Um Erste zu sein: Vierjährige schläft in der Kälte vor Kita-Eingang

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UNNA. Einmal die Erste sein am Lieblingsort: Deshalb hat sich eine Vierjährige in der Nacht zum Sonntag offenbar aus dem Elternhaus geschlichen und zum Schlafen vor den Eingang ihrer Kita gelegt.

Die Polizei brachte das Kind nach Hause. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Früher Vogel fängt den Wurm. Getreu dem Motto hat sich ein vier Jahre altes Mädchen in der Nacht zum Sonntag aus dem Elternhaus geschlichen und ist zu ihrer nahegelegenen Kita gestapft. Dort legte sich das Mädchen dann zum Schlafen vor den Eingang. Der Grund laut einer Polizeimitteilung: Das Mädchen wollte als Erste im Kindergarten sein.

Eine aufmerksame Bürgerin hat die Kleine den Angaben zufolge dann am frühen Morgen kurz vor 05.30 Uhr schlafend entdeckt und die Polizei verständigt. Die Beamten staunten nicht schlecht. Nicht mal eine Decke hatte das Kind mitgenommen, obwohl es unangenehm kühles und schmuddeliges Wetter war. Die verschlafenen Eltern waren mehr als verdutzt, als die Polizei mit ihrer Tochter vor der Tür standen.

Platz eins hatte sich die Kleine auf jeden Fall verdient. Da störte auch die Tatsache nicht, dass die Kita am Sonntag generell geschlossen und zudem auch wegen der Weihnachtszeit in diesem Jahr nicht mehr geöffnet ist. News4teachers / mit Material der dpa

Polizei meldet «Ausbruch» eines Zweijährigen aus der Kita

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A. M.
3 Monate zuvor

Dass ich ein KInd unbemerkt von daheim auf den Weg zur Kita macht, ist ungewöhnlich. Dass aber Kindergartenneulinge ihren Eltern nicht glauben wollen, dass die ErzieherInnen samstags oder sonntags nicht in der Kitas sind, kommt dagegen öfter vor. Manchmal müssen Eltern eigens am Wochenende mit ihrem Kind zur Kita gehen, damit es ihnen glaubt. Nachdem Kitas eine eigene Küche, Personalrimmer und eine Dusche auch für Erwachsene haben (nicht alle), glauben Kinder ihre ErzieherInnen seien eine Art Familie und würden dort gemeinsam leben.

Gut, dass dem Kind nichts passiert ist.

potschemutschka
3 Monate zuvor

“Um erste zu sein” – da ist wohl in der Erziehung etwas schief gelaufen. Konkurrenzdenken und Wettbewerb – schon bei so einem kleinen Kind! Was soll das erst später werden – da muss unbedingt gegengesteuert werden!
(falls es jemand nicht bemerkt – das ist Ironie!)

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Da sieht man mal, wohin intrinsische Motivation führen kann:)

A. M.
3 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Von der Ironie zum Sarkamus: Vermutlich wurde ein wesentliches Erziehungsziel erreicht. Wer so früh schon “Erster” sein will, sich in der Kita auch brav über “Kinderurkunden” freut, ist später dank frühkindlicher Prägung erpicht auf weitere Belobigungen und vergisst niemals im Leben an seine Karriere zu denken.

Ob diese Kinder aber später “Erster im Altenheim” sein wollen, kann ich mir nicht gut vorstellen.

Es gibt Phasen in Kitas und sogar in Krippengruppen, wo fast jedes Kind beim Ankommen “Erster” ruft. (Dass es für Mädchen genderkorrekt ist, sich selbst als “Erste” zu bezeichnen, wird trotz Sprachförderung in der Kita schon mal vergessen.) – Und das gegenteilige Phänomen fällt durch einen Sing-Sang auf, der manchmal durch “Ätschi-Bätschi” unterlegt wird. “Ich – bin – abgeholt – Ich – bin – abgeholt – und du niiicht!”

Leerkörper
3 Monate zuvor
Antwortet  A. M.

Ich hehe noch einen Schritt weiter – das Kind ist später auf Belohnigungen aller Art a n g e w i e s e n.

Und das ist furchtbar.

potschemutschka
3 Monate zuvor
Antwortet  Leerkörper

Ist das Ihr Ernst oder Ironie?

A. M.
3 Monate zuvor
Antwortet  Leerkörper

Mit etwas zeitlichem Abstand muss ich zugeben, dass mir leider das Temperament etwas durchgegangen ist. Tatsächlich kann ich über dieses eine Kind, da ich es nicht kenne, gar nichts sagen. So wie es geschildert wurde, spricht einiges dafür, dass das Mädchen besonders gern in den Kindergarten wollte und dass es bewundernswert mutig war, sich allein nachts auf den Weg zu machen.

Aber ich denke schon länger, dass wir als Gesellschaft mittlerwelle ein Problem mit den Jugendlichen haben, die unter dem Einfluss der “gewaltfreien Kommunikation” und belobigten Förderprogrammen wie “Faustlos” groß geworden sind. In Kitas klagen durchaus schon seit etlichen Jahren ErzieherInnen über Praktikantinnen, die klare Aufträge als Bevormundung und unangemessen ansehen und darüber wehleidig werden. Da wird “die Kommunikation auf Augenhöhe vermisst”, wo früher eine Praktikantin klaglos gefegt hat und auch nicht zu ungeschickt dazu war. Das in Mode gekommene Wort “Mikroaggression” spricht für sich. Die Kinderliteratur für die Kleinsten ist spannungsärmer geworden, weil allzu offensichtlich Empathie und soziale Kompetenzen gefördert werden sollen. Obwohl die Bildunsgpläne der einzelnen BUndesländer gar nicht so schlecht sind, haben sie die pädahogische Fachliteratur für ErzieherInnen für mein Empfinden auf eine peinliche, entsetzlich gekünstelte Weise beeinflusst. Und zwar so, dass eigenständige Planungen durch das Nachexerzieren von beispielhaften “Angeboten” aus so genannetem Fachbüchern oder Arbeitsmappen ersetzt werden. Da es zu den vorbereiteteten Angeboten in den Büchern oft genug Vorlagen zum Kopieren einer Kinderurkunde gibt, bekommen Kinder regelmäßig zum Füllen der Bildungsdoku eine Urkunde. – Die Zeiten wo es nur eine Urkunde über den Fahrradführerschein gab, sind längst vorbei. Jede Menge belangloses Lob… Aber ob das befriedigend wirkt? Wohl kaum. Und unbefriedigte Bedürfnisse verlangen nach mehr…

Vor diesem Hintergrund kann ich es als erfreulich normal ansehen, wenn Kinder aus eigenem Antrieb um etwas wetteifern und “Erster” sein wollen. Der Wettkampfgedanke, der früher bei kindlichen Wettrennen im Vordergrund stand, wurde vielfach durch kopierfreundliche Urkunden verdrängt, die in Gruppenstärke und machmal sogar eigens für ein Fotoshooting ausgeteilt werden. Wenn alle “SIeger” sein sollen, spüren Kinder irgendwann, dass die Erwachsenen spinnen und ihnen dummes Zeug erzählen.

Pädagogen könnten gern wieder mehr dafür tun, dass Kinder weder Erfolg noch Misserfolg überbewerten.