KARLSRUHE. Um die Eignung von Seiteneinsteigern ins Lehramt wird heftig diskutiert. Doch auch wer den klassischen Ausbildungsweg über ein Lehramtsstudium nimmt, kann sehr weit kommen ohne wirklich zu wissen, ob er für den Beruf überhaupt geeignet ist. Zwei Karlsruher Hochschuen entwicklen nun gemeinsam einen dreistufigen Check für das Bachelor-Studium.
Lehrer werden die falschen Leute, aus den falschen Motiven heraus. Es wird wohl kaum einen Kollegen geben, der diesen oder einen ähnlich formulierten Satz nicht schon einmal gehört hat. Tatsächlich erfordert der Beruf neben den fachlichen Qualifikationen einige persönliche Fähigkeiten und Charaktereigenschaften, ohne die eine erfolgreiche Ausübung des Lehramts zum Scheitern verurteilt ist.
Insoweit unterscheidet sich der Beruf nicht groß von anderen, doch bringt die Tätigkeit im Schulwesen einige besondere Bedingungen mit sich. Im Vergleich zur freien Wirtschaft birgt zumindest das Beamtenverhältnis ein relativ großes Maß an Sicherheit, das für viele potenzielle Studenten eine anziehende Perspektive darstellt, auch wenn es mit Nachteilen auf anderen Gebieten erkauft wird. Inwieweit der Aspekt eine Rolle spielt, nach dem Studium in einem Bereich tätig zu werden, den man aus anderer Perspektive bereits kennt – ebenfalls ein weit verbreitetes Vorurteil – ist erstaunlich wenig untersucht.
Andererseits kommt im Zweifelsfall für Lehrer neben dem persönlichen Unglück, zu spät festzustellen, in einem Beruf gelandet zu sein, den man nicht auszufüllen vermag, ein besonderer Verantwortungssspekt hinzu. Dieser kann – es geht um die Erziehung und Bildung junger Menschen – kaum hoch genug eingeschätzt werden.
Bei allen Bemühungen, Strukturen im Lehramtsstudium zu verändern und Studenten früher an spätere Real- und Alltagssituationen zu führen ist es auch heute noch leicht möglich, große Teile der Ausbildung zu absolvieren oder diese auch abzuschließen, bevor möglicherweise der Praxisschock den eignen Ambitionen ein Ende macht. Dass nach derart hohen Investitionen die Latte hoch liegt, aus einer entsprechenden Erkenntnis die Konsequenzen zu ziehen, liegt auf der Hand.
Potentielle Lehramtsstudenten in Deutschland sind heute vor allem gefragt zu entschieden, auf welche Schulform sie Ihr Studium und das darauffolgende Referendariat fokussieren sollen. Eine ähnliche Rolle spielt die Wahl der Fächerkombination, für die es in verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Einschränkungen gibt. Einige Bundesländer bieten zudem Lehramtsfächer, die es in anderen Bundesländern gar nicht gibt. Diese Überlegungen überlagern häufig die Frage nach der grundsätzlichen eigenen Eignung. Längst nicht an allen Hochschulen gibt es überdies entsprechende Angebote. Von einer bundesweit koordinierten Eignungsfestellung bereits vor Aufnahme des Lehramts, ist die Schul- und Bildungspolitik derzeit weit entfernt.
Ein gemeinsames Eignungsfeststellungsverfahren samt Beratungs- und Qualifizierungsangeboten entwickeln derzeit die Pädagogische Hochschule Karlsruhe (PH KA) und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Aufbauend auf jeweils bestehenden Strukturen soll der „Karlsruhe individual Aptitude Check for Teachers“ (KAiAC-T) ab dem Sommersemester 2020 zur Verfügung stehen und für alle Bachelor-Studierenden im Lehramt – von der Primarstufe über die Sekundarstufe I (PH KA) bis zur Sekundarstufe II (KIT) – verpflichtend sein.
