Christliche Religion soll gemeinsam unterrichtet werden (bald auch islamische?)

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HANNOVER. Niedersachsens Religionsunterricht steht vor einer grundlegenden Reform: Die Trennung von katholischem und evangelischem Unterricht soll entfallen. Auch andere Religionen könnten einbezogen werden.

Hauptsache heilig… (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Der evangelische und katholische Religionsunterricht an Niedersachsens Schulen soll vom Schuljahr 2025/26 an schrittweise im neuen Schulfach Christliche Religion zusammengefasst werden. Darauf haben sich die fünf evangelischen Kirchen und die vier katholischen Bistümer im Land geeinigt.

Der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit bezeichnete die Vereinbarung als ein Zeugnis gelebter Ökomene. «Das neue Unterrichtsfach bringt die katholische und die evangelischen Kirchen näher zusammen, ohne das Eigene der jeweiligen Konfessionen zu verwischen», sagte Adomeit. «Dabei ist es für uns zentral, dass die anderen Konfessionen ebenso wie die anderen Religionen und Weltanschauungen im christlichen Religionsunterricht angemessen dargestellt und behandelt werden.» Der katholische Bischof Heiner Wilmer des Bistums Hildesheim sprach von einem wegweisenden Modell.

Etwa jeder zweite Schüler ist evangelisch oder katholisch

Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) erklärte, das neue Fach Christliche Religion trage zu einem notwendigen Diskurs der jungen Generation bei und stärke demokratische Werte. Die Kirchen arbeiten nach eigenen Angaben derzeit zusammen mit dem Land an einer gemeinsamen Erklärung zu dem geplanten Fach. Diese soll im Frühjahr unterschriftsreif sein. Zwei Kommissionen erstellten derweil die neuen Lehrpläne für die Grundschulen und die weiterführenden Schulen bis Jahrgang 10.

Den Kirchen zufolge gehörten zuletzt 53 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen der evangelischen oder katholischen Kirche an. Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie ohne Konfession seien wie bisher eingeladen, auf eigenen Wunsch an dem neuen Unterrichtsfach teilzunehmen. Geplant sei ein Unterricht, der «Raum für existenzielle Fragen und ein gemeinsames Nachdenken über Gott und die Welt» biete.

Schülerrat fordert Einbeziehung anderer Religionen

Im vergangenen Schuljahr nahmen knapp 239.000 Schüler am konfessionell-kooperativen Religionsunterricht teil, rund 260.000 am evangelischen und rund 37.000 am katholischen. Etwa 218.000 Schüler belegten die Fächer Werte und Normen oder Philosophie. Rund 34.000 Schüler belegten keines dieser Fächer.

Der Landesschülerrat forderte, neben christlichen Perspektiven sollten andere Glaubensrichtungen sowie nicht-religiöse Weltanschauungen in dem neuen Fach gleichwertig Raum finden. Nur dann würden die Schüler dazu befähigt, kritisch und respektvoll über Sinnfragen, Werte und ethische Herausforderungen nachzudenken. «Ein gemeinsamer Religionsunterricht ist eine Chance für mehr Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis – aber nur, wenn wir sicherstellen, dass wirklich alle Perspektiven gehört werden», sagte der Vorsitzende des Schülerrats, Matteo Feind. News4teachers / mit Material der dpa

Immer weniger Schüler im christlichen Religionsunterricht – wird er verzichtbar?

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13 Kommentare
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EMu
3 Monate zuvor

Wird Zeit. Religionsunterricht ist an sich ok, wird aber immer teurer durch immer weniger konfessionell geprägte Schüler:innen, während PP/Werte und Normen/Ethik größer werden. Eine Zusammenlegung halte ich für sinnvoll und würde sie mir für NRW auch wünschen – gibt es schon, ist noch zu selten. Und der Vertreter des Schülerrats geht noch einen sinnvollen Schritt weiter zu einer toleranteren, wirklich integrierenden Gesellschaft.

AlterHase
3 Monate zuvor
Antwortet  EMu

Was hat denn der christliche Religionsunterricht bewirkt?

EMu
3 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Der Religionsunterricht beleuchtet eine Perspektive auf unsere Kultur, die uns im “Abendland” sehr entscheidend geprägt hat, und macht diese erfahrbar. Religion erklärt vieles, was historisch bedeutsam ist. Und sie erweitert symbolisch unser Vorstellungsvermögen dort, wo andere Erkläransätze aufhören (was war vor dem Urknall, wie wurde er ausgelöst?). Zudem würde ich behaupten, dass uns eine gewisse Grund-Spiritualität als Mensch und für unser Zusammenleben gut tut.

