VBE zum geplanten Handy-Verbot: Viel Lärm um wenig? “Ist längst Praxis”

1

WIESBADEN. Das Hessische Kultusministerium will als erstes Bundesland eine gesetzliche Grundlage für ein „Handy-Verbot“ an Schulen schaffen. Doch für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) Hessen ist das Vorhaben wenig mehr als Symbolpolitik. „Was nach einem großen Wurf klingt, ist bei näherem Hinsehen nur eine rechtliche Grundlage für das, was an den meisten Schulen längst gang und gäbe ist“, sagt Stefan Wesselmann, Landesvorsitzender des VBE Hessen.

Bisschen dicke? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Aktuell ist es in Hessen den Schulen überlassen, welche Regelungen sie für die Mitnahme und die Nutzung von Handys in der Schulordnung verankern. „An den Grundschulen bleiben die Handys in der Regel im Ranzen, weil die Kinder sie dort schlicht nicht brauchen“, so Wesselmann. „Wenn Eltern benachrichtigt werden müssen, läuft das über die Sekretariate, und im Unterricht spielen Handys – anders als schuleigene Tablets – keine Rolle.“ Insofern erfüllten Grundschulen bereits die Funktion von „Schutzzonen“, die sich Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU) von dem neuen Gesetz erhoffe: „Auf den Schulhöfen wird gekickt, gerannt, gespielt, gelacht und geschrien. Wenn es vorkommt, dass Kinder in der Pause in der Ecke stehen und sich über ihre Smartphones beugen, ist das in der Regel schon jetzt ein Verstoß gegen die Schulordnung“, stellt der VBE-Landesvorsitzende klar.

„Es fehlt noch immer an Geräten für den Unterricht, weshalb oft die privaten Geräte von Schülerinnen und Schüler zum Einsatz kommen müssen“

Dass der Gesetzesentwurf die Nutzung von Smartphones an weiterführenden Schulen im Unterricht ermöglicht, ist aus Sicht des VBE Hessen nur folgerichtig: „Angesichts des Stands der Digitalisierung an den Schulen wäre ein Verbot gar nicht praktikabel. Es fehlt noch immer an Geräten für den Unterricht, weshalb oft die privaten Geräte von Schülerinnen und Schüler zum Einsatz kommen müssen. BYOD – also: bring your own device – ist die Realität, auch wenn der VBE dies nicht gutheißt.“

Positiv bewertet der VBE Hessen die geplanten Ausnahmen für Schülerinnen und Schüler, die aus medizinischen Gründen und aufgrund einer Beeinträchtigung auf digitale Geräte angewiesen sind. „Für diese Kinder und Jugendlichen sind digitale Geräte ein Hilfsmittel, das ihnen Teilhabe und barrierefreies Lernen erlaubt“, erläutert der VBE-Landesvorsitzende.

Ein praktischer und aus Sicht der Schulen wichtiger Aspekt bleibe hingegen unberücksichtigt: Es müsse besonders an großen Schulen und solchen mit mehreren Gebäuden für leicht erreichbare und sichere Verwahrorte gesorgt sein. „Sonst lösen wir ein Problem, schaffen aber ein neues: Lehrkräfte sammeln einen Stapel Handys ein und werden schlimmstenfalls in die Haftung genommen, wenn etwas verloren oder kaputt geht – oder jemand behauptet, dass etwas kaputt gegangen sei“, merkt Wesselmann an.

Abschließend kritisiert der VBE-Landesvorsitzende, dass sich der Gesetzentwurf zum „Handy-Verbot“ einreiht in die sonstigen Aktivitäten von Kultusminister Schwarz: „Es gibt Initiativen zu Blockflöten-Unterricht, Bundesjugendspielen und Wertevermittlung – aber die echten Herausforderungen sind Lehrkräftemangel, die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte, Inklusion und Integration, Defizite in der Lehrkräfte-Ausbildung, schleppende Digitalisierung und der Bürokratie-Wahnsinn. Hier würden wir uns ein stärkeres Engagement des Kultusministeriums wünschen!“ News4teachers

“Wir handeln jetzt”: Erstes Bundesland erlässt Handyverbot für Schüler – auch an weiterführenden Schulen

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Hans Malz
2 Monate zuvor

Ich fasse mal zusammen:
Das ist nichts, weil es größere Probleme gibt. Eigentlich ist es zwar sinnvoll, da es die Regelungen in den Schulen stützt und auch ein Stück rechtssicherer machen, aber es ist nicht der große Wurf, deshalb lassen wir das sein.

Manchmal haben die Verbände komische Ansichten.