Der dreistufige Check über sechs Semester umfasst eine Lernplattform mit videogestütztem Self-Assessment zu typischen Szenen aus den Schulalltag, ein interaktives Peer-Assessment in Kleingruppen, das einen fächerübergreifenden Austausch zu Erfahrungen aus den Praktika ermöglicht, sowie eine wissenschaftlich basierte Eignungsreflexion auf Basis eines Assessment-Tagebuchs, die nach Bedarf mit einem individuellen Feedback abschließt. Ergänzt wird der Check durch Beratungs- und Qualifizierungsangebote, die von speziell ausgebildeten Mentoren durchgeführt werden. Die Teilnahme am Eignungsfeststellungsverfahren soll Voraussetzung werden, für die Zulassung zum Masterstudium Lehramt.
Projektleiterin Silke Traub ist naturgemäß vom Erfolg überzeugt.
„Mit KAiAC-T geben wir Lehramtsstudierenden frühzeitig die Möglichkeit zur Selbstreflexion über ihre individuelle Eignung als Lehrer oder Lehrerin“, so die so die Professorin für Schulpädagogik der PH KA. Das Eignungsfeststellungsverfahren sei wichtig, „damit die Studierenden sich selbst und den Beruf eines Lehrers und einer Lehrerin besser kennenlernen und entscheiden können, ob es der richtige Beruf für sie ist“,
Ein weiteres Ziel umreisst Alexander Woll, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Lehrerbildung am KIT. Durch die Selbstreflexion „während des gesamten Bachelorstudiums „ und flankierenden Beratungs- und Begleitstrukturen bleibe „das Ziel des Lehramtsstudiums – nämlich die Arbeit als Lehrkraft an einer Schule – von Beginn an über das komplette Studium präsent“. (zab, pm)
„Wir prüfen einfach zu viel“: Lehramtsstudium soll leichter werden
Entschuldigung, aber das gibt es an der Uni Passau schon etliche Jahre.
rfalio
Da die Abbruchquoten bei den Lehramtsstudenten teilweise enorm hoch sind, machen solche „Eignungsfeststellungen“ Sinn. Jeder, der abbricht (was ich aber legitim finde), nimmt ja einem anderen den Platz weg, der ihn seinetwegen nicht bekam.
Na ja, der Hauptgrund für die Abbrecher ist eine fachwissenschaftliche Überforderung. Ob dann die Eignungsfeststellung tatsächlich das misst, was sie messen soll, und ob sie die Abbrecherquote reduzieren kann, weiß ich nicht. Für geeigneter halte ich eine bessere Studenten-Dozenten-Relation, generell die Schaffung von mehr Studienplätzen und ein wesentlich anspruchsvolleres Abitur, damit sich nur Schüler mit einer geeigneten Begabung und Arbeitshaltung überhaupt an die Hochschulen trauen.
„Das derart hohen Investitionen die Latte hoch liegt, aus einer entsprechenden Erkenntnis die Konsequenzen zu ziehen liegt auf der Hand.“ Handelt es sich hier um einen Satz mit zwei Rechtschreibfehlern oder um unverständliche Gedanken?
Danke für den Hinweis/die Frage. Der Satz ist jetzt korrigiert, so dass der Gedanke verständlich werden sollte.
Stimmt, jetzt ist nur noch das anfängliche „Das“ falsch, und richtiges Unterscheiden zwischen „das“ und „dass“ ist modernen Menschen eh nicht mehr vermittelbar.
Tut mir leid, aber das finde ich ein bisschen von oben herab. Die Unterscheidung von -das- (4 Varianten) und -dass- (1 Variante) fiel immer den meisten Menschen schwer, auch als -dass- noch -daß- geschrieben wurde.
Sehr oft handelt es sich bei Leuten, die es eigentlich wissen, einfach um Tippfehler.
… wenn 4 das-Varianten als -das- geschrieben werden, stellt sich zurecht die Frage, warum 1 Variante durch eine Andersschreibung (dass) unterschieden werden MUSS !
Ich hoffe, die nächste Rechtschreibreform nimmt sich das endlich mal vor.