Mit einer zweitägigen Konferenz unter dem Motto „Bildung, bitte!“ ist der bundesweite Bürgerrat Bildung und Lernen nach fünf Jahren intensiver Arbeit zu Ende gegangen – und zugleich in einen neuen Abschnitt gestartet. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit, neue Impulsgeber für die Umsetzung in der Praxis sowie die starke Beteiligung junger Menschen, darunter zahlreiche Schülervertretungen aus mehreren Bundesländern und viele junge Bürgerrät*innen.
Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – darunter etwa 80 Gäste aus Politik, Bildungsverbänden, Organisationen und Gewerkschaften – diskutierten engagiert, wie sich die Empfehlungen des Bürgerrats in konkrete Praxis überführen lassen, und trafen teilweise bereits Vereinbarungen für die Weiterarbeit in ihren Regionen, Organisationen oder Bildungseinrichtungen.
Die Montag Stiftung Denkwerkstatt machte in Berlin deutlich, dass auf den Bürgerrat ein Folgeprojekt vorbereitet wird, das die Idee breiter Beteiligung weiterführt – mit neuen Formaten, stärkerer regionaler Verankerung und dem Anspruch, Beteiligung im Bildungsbereich dauerhaft zu stärken.
„Dieses Projekt endet, aber sein Impuls wirkt weiter“
„Wir stehen nicht am Ende, sondern an einem Übergang“, sagte Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Denkwerkstatt. Der Bürgerrat habe gezeigt, „wie kraftvoll Bürger*innen, Kinder und Jugendliche gemeinsam denken und gestalten können. Dieses Projekt endet, aber sein Impuls wirkt weiter.“
Imhäuser hob hervor, dass die Abschlusskonferenz eindrucksvoll sichtbar gemacht habe, wie ernsthaft und konstruktiv die Teilnehmenden an der Umsetzung ihrer Empfehlungen arbeiten. Dies bestätige den Grundgedanken des Bürgerrats: Wenn Menschen Verantwortung bekommen, übernehmen sie sie – und verändern damit auch Institutionen.
Erste Ergebnisse und Vereinbarungen: Kinder und Jugendliche im Zentrum
Zu den wichtigsten Impulsen der Konferenz gehören:
- Verbindliche Zusagen mehrerer anwesender Bildungsorganisationen, Verbände und Netzwerke, die Empfehlungen des Bürgerrats in ihre eigene Arbeit einzubinden.
- Starke Präsenz junger Menschen: Zahlreiche Schülervertretungen aus Rheinland-Pfalz, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Thüringen und Berlin beteiligten sich aktiv – viele von ihnen wollen künftig gemeinsam an Themen wie Mitbestimmung, Chancengerechtigkeit und Lernkultur arbeiten.
- Ein breiter Konsens darüber, dass Kinder- und Jugendbeteiligung dauerhaft gestärkt werden muss – in Schulen, in Gremien und in politischen Entscheidungsprozessen.
„Wir wollen mitbestimmen!“: Gemeinsame Erklärung junger Menschen
Mit der Aktion „Wir wollen mitbestimmen!“ starteten junge Bürgerrät*innen gemeinsam mit der Bundesschülerkonferenz eine bundesweite Beteiligungsinitiative. Sie fordern, dass Entscheidungen über Schule und Bildung nicht länger ohne die Betroffenen getroffen werden.
Die Erklärung beruft sich auf Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention: Kinder und Jugendliche müssen im schulischen Alltag erfahren, dass ihre Stimme zählt. Sie beschreiben, dass sie noch immer zu selten in wichtige Fragen einbezogen werden – obwohl sie täglich erleben, was funktioniert und was verändert werden müsste. Ihr Anliegen bringen sie auf den Punkt: „Wir sind nicht die Zukunft, die irgendwann einmal kommt. Wir sind die Gegenwart – und wir wollen mitbestimmen. Jetzt.“
Die vollständige Erklärung ist als gesondertes Dokument hier herunterladbar.
Ausblick: Reflexionsbericht, Film-Dokumention und neue Beteiligungsformate
Zu Beginn des kommenden Jahres erscheint ein umfangreicher Reflexionsbericht, der die fünfjährige Arbeit des Bürgerrats zusammenfasst und einordnet. Parallel entsteht eine Filmserie, die im ersten Halbjahr 2026 veröffentlicht wird und Prozesse sowie Erfahrungen dokumentiert.
