WIESBADEN. Ist es „spitze“, wenn ein Bundesland in einer wenig rühmlichen Bildungsstatistik mit am wenigsten schlimm dasteht? Das hessische Kultusministerium sieht das so – und vermeldet, dass Hessen deutschlandweit „weiterhin mit die wenigsten Jugendlichen verzeichnet, die ohne Abschluss von der Schule gehen, und hat hierbei seine Spitzenposition gefestigt“. Egal: Der Skandal liegt woanders – nämlich darin, dass die Quote der Schulabbrecher bundesweit weiter gestiegen ist.
Der Bundesdurchschnitt bei den Schulabbrechern hat sich auf eine Abbrecher-Quote von 7,2 Prozent (zuvor 6,8 Prozent) verschlechtert. Demgegenüber, so stellt das hessische Kultusministerium heraus, verbesserte sie sich in Hessen bei gleichbleibenden schulischen Anforderungen von 6,1 auf jetzt 5,9 Prozent. Das Land liege damit bei den Abgängerinnen und Abgängern ohne Hauptschulabschluss hinter Bayern (5,3 Prozent) vorne, dahinter folgen Baden-Württemberg und Hamburg mit je 6,4 Prozent. Das ergeben die aktuellsten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes und der Kultusministerkonferenz für das Jahr 2023.
„Mehr qualifizierte Schulabschlüsse und weniger Jugendliche, die ihre Schullaufbahn abbrechen, bedeuten mehr Bildungschancen für alle“
Gemessen wird der jeweilige Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung. „In Hessen wird niemand zurückgelassen. Mehr qualifizierte Schulabschlüsse und weniger Jugendliche, die ihre Schullaufbahn abbrechen, bedeuten mehr Bildungschancen für alle. Dafür tun wir das Bestmögliche. Wir halten an unserem Weg fest und setzen konsequent auf die vielfältigen Fördermaßnahmen“, meint Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU).
Vor dem Hintergrund, dass Hessen das Flächenland mit der höchsten Migrationsquote sei und in den Schulen besonders viele zugewanderte und geflüchtete Kinder unterrichtet würden, sei dieses Ergebnis besonders positiv zu bewerten. „Im bundesweiten Bildungsmonitor wurde zuletzt schon speziell der geringe Anteil ausländischer Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Abschluss hervorgehoben. Auch die hohen Studienberechtigtenquoten ausländischer Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen sind positiv bewertet worden“, sagte Schwarz.
Die niedrige Schulabbrecherquote sei vor allem den umfangreichen Sprachfördermaßnahmen in hessischen Schulen zuzuschreiben, so Schwarz. Unter anderem gibt es die verpflichtenden Vorlaufkurse, in denen Kinder mit Sprachdefiziten in Deutsch im Jahr vor der Einschulung intensiv auf den Unterricht in der Grundschule vorbereitet werden. Hier sei Hessen Vorreiter. Derzeit sind es etwa 19.000 Kinder in dieser frühen Maßnahme – in Relation zu den eingeschulten Kindern ist das fast ein Drittel.
Insgesamt sei der Deutschunterricht in der Grundschule stetig ausgebaut worden. In diesem Schuljahr erhielten alle zweiten Klassen eine Stunde mehr Deutsch. Zugleich werde das Pilotprojekt für eine zusätzliche Deutschstunde in den dritten und vierten Klassen statt einer der beiden Englischstunden an 15 Grundschulen mit 69 Klassen fortgeführt. „Das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel für schulischen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe. Das gilt für alle Kinder. Je solider die deutsche Sprache in all ihren Facetten beherrscht wird, umso größer sind die Erfolgsaussichten auf dem beruflichen Weg“, sagt Schwarz.
Spezielle Programme und Sozialindex für Schulen in herausfordernden Lagen
Zugleich hat das Land zur Unterstützung abschlussgefährdeter Jugendlicher spezielle Programme ausgeweitet. Beispielsweise „PUSCH – Praxis und Schule“: Es unterstützt die Schülerinnen und Schüler in der Vermittlung von Basiskompetenzen und der Steigerung ihres Selbstwertgefühls und ihrer Motivation, damit sie den Hauptschulabschluss erreichen. Rund 73 Millionen Euro werden hierbei – finanziert aus Landesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds – innerhalb von fünf Jahren investiert.
Auch die spezielle Unterstützung von Schulen in besonders herausfordernden sozialen Lagen werde in Hessen seit dem Start des sogenannten Sozialindex vor zehn Jahren kontinuierlich vorangebracht. Dabei entlasteten multiprofessionelle Teams die Lehrkräfte vor Ort. Zusätzliche Stellen ermöglichten zum Beispiel den Einsatz von zwei Lehrkräften gleichzeitig statt einer Lehrkraft in einer Unterrichtseinheit und weitere Angebote wie Förderunterricht in Deutsch und Mathematik, Klassenförderstunden, Hausaufgabenhilfe oder sozialpädagogische Förderung. Für diese Unterstützung wie auch den Ausbau des Gesamtsprachförderkonzepts zur Stärkung der deutschen Bildungssprache stelle das Land fast 8.400 Stellen bereit, was einer Investition von jährlich mehr als einer halben Milliarde Euro entspreche. News4teachers
Naja… eigentlich hätten wir 14 noch negativere Schlagzeilen lesen sollen – zumindest reden SW und Hessen über dieses Problem öffentlich =/