GREIFSWALD. Eine 600 Demonstranten umfassende Menschenkette umschloss am Samstag die Universität und das Rathaus im vorpommernschen Greifswald. Sie protestierten damit gegen den Beschluss des Uni-Senats, den Namen des umstrittenen Publizisten Ernst-Moritz Arndt abzulegen. Heute sind weitere Demonstrationen angekündigt.
Mit einer Menschenkette in der Innenstadt von Greifswald haben am Samstag nach Polizeiangaben rund 600 Menschen für den Erhalt des Namens «Ernst Moritz Arndt» an der Universität demonstriert. Die vorwiegend älteren Demonstranten forderten den Senat der Universität Greifswald auf, die Entscheidung zur Ablegung des Namens des umstrittenen Patrons Arndt (1769-1860) zu überdenken. Mit der Menschenkette wurden Universität und Rathaus «umarmt» – als Ausdruck der Verbundenheit der Stadt mit ihrer 1456 gegründeten Hochschule, wie die Sprecherin der Bürgerinitiative «Ernst Moritz Arndt bleibt», Grit Wuschek, sagte. Die Veranstalter gingen von bis zu 1000 Demonstranten aus, die sich an der Menschenkette beteiligten.
Der Senat der Universität hatte am 18. Januar mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit die Ablegung des Namens beschlossen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Er muss vom Kultusministerium genehmigt werden. Dort liegen nach Angaben eines Sprechers 13 Beschwerden gegen den Beschluss vor. Schon 1998, 2001 und 2010 waren an der Hochschule Diskussionen um den Namenspatron entbrannt. In Abstimmungen waren die Arndt-Gegner bislang unterlegen.
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sascha Ott warf der Universität am Samstag vor, solange abgestimmt zu haben, bis das Ergebnis gepasst habe. «Wer den Menschen die Identität raubt, öffnet die Flanke für Radikale», sagte Ott. Historische Personen könnten nur aus ihrer Zeit heraus begriffen werden. Die Argumente der Arndt-Gegner seien scheinheilig, sagte Ott. Diejenigen, die für die Ablegung des Namens gestimmt hätten, gäben vor, weltoffen und tolerant zu sein, akzeptierten aber nicht, dass Arndt ein Teil der Geschichte Pommerns sei.
Arndts Rolle in der Geschichte ist umstritten. Historiker kritisieren, der in Pommern geborene Arndt sei antisemitisch und nationalistisch gewesen. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. Andere loben Arndts Kampf für die deutsche Einheit und Demokratie im 19. Jahrhundert. Bundesweit sind Straßen, Schulen und Kasernen nach ihm benannt. Der Name «Ernst Moritz Arndt» war der Uni Greifswald 1933 durch den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring genehmigt worden.
Am Sonntag sind zwei Demonstrationen geplant, eine von der nationalkonservativen Initiative «Das ist unser Ernst». Diese Bürgerinitiative ist initiiert von Anhängern der Pegida-nahen Greifswalder Bewegung «Frieden, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit» (FFDG). Der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität und das Bündnis «Greifswald für Alle» setzen sich bei ihrer Demonstration dafür ein, die Senats-Entscheidung zu akzeptieren. Sie wollen unter dem Motto «Für die Universität, für Greifswald, für Menschenrechte» für eine weltoffene, tolerante Gesellschaft demonstrieren. (dpa)
Schmuddeliger Patron: Uni Greifswald legt Namen «Ernst Moritz Arndt» ab