Alarmierender UN-Bericht: Warum wir endlich lernen müssen, nachhaltig zu denken

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BONN. Plastik, Ressourcen, Natur: Ein UN-Bericht fordert dazu auf, die Welt neu zu denken. Echter Wandel beginne an den Wurzeln. Mit neuen Werten, langfristigerem Denken und mehr Gerechtigkeit. Ein Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).

Wir zerstören unsere Lebensgrundlage. Illustration: Shutterstock

Der Kampf gegen Probleme wie Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung sollte einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge stärker an der Wurzel des Übels ansetzen. Bisher seien viele Lösungsansätze zu oberflächlich, teilte die Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Bonn zum Report «Interconnected Disaster Risks» mit. Ohne ein Umdenken bei den Werten und Denkweisen, die dem aktuellen System zugrunde liegen, werde sich dieses nicht ändern.

Zum Beispiel könne die Menschheit sich nicht durch Recycling allein aus der Plastikkrise befreien – ohne zu hinterfragen, ob überhaupt so viel Plastikmüll entstehen muss. «Die Gesellschaft steht an einem Scheideweg», sagte Shen Xiaomeng, Direktorin des Instituts für Umwelt und Menschliche Sicherheit der UNU. «Seit Jahren warnen uns Wissenschaftler vor dem Schaden, den wir unserem Planeten zufügen, und wie wir ihn aufhalten können. Aber wir ergreifen keine sinnvollen Maßnahmen.»

Eine Ursache sehen die Experten darin, dass Probleme nicht in der nötigen Tiefe angegangen werden. «Wir beschränken uns selbst, wenn wir uns nur darauf konzentrieren, das Schlimmste zu verhindern, anstatt das Beste anzustreben», sagte Zita Sebesvari, eine der Hauptautorinnen. Echter Wandel, so betont der Bericht, beginnt an der Wurzel.

Benannt werden fünf zentrale Bereiche für Veränderungen.

Abfall neu denken – Vom Müll zum Schatz

Pro Jahr fallen dem UN-Bericht zufolge zwei Milliarden Tonnen Haushaltsabfälle an, genug für eine Reihe von Schiffscontainern, die 25 Mal um den Äquator reichen würde. Ein Grund: Rohstoffe werden gewonnen, zu Produkten verarbeitet, benutzt und weggeworfen: Endstation Müll.

Beispiel Lithium: Es wird in Batterien für wiederaufladbare Geräte wie Handys verwendet, aber selten wiederverwertet. Die Lithium-Reserven werden geschätzt bis etwa 2050 erschöpft sein. Zugleich werden über 75 Prozent des bis dahin geförderten Lithiums wohl im Müll landen. «Wir erschöpfen die Lithiumreserven und lassen gleichzeitig das bereits verwendete Lithium im Müll verschwinden.»

Das Erfolgsmodell einer Kreislaufwirtschaft liefert die Stadt Kamikatsu in Japan, wie es von der UNU hieß. Die Recyclingrate ist durch Strategien wie Kompostierung, Upcycling, Kleidertausch und Abfalltrennung hier viermal höher als im Durchschnitt Japans.

Rückbesinnung auf die Natur

Viele Menschen sehen sich dem UN-Bericht zufolge nicht als Teil der Natur. Menschen versuchten, natürliche Prozesse zu kontrollieren statt mit ihnen zu koexistieren. Die Kanalisierung von Flüssen zum Beispiel hat die Schiffbarkeit verbessert und Flächen für die Landwirtschaft geschaffen. Allerdings zu dem Preis, dass am Fluss liegende Gebiete mit verheerenden Folgen überflutet werden können.

Ein positives Beispiel ist der Kissimmee River im US-Staat Florida. Die Kanalisierung wird dort rückgängig gemacht. Zuvor verschwundene Natur kehrt zurück, wiederhergestellte Feuchtgebiete speichern Milliarden Liter Wasser.