Ab 2026 plant die Stiftung bundesweite Ausschreibungen, mit denen in verschiedenen Kommunen und Ländern neue Bürger- und Jugendzukunftsräte Bildung und Lernen aufgebaut werden. Ergänzt wird dieser Weg durch eine jährliche Vernetzungs- und Fachveranstaltung sowie durch den Aufbau einer offenen digitalen Plattform, die Wissen, Methoden und Materialien des Bürgerrats öffentlich zugänglich macht.
„Beteiligung verändert – und das bleibt“, betonte Imhäuser. Die Erfahrungen des Bürgerrats würden nun gezielt in Städte, Regionen und Schulen getragen – dorthin, wo Bildung konkret gestaltet wird.
Höhepunkte der zweitägigen Abschlusskonferenz
Die Abschlusskonferenz spiegelte ein letztes Mal die Arbeitsweise des Bürgerrats wider: offen, dialogorientiert und partizipativ.
Der Auftakt am Freitag in der Evangelischen Schule Berlin Zentrum brachte Bürgerrätinnen, Schülerinnen und Schüler, Wissenschaft, Praxis sowie Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft zusammen. In einer Talkrunde diskutierten u.a. Felix Voss (Bürgerrat), Ayla Celik (GEW NRW) und Heinz-Peter Meidinger (Deutscher Lehrerverband), ob längeres gemeinsames Lernen Chancengleichheit erhöhen könne. Anschließend ging es in einem Live-Podcast mit Prof. Sebastian Kurtenbach, Tomi Neckov (VBE) und jungen Bürgerrätinnen darum, „warum Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“.
Der zweite Tag im Radialsystem startete mit einer gemeinsamen Begrüßung junger und erwachsener Bürgerrät*innen. Eine Bildergalerie und mehrere Wortbeiträge boten einen kompakten Rückblick auf die fünfjährige Arbeit. Speed-Dating-Formate führten die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch.
In insgesamt neun Workshops vertieften die Teilnehmenden zentrale Themen des Bürgerrats – von frühkindlicher Bildung über Demokratiebildung und berufliche Orientierung bis hin zu Bildungsungleichheit, Perspektiven junger Menschen und internationalen Beteiligungsmodellen. Die Ergebnisse wurden systematisch verschriftlicht und ins Plenum getragen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion und einem weiteren Live-Podcast diskutierten Gäste aus Wissenschaft, Verbänden und Praxis – darunter GEW, VBE, Bundeselternrat und Bundesschülerkonferenz. Andreas Schleicher (PISA) war per Videoschalte zugeschaltet, Bremens Bildungssenator Mark Rackles nahm vor Ort teil. Im Mittelpunkt standen die priorisierten Zielbilder der Bürgerräte und die Frage, welche Schritte notwendig sind, um deren Umsetzung voranzubringen.
Hohe Zustimmung aus der Praxis
Eine bundesweite Umfrage unter 1.134 Lehrkräften und Schulleitungen, deren Ergebnisse auf der Konferenz vorgestellt wurden, belegt eine breite Unterstützung vieler Empfehlungen des Bürgerrats Bildung und Lernen in der schulischen Praxis, vor allem für digitale Lernformen (86 Prozent Zustimmung), mehr demokratische Bildung (86,6 Prozent) und die Wahlfreiheit zwischen Ganztag und Halbtag (über 80 Prozent). Auch die Idee, Hausaufgaben durch Vertiefungsstunden zu ersetzen, findet mit 63,8 Prozent Zustimmung deutliche Resonanz, besonders in Grund- und Förderschulen. Kritisch sehen die Befragten hingegen Reformen der Leistungsbewertung: 71 Prozent lehnen Noten erst ab Klasse 9 (wie vom Bürgerrat empfohlen) ab. Insgesamt zeigen sich Grund- und Förderschulen reformoffener als Gymnasien und berufliche Schulen; Schulleitungen befürworten Veränderungen häufiger als Lehrkräfte.
Informationen zum Bürgerrat Bildung und Lernen
Mehr als 700 zufällig ausgewählte Menschen aus allen Teilen der Republik haben in den zurückliegenden fünf Jahren Empfehlungen für eine zukunftsfähige und gerechte Bildung erarbeitet. Was diesen Bürgerrat von vielen anderen unterscheidet: Gemeinsam mit den Erwachsenen sitzen hier auch Kinder und Jugendliche (U16) gleichberechtigt mit am Tisch. Ins Leben gerufen wurde der Bürgerrat von der unabhängigen und gemeinnützigen Montag Stiftung Denkwerkstatt in Bonn. Weitere Informationen zum Bürgerrat: www.buergerrat-bildung-lernen.de
Dies ist eine Pressemitteilung der Montag Stiftung Denkwerkstatt.
