufgabe zu schwitzen beginnen, die Kinder einigermaßen ruhig zu halten.
Aber das Foto in der Zeitung ist echt schön, gut für den Bürgermeister und die Öffentlichkeitsarbeit der Kita.
Guck, wie süüüß, die Kleinen.
Und in der Vorweihnachtszeit basteln wir Geschenke. Nicht nur für die Mamas und Papas, was ich völlig ok. finden würde.
Wir basteln natürlich auch für den dörflichen/städtischen Weihnachtsbasar, stellen uns am ersten Adventsonntag an den Stand und verkaufen das Zeug plus zusätzlich frische Waffeln, den Teig dafür bereiten wir im Vorfeld zu Hause zu, immer unter fleißiger Mithilfe des Elternbeirates natürlich – ich will mich ja nicht mit fremden Federn schmücken.
Am zweiten Adventssonntag treffen sich die Senioren der Gemeinde zu einem gemütlichen Beisammensein – da könnte doch der Kindergarten ein paar Lieder…
– aber klar doch.
Die Sparkasse hätte gerne den Weihnachtsbaumaum in ihrem Eingangsbereich hübsch geschmückt. Wollt ihr mit den Kindern basteln und zum Schmücken vorbeikommen? Aber natürlich wollen wir. Immer und imnerwieder gerne.
Und für jede Aktion erscheint ein goldiges Bild in der Lokalpresse und alle, alle freuen sich.
Und dann braucht’s eine Weihnachtsfeier für die Mamis und Papis. Da singen wir einfach nochmal die Lieder vom Seniorennachmittag, die können die Kinder schon. Aber ein kleines weihnachtliches Rollenspiel von den Vorschulkindern wäre schon sehr nett. Aber ja doch. Schaffen wir locker, trotz saisonal bedingter hoher Krankenstände, kein Problem.
Und dann? Dann sind ENDLICH Weihnachtsferien, aber leider nur eine Woche, obwohl ich inzwischen so weit bin, dass ich denke, Weihnachtsferien bis Ostern wären nicht schlecht. Die Feiertage fallen allerdings so ungünstig, dass wir dieses Jahr nur eine Woche zumachen und für die zweite Woche zumindest eine Notgrupoe einrichten müssen. Das haben einige Kolleginnen bei der Jahresplanung so gewünscht. Sie wollten mehr Urlaubstage für den Rest des Jahres übrig haben und haben Stein und Bein geschworen, sie würden die Notbetreuung übernehmen. Tjaaaaa, jetzt sind alle ziemlich fertig. Ääähhh, wer war es, der im August/September absolut GEGEN eine zweiwöchige Schließungwar und vehement eine Notbetreuung eingefordert hat? Hhhmmm, keiner kann sich richtig dran erinnern. Wie blöd.
Und immer, immer, war ich eine der ganz wenigen, die ab und an gemahnt hat, ob dieses Projekt oder jene Aktion unsere Leistungskapazitäten nicht vielleicht ein wenig zu sehr strapazieren könnte – “Ach du, nö, das ist wirklich kein großer Aufwand.” “.Du, ich mach das schon.” (Ratet mal, wer krank wurde, als es dann so weit war.)
Irgendwann war ich es leid, immer nur die Bremserin zu sein.
Liebe Marion,
alles was du schreibst, kann ich gut nachvollziehen. Aber man ist keine “Bremserin” nur weil andere es so sehen. Jahre später haben Kolleginnen zu mir gesagt “du hast ja eigentlich recht gehabt”. Im Wörtchen “eigentlich” schwingt irgendwie mit, dass alles trotzdem noch so weiter gehandhabt wird wie zuvor. Aber während das Basteln von dekorativen Figuren zum Aufhängen an der Decke heute verpönt ist, brüsten sich immer noch Kolleginnen damit, dass sie allein “eine Gruppe geschmissen” hätten und der Stolz darauf, allein viel bewältigt zu haben, lässt weiterhin Selbstzweifel zu.