Gerechtere Verteilung von Ressourcen und Chancen

Ressourcen und Chancen sind unter den rund acht Milliarden Erdbewohnern sehr ungleich verteilt. Die reichsten Nationen und Einzelpersonen tragen unverhältnismäßig stark zu den Treibhausgas-Emissionen bei – aber die Ärmsten tragen die Hauptlast klimabedingter Katastrophen, wie die UN-Experten zu bedenken geben.

Ein Negativ-Beispiel in diesem Bereich: Reichere Länder gleichen beim Handel mit Emissionszertifikaten ihren CO2-Abdruck durch billige Baumpflanzungen in einem anderen Teil der Welt aus, statt ehrgeizigere Klimaziele im eigenen Land anzustreben. Stichwort: Kohlenstoff-Kolonialismus.

Durch die Neigung zu kurzfristigem Denken und Handeln werden Folgen und Verantwortung auf künftige Generationen geschoben. «Dabei bestimmen die heute lebenden Menschen die Lebensbedingungen für die Billionen von Menschen, die noch geboren werden», so die Autoren.

Beispiel Atommüll: Kernenergie produziert radioaktive Abfälle mit einer Lebensdauer von über 100.000 Jahren. Bislang gibt es keine Möglichkeit der langfristigen Lagerung. Das müssen künftige Generationen regeln.

Wohlbefinden ist wertvoll – Planetarische Gesundheit statt wirtschaftlichem Reichtum

Globaler Reichtum ist nicht gleichbedeutend mit globalem Wohlbefinden. Der Bericht zeigt ein Ungleichgewicht der Werte. Wälder fördern die Vielfalt von Tieren und Pflanzen sowie menschliche Gesundheit und Wohlbefinden. Doch vielfach übertrumpft der wirtschaftliche Wert gefällter Flächen den intakter Wälder.

In Kanada, Neuseeland und Japan gibt es Natur inzwischen schon auf Rezept: Ärzte stellen «Green Prescriptions» aus und verordnen gesundheitsfördernde Zeit in der Natur.

Der Bericht zitiert zudem alternative Modelle wie den Bruttonationalglücksindex von Bhutan, der dem Wohlbefinden und dem ökologischen Gleichgewicht Vorrang vor dem Wirtschaftswachstum einräumt. News4teachers / mit Material der dpa

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24 Kommentare
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Karl Heinz
16 Tage zuvor

Die Hoffnung stirbt zuletzt
Aber sie stirbt

Wie viele Jahrzehnte wird das schon propagiert?
Es interessiert die Produzenten nicht.
Es interessiert die Konsumenten nicht.
Also wird es weitergehen wie bisher, bus zum bitteren Ende.
Und dann wird man sich wieder fragen, wie es dazu kommen konnte…

AvL
15 Tage zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Passend zu diesem Szenario ist der UN-Austritt aus der WHO,
womit die USA unter Trump sich vollends aus der Verantwortung
für Gesundheitsprobleme gestohlen hat.
Die Kündigung des Pariser Klimaabkommen ist ein weiterer Schritt in Richtung Verweigerungshaltung. Pariser Klimaabkommen: Was Trumps Ausstieg bedeutet – ZDFheute
Donald Trump: Warum der Austritt aus der WHO?
Trump-Pläne: Was ein WHO-Ausstieg für die Welt bedeutet – ZDFheute

Unfassbar
14 Tage zuvor
Antwortet  AvL

Welche Verantwortung haben die usa für die miese Gesundheitsversorgung in Zentralafrika? Bitte aus der Sicht von America First argumentieren.