Das bedeutet nicht, dass ich Fan davon bin, konfessionell geprägten Reliunterricht in einer staatlichen Schule als einziges verfassungsmäßiges Fach zu haben. Daher begrüße ich die Öffnung Richtung Interkonfessionalität und Interreligiosität, um die jeweiligen dogmatischen Anteile stärker außen vor zu halten und neutraler / wissenschaftlicher zu arbeiten – auch wenn ich privat gerne Christ bin.

Die Relilehrer:innen unter uns können die Bedeutung aber sicherlich noch besser in Worte fassen und ggf. falsche Fachsprache korrigieren.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor

I stand corrected!

Halte Schulen weiterhin für einen guten Ort zur Vermittlung religiöser Inhalte, aber die Schülerschaft ist mir da wohl ein wenig weit voraus XD

Kalila
3 Monate zuvor

Religionsunterricht in der Schule gehört abgeschafft. Was hier gefordert wird, ist Ethikunterricht (Werte und Normen in Niedersachsen), der allein durch seine ausgewiesenen Bezugswissenschaften einen höheren Stellenwert in Schulen verdient hat, weil er der Zeit angemessen ist und gesellschaftliche Pluralität, auch religiöse in jeder Hinsicht abbildet. Dass das Fach Ethik immer noch abgewertet wird, weil es den Status eines “Ersatzfaches” hat und immer noch viel zu oft von fachfremden Kollegen (“kann ja jeder”) oder Quereinsteigern (“hat gender studies studiert”) unterrichtet wird, ist eine Farce. Dass Niedersachsen dem Fach durch die Bezeichnung”Werte und Normen” auch noch die Wissenschaftlichkeit abspricht, wäre ein Thema, das gern mal nachhaltig diskutiert werden sollte. Nicht zuletzt, weil kooperativer RU seit Jahren in den meisten Schulen in Niedersachsen gängige Praxis ist; hier gibt es also gar nichts neu zu erfinden.

Palim
3 Monate zuvor
Antwortet  Kalila

Ich bin auch gespannt, was anders sein soll.

Neu ist, dass man für eine Schüler:innengruppe von 12 Personen keinen konfessionellen Unterricht mehr einrichten darf/kann/muss.
Das ist dort ein Thema, wo die Konfessionen etwa gleichstark vertreten sind. In überwiegend katholisch oder evangelisch geprägten Regionen wird es weiterhin mein Thema sein.

Ich würde mir ein Dach wünschen, dass alle mit einbezieht. „Religion für alle“, wie in HH oder eben „Ethik für alle“ unter Einbeziehung unterschiedlicher auch religiöser Sichtweisen.

Peter Sommer
3 Monate zuvor
Antwortet  Kalila

Ich empfehle, doch noch mal das Grundgesetz zu lesen.

Lisa
3 Monate zuvor

“Der Landesschülerrat forderte, neben christlichen Perspektiven sollten andere Glaubensrichtungen sowie nicht-religiöse Weltanschauungen in dem neuen Fach gleichwertig Raum finden.”
Und dann das neue Fach Ethik oder Philosophie je nach Schwerpunkt nennen und gut ist. Die religiöse Erziehung ist dann Sache der Glaubensgemeinschaften und der Erziehungsberechtigten.
Wer sich Sorgen um das Christentum und dessen Fortbestand macht: Viele zutiefst christlichen Länder auch in Europa bieten in Schulen gar keinen Religionsunterricht an.

Unfassbar
3 Monate zuvor

Die Zusammenlegung des christlichen Religionsunterrichtes ist wohl unabwendbar. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die islamischen Verbände dabei mitmachen, nachdem es für sie viel zu lange gedauert hat, bis der islamische Religionsunterricht eingeführt wurde.

HHCityroller
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Ich glaube nicht, dass das mit der Dauer zu tun hätte.

Lisa
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es da christliche Konfessionen gibt, die noch sperriger sind als die Islamverbände.

dickebank
3 Monate zuvor

Nee, was dabei rauskommt sieht man schon jetzt im Zuge der Krankenhausreform bei der Fusion von katholischen und evangelischen oder kommunalen Krankenhäusern zu christlichen Kliniken, die dann am Ende der katholischen Grundordnung unterworfen werden. D.h. es gilt nach der Fusion das kirchliche Arbeitsrecht und ein striktes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Also in aller Form – nein danke!!!

Mein_Senf
3 Monate zuvor

Bei uns (eine Schule in Hessen) gibt es keinen getrennten ev./kath.Unterricht – gab es noch nie aufgrund fehlender Lehrkräfte. Insofern ist das kein Novum. Ich kenne auch erst einmal keine Schule in der näheren Umgebung, in der das anders gehandhabt wird.