Weil die Beschäftigung mit im wahrsten Sinne des Wortes “lebenswichtigen Fragen” wichtig ist, hoffe ich weiterhin auf mehr Engagement zu einem Thema, dass uns alle – mehr oder weniger – unangenehm berührt. Und zwar bevor mehrere Todesfälle hintereinander die Öffentlichkeit schocken! In NRW war dies bereits einmal der Fall: https://www.t-online.de/region/koeln/news/id_90733250/nach-zwei-todesfaellen-in-kitas-auch-zu-hause-kann-etwas-passieren-.html – Zwischenüberschrift “Land NRW: Kitas sind generell sicher”. Das wirkt rhetorisch besser als ein umgangssprachliches “eigentlich”, dem man in Gedanken ein “Aber” anfügen müsste.
Warum fällt es eigentlich – bzw generell – so schwer, davon auszugehen, dass es vermeidbare Unfälle in Kitas gibt und dass es kurzsichtig und oberflächlich ist, wenn von unserem Berufsständen allein oder schwerpunktmäßig “Fachkräftemangel” als Ursache benannt wird? An meiner Erzieherfachschule fand ich die Ausbildung zum Thema “Aufsichtspflicht” wirklich ungenügend. Ob jene Fachkräfte, die so leichtsinnig und lebensunklug waren, Kitakinder im Rhein baden zu lassen, die gleiche Schule besucht haben, weiß ich nicht. Aber als Paradebeispiel dafür, wie es durchaus zu einem tragischen Unfall mit mehreren Kindern als Opfer hätte kommen können, verlinke ich einmal einen zwei Jahre alten Artikel, der leider hinter der Bezahlschranke steht. https://www.t-online.de/region/koeln/news/id_90733250/nach-zwei-todesfaellen-in-kitas-auch-zu-hause-kann-etwas-passieren-.html
Marion, zu Beginn meiner Ausbildung, als der Rechtsanpruch für Kinder über drei Jahren auf einen Betreuungsplatz noch nicht galt, habe ich auch bis zu 25 KInder allein betreut. – Sogar (krankheitsbedingt etwas weniger) Kinder einer fremden Gruppe. Sie waren reifer. Die Räumlichkeiten waren besser und damals wurde nicht jeder eingestellt, denn man fand es wichtig, sich zukünftige KollegInnen auszusuchen. Heute lässt der Fachkräftemangel das nicht mehr zu. Der Fachkräftemangel führt dazu, dass leider auch ungeeignete KollegInnen unbefristet eingestellt werden und sogar die Probezeit bestehen… – Und auch dieser Missstand dürfte dazu führen, dass sehr engagierte Fachkräfte kündigen, auch wenn es natürlich nicht der Hauptgrund ist.
Wie passend dazu (der verlinkte Artikel): ich habe heute auf dem Heimweg zwei Kinder (Kindergarten und ABC-Schütze) mit dem PKW der Eltern spielen sehen. Einen Erwachsenen in der Nähe?! Nicht sichtbar und wenn evtl. am Fenster bzw. “kurz” im Haus.
Offener Kofferraum, der mit allerlei Gegenständen gefüllt ist, das Gelände/die Parkfläche leicht abschüssig… Bitte um Kopfkino…
Liebe Eltern SO nicht! Aber ist ja zu Hause und nicht im Kindergarten oder der Kita, wo man den Erzieherinnen und Erziehern so schön die Schuld geben kann, wenn was passiert.
Erinnert mich daran, dass die Kollegin aus dem Atelier diese Woche ( wohlgemerkt erste Woche nach 2 Wochen Schließung), unbedingt Bilder für den Kalender eines betuchten Klubs mit den Kindern malen musste. Wohl bemerkt Weihnachtsbilder, Ende August bei über 30 Grad, was natürlich für die Kinder total Sinn ergibt, aber egal es gibt Geld dafür. Auch egal, dass 3 Kollegin krank und drei weitere im Urlaub sind und die Hauswirtschaftskraft fehlt und deshalb eine Fachkraft die Küche schmeißen und im Grunde gar keinen Kinderdienst machen kann. Da langst dir an den Kopf.
Ja, das sind genau die Dinge, die mich auch oft schier wahnsinnig gemacht haben.
Am schönsten war mein Beruf immer dann, wenn ich das machen konnte, was ich immer als meine Hauptaufgabe betrachtet habe: Zeit haben für die Kinder, auf das einlassen, was GERADE IM MOMENT passiert, ohne mit dem Kopf schon wieder bei irgendeinem, von außen aufgedrückten Zusatzprojekt zu sein.