AvL
13 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Seine Entscheidung begründet Trump u.a. mit dem seiner Meinung nach falschen Umgang der WHO mit der COVID-19-Pandemie.
Er selbst wurde von den Ereignissen der exponentiellen Vermehrung selbst überrumpelt, spielte er die Gefahr doch zunächst herunter.
Trump zum massiven Anstieg der Corona-Infektionszahlen : Die “Fake News”-Medien würden alles daransetzen, um das Coronavirus “so schlimm wie möglich” aussehen zu lassen, twittert Trump und macht die Journalisten auch für den Absturz der Aktienkurse verantwortlich.
Einige Tage später Dann “Ich hatte das Gefühl, dass dies eine Pandemie sein würde, lange bevor es eine Pandemie genannt wurde.”
Trump und Corona: “Es wird einfach verschwinden” – Politik – SZ.de

ed840
15 Tage zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Da dürften Sie wohl leider nicht ganz unrecht haben. Zur FFF Demo in München kamen am letzten Freitag mit ca. 300 Demonstrierenden sogar noch etwas weniger als zur Demo gegen Exen eine Woche vorher. Dafür meldete der Flughafen München am Wochenende einen extrem hohen Ansturm an Flugreisenden zu Beginn der Osterferien. Laut einer Studie von travel-trends verreisen z.B. Menschen aus der Generation Z auch ca. 4,5 mal häufiger pro Jahr als die Boomer. usw. usw.

Unfassbar
14 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Die Menschen bekommen langsam aber stetig mehr echte Sorgen, mit denen die Klimaerwärmung nicht mithalten kann.

AvL
14 Tage zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Die Hoffnung stirbt zuletzt
Aber sie stirbt – nicht !

Rainer Zufall
15 Tage zuvor

Naja, es gibt einige Länder, die durchaus ernsthafter und verantwortungsvoller sind als wir.
Kaufen wir halt Wärmepumpen aus dem Ausland ohne staatliche Finanzierung, fahren chinesische Autos und halten uns ggf. an besseres EU-Recht.

Zumindest können wir unseren Kindern mit stolzgeschwollener Brust erzählen, wie wir unseren Bauern Treibstoff schenkten, für ein paar Euro weniger in den Urlaub flogen und so energieverschwenderisch wie möglich Gas in Wasserstoff umwandelten, um Trump und Putin zu erfreuen – goldene vier Jahre stehen uns bevor 🙂

ed840
15 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie vehement der Bundeslandwirtschaftsminister im Dez 2023 in den Medien gegen die Streichung der Agrardiesel- Subventionen argumentiert hat, dass damit die Schmerzgrenze überschritten wäre und die Landwirte mit den Kürzungen überfordert würden.

Rainer Zufall
13 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Was nimmt die baldige Regierung dann an Agrardieselsubventionen auf, wenn diese zuvor nicht gekürzt wurden?
https://www.agrarheute.com/politik/merz-will-agrardiesel-fuer-landwirte-foerdern-627136

Da werden Trippelschrittchen zurückgenommen

ed840
13 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Die Agrardieselsubvention wurde doch von der Ampelregierung gestrichen. Allerdings halt gegen den Willen und gegen die Argumentation des Bundeslandwirtschaftsministers.

Rainer Zufall
13 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Was will die Merz-Regierung dann rückgängig machen?
https://www.nordkurier.de/regional/mecklenburg-vorpommern/landwirte-setzen-schwarzrot-unter-druck-agrardieselhilfe-reicht-allein-nicht-aus-3440779

Aber die wollen es schlimmer machen, Danke für die Korrektur -__-

ed840
15 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Als ob die Kinder das nicht mitbekämen. Laut einer Studie der Tourismusbranche reisen die meisten Kinder von heute schon das erste Mal ins Ausland bevor sie das Kindergartenalter erreichen und sammeln rein statistisch schon bis zum 16 Lebensjahr ganz deutlich mehr Flugmeilen als die Generationen zuvor.

Rainer Zufall
13 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Ich bin mir zu 94% sicher, dass deren Eltern die Flüge buchen 😉
Dass die Flüge zurückgehen, wenn Tickets günstiger werden, sehe ich nicht.

Wir müssen ja jedes Jahr mehr als zuvor einsparen, weil die letzten Jahrzehnte so entspannt liefen 😛

ed840
13 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Ich bin mir relativ sicher, dass Kinder es schon mitbekommen, wenn ihre Eltern Flugreisen für sie buchen. Aber das ist sicher individuell verschieden.

