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Realistischer Blick: Jeder zweite Jugendliche glaubt nicht an gleiche Bildungschancen (die’s auch tatsächlich nicht gibt)

BERLIN. Jeder zweite Jugendliche und junge Erwachsene (52 Prozent) glaubt nicht an Chancengleichheit bei der Bildung. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa hervor. 48 Prozent glauben dagegen, dass die soziale und kulturelle Herkunft für die Bildungschancen keine Rolle spielt. Die Schüler sind umso kritischer, je höher ihr Bildungsgrad ist: So hält jeder dritte Haupt- und Realschüler (33 Prozent) die Chancen für ungleich, bei den Gymnasiasten sind es 59 Prozent. Tatsächlich sind die Bildungschancen in Deutschland ungleich – woran die morgen (Dienstag, 29. November) mal wieder erscheinende Studie TIMS uns erinnern wird.

Gefragt nach den Faktoren für eine gute Bildung nennen 92 Prozent die Motivation des Kindes. Fast genauso viele (88 Prozent) sind der Ansicht, dass es auf die Zuwendung und Unterstützung der Eltern ankommt. 87 Prozent glauben, dass die Qualität der Schule und der Lehrer einen großen Einfluss hat. Fast ein Drittel (31 Prozent) hält die Herkunft für entscheidend. Für die Studie wurden im Auftrag des Stifterverbands, der SOS Kinderdörfer sowie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zwischen dem 17. Oktober und dem 4. November 1001 junge Menschen zwischen 14 und 21 Jahren befragt.

Der renommierte Bildungsforscher Wilfried Bos hat die deutsche Schulpolitik vor Genügsamkeit angesichts leicht verbesserter Ergebnisse bei internationalen Vergleichstests gewarnt. Zu nachlassendem Reformeifer hätten auch die einigermaßen zufriedenstellenden TIMSS-Studien der Jahre 2007 und 2011 zu Viertklässlern in Mathematik und Naturwissenschaften keinen Anlass geboten, sagte der Dortmunder Professor für Schulentwicklungsforschung am Montag  in Berlin.

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«Denn es gibt leider eine Kontinuität der sozialen Ungleichheit im deutschen Bildungssystem», der Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg sei immer noch viel zu eng, erklärte Bos, der die deutsche TIMS-Studie 2015 mitverantwortet. Zudem sei auch bei der Studie vier Jahre zuvor wieder festgestellt worden, dass deutsche Zehnjährige zu selten die oberste Kompetenzstufe erreichen (nur fünf bis sieben Prozent) und dass die Zahl der «Risikoschüler» viel zu hoch sei. «Wir haben trotz eines guten Mittelfelds auch um die 20 Prozent unterhalb der Kompetenzstufe 3. Auf gut Deutsch: Diese Schüler sind nicht fit für die Sekundarstufe 1.»

TIMSS steht für «Trends in International Mathematics and Science Study». Weltweit ließen sich 2015 mehr als 300 000 Grundschüler in gut 50 Staaten und Regionen testen, außerdem beteiligten sich rund 250 000 Eltern, 20 000 Lehrer und 10 000 Schulleiter. Die Ergebnisse der auch an 200 deutschen Grund- und Förderschulen organisierten Untersuchung mit etwa 4000 Kindern der vierten Jahrgangsstufe präsentiert Bos am Dienstag in Berlin. Agentur für Bildungsjournalismus / mit Material der dpa

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