Klar, manches davon macht den Kindern durchaus viel Spaß und Freude. Ich bin ja auch nicht gegen alles. Aber halt mit Maß und Ziel und vor allem mit Verstand.
Und die Kinder sind genauso glücklich mit weniger Bohei, wenn dafür die Erzieherinnen Zeit haben und auch mal für ‘nen Spaß zu haben sind.
Es muß auch nicht immer alles hochpädagogisch wertvoll und durchdacht sein.
Die spannentsten Aktionen sind oft aus zufälligen Situationen und Begebenheiten heraus entstanden.
Natürlich brauchts einen Plan, was man wann, wie und warum durchführen will.
Es braucht aber auch Raum, Zeit und vor allem die Fähigkeit, spontan sein zu können und lieber mal das geplante Angebot sausen zu lassen, und sich auf das einzulassen, was sich gerade ergibt, weil’s vielleicht im Moment wichtiger ist.
Diese Gelegenheiten, die für mich das Arbeiten so erfüllend machten, ergaben sich mit den Jahren immer weniger.
Nach meinem Empfinden war da irgendwann zu viel Druck und “du mußt, du mußt, du mußt…”
Wie lange weiß man das jetzt schon? 5 Jahre? 10 Jahre? Und was ist passiert? Nichts, und das ist schon aufgerundet. Bestimmt findet man in wenigen Jahren in weiteren Studien heraus, dass sich immer noch derselbe Befund ergibt, obwohl man nichts geändert hat.
Noch länger! 2009 beim ersten bundesweiten Streik der ErzieherInnen hätten die Erzieherin dem Ergebnis einmal nicht zustimmen sollen!!! In Köln hat Verdi die ErzieherInnen und die Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und andere studierte Fachkräfe jeweils in getrennten Veranstaltungen über das Ergebnis informiert. – Letztere haben das Ergebnis kritischer gesehen als die lieben Erzieherinnen, die lange nach der Unstellung vom BAT auf den TVöD auf Nachbesserungen (Der “Gesundheitstarif” war ein vorgeschobenes Ziel) warten mussten.
Damals standen sich Kräfte, die wegen eines alten Vertrages weiterhin nach dem BAT bezahlt werden mussten wesentlich besser als neu eingestellte Kräfte mit der gleichen Berufserfahrung.
Ob das “sagenhafte” Ergebnis überhaupt sämliche Gehaltserhöhungen, die es auf den BAT gegeben hätte, erreicht hat, ist eine schwierige Rechenaufgabe… Auf jeden Fall hat Verdi bei der Umstellung so verhandelt, dass es erst mal eine erhebliche Verschlechterung gab, die später durch Streiks beseitigt werden musste. (Und von manchen Medien wurden die sehr spät erhobenen Forderungen der Streikenden auch noch als unverschämt angesehen!)
Von der Leyen als Bundesministerin hat auf dem Heumarkt mit einer vor Verständnis triefenden Rede und ihrem Charisma die Streikenden zur Beendigung des Pfeifkonzerts und zur Ruhe gebracht. Dabei war doch eigentlich klar, dass sie als Bundesministerin nur ganz unverbindlich Versprechungen und Absichtserklärungen abgeben konnte.
Nie vergessen, ver.di ist ja erst durch die Zerschlagung der mächtigen ÖTV entstanden. Dabei muss man wissen, dass die Dienstleistungsgewerkschaften innerhalb des DGB nicht auf große Unterstützung durch die Industriegewerkschaften hoffen konnten und auch heute noch können.
Die Aufkündigung des BAT brachte ja auch mit sich, dass die Gewerkschaften – hier ver.di und die GEW – jetzt getrennt mit dem Bund und den Kommunen sowie den Ländern verhandeln mussten, da der BAT ja in einen TVöD und einen TV-L aufgespalten werden sollte. Am meisten haben dabei die Landesbeschäftigten verloren. Ganz deutlich konnte man das in NRW bei der Straßenbauverwaltung einschließlich der Straßenmeistereien sehen, als diese aus der Zuständigkeit der beiden (kommunalen) Landschaftsverbände (LWL und LVR) in die von Straßen.NRW übergingen.