Rainer Zufall
12 Tage zuvor
Antwortet  ed840

Und Sie erwarten jetzt von den Kindern, sich mit den Eltern zu streiten? Oder mit den verantwortlichen in Wirtschaft und Politik?

Das hatten wir schon und ich mich an die Meinung von Leuten wie Ihnen erinnern. 😉

Interessant, wie die Erwachsenen, die immer nach Eigenverantwortung rufen, beim Klimawandel KINDERN die Schuld zuschieben wollen. Peinlich, aber repräsentativ

447
14 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Chinesische E-Autos?

Bitte lieber heute als morgen importieren, habe da schon ein/zwei Modelle ins Auge gefasst, die wallbox wartet schon auf ein RICHTIGES E-Auto und die Solarplatten freuen sich schon.

Also, zu einem angemessenen Preis, mit angemessener Reichweite und mit “Hände aufs Lenkrad nur für die doooiiitsche Ordnungsamtsmentalität nötig.” (kann aber selber fahren).

Komisch, nur sehr komisch ist das:

Wenn man als normaler Bürger EINMAL was richtig gutes rausbekommen würde aus dem Klimawandel – ach, DA gibt es auf einmal tausend-und-einen Grund, da Zölle, Gebühren, Hindernisse draufzupacken.

War ja klar. 😀

Klimawandel sooooo gefährlich – aber so gefährlich, dass wir dem Bürger mal eben hammergeile Autos zu billigen Preisen gönnen, also, na, da könnte ja jeder kommen! Sowatt gibbet hier nich, dat hamm wa noch nie so jemacht! 😀

Stattdessen lieber Rentner-E-Autos für über 50k mit Austattung auf Niveau 2005 und real keine 350 km Reichweite anbieten…
…also, kann garnicht so schlimm sein mit dem “Gliema!!!”.

P.S.:
Natürlich auch verständlich, da die bösen Chinesen ihre Industrie staatlich fördern – im Gegensatz zu so extrem staatsfernen Betrieben wie VW, die sich fern jeglicher politischer Beteiligung knallhart ohne jede staatliche Subvention und (Lohn)Intervention oder gar direkter politischer Kontrolle (z.B. im Aufsichtsrat) am harten Markt durchbeissen…

Fräulein Rottenmeier
13 Tage zuvor
Antwortet  447

Ich habe mich in den SU7 verliebt….leider, leider wird er hier nicht schlappe 38.000 € kosten, sondern irgendwas bei 70.000 € und damit ist er leider für mich raus…..so schade, denn auf meine alten Tage wollte ich mir mal 700 PS gönnen….. 🙂

Rainer Zufall
13 Tage zuvor

“wollte ich mir mal […] gönnen….. ”

Auch eine Sache die unsere Kinder und Kindeskinder nicht mehr sagen werden… 🙁

Fräulein Rottenmeier
12 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Wieso? Meinen Sie, das sich unsere Kinder nichts mehr gönnen können?

Rainer Zufall
12 Tage zuvor

Bestimmt (noch ein Weilchen).

Aber mit Blick auf Miet- und Grundstückpreise, Pflege- und Rentenkatastrophe, zunehmend größeren Milliardenschäden durch den Klimawandel kombiniert mit immer größeren (teureren) Herausforderungen, diesen zu verlangsamen… Ja!
So selbstsüchtig und kurzsichtig wird ein Großteil der jungen Bevölkerung nicht mehr sein.
Voll seltsam, dass die sich in digitale Schutzräume und Phantasien zurückziehen… 🙁

447
13 Tage zuvor

Ich hätte gerne den Shark von BYD.
Wäre sooooo gechillt.

Aber nöööö… 🙁

Fräulein Rottenmeier
12 Tage zuvor
Antwortet  447

Huch, da haben wir ja grundverschiedene Geschmäcker….

-mm-
12 Tage zuvor

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