BERLIN. Werdende Mütter können ihr Kind bereits in der Schwangerschaft immer besser auf Erbkrankheiten testen lassen. Eine Folge: In Deutschland kommen kaum noch Babys mit Trisomie 21 – auch bekannt als Down-Syndrom – zur Welt. Etwa neun von zehn betroffenen Schwangeren lassen in Deutschland bei einer Trisomie 21 einen Abbruch vornehmen – so schätzen es zumindest Experten, belastbare Zahlen gibt es nicht. Am 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag.
Statistisch gesehen kommt bei etwa 600 bis 700 Geburten ein Baby mit Downsyndrom zur Welt. Menschen mit Down-Syndrom haben in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden, daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Wie sehr das zusätzliche Chromosom die Betroffenen körperlich einschränkt, kann sehr unterschiedlich sein.
Im vergangenen Jahr wurde die Geburt eines Downsyndrom-Kindes als Arztfehler vor Gericht verhandelt. Eltern hatten gegen Frauenärzte geklagt, weil diese nicht entdeckt hatten, dass ihr Kind Trisomie 21 hat. Sie argumentierten, sie hätten die Schwangerschaft abgebrochen, wenn sie von der Behinderung gewusst hätten. Die Klage wurde abgewiesen.
In der Schweiz werden dem Bundesamt für Statistik zufolge jährlich nur noch weniger als 90 Menschen mit Trisomie 21 geboren. 2015 gab es etwa 10.000 Abtreibungen – wie viele Frauen sich aufgrund einer Fehlbildung des Fötus dazu entschieden, sagt die Statistik allerdings nicht. „Die Schweiz ist in der Praxis noch sehr separativ unterwegs, nicht integrativ und schon gar nicht inklusiv“, sagt Barbara Habegger von der Elternvereinigung Insieme21. Die Kinder hätten Anspruch auf den Besuch einer Regelschule. Aber oft lehnten Schulen sie unter fadenscheinigen Gründen ab, etwa, weil angeblich das Klassenzimmer nicht groß genug für ein Kind und seine Heilpädagogin sei.
In Dänemark bietet das öffentliche Gesundheitssystem allen Schwangeren seit 2004 einen Test an – bestehend aus Ultraschall-Untersuchung und Blutprobe -, der das Risiko für die Geburt eines Kindes mit Downsyndrom anzeigen soll. Seitdem ist die Zahl der mit Trisomie 21 geborenen Kinder laut der landesweiten Vereinigung Down-Syndrom erheblich gesunken. 2015 kamen demnach in Dänemark nur noch 31 Kinder mit der Behinderung zur Welt.
Auch in Schweden werden immer mehr Kinder mit Downsyndrom abgetrieben, wenn die Behinderung schon in der Schwangerschaft erkannt wird. In der Zeitung “Aftonbladet” warnte der Medizinethik-Professor Nils-Eric Sahlin im vergangenen Jahr davor, eine Richtung wie Dänemark einzuschlagen: Gebe es immer weniger Menschen, die anders seien, sinke die Akzeptanz von Vielfalt in der schwedischen Gesellschaft. dpa