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Niedersachsen: Abschluss des „Islamvertrags“ bleibt fraglich

HANNOVER. Niedersachsens neuer Wissenschaftsminister Björn Thümler ist schon lange als Skeptiker gegenüber einem Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden profiliert. Nun soll möglicherweise die Zuständigkeit für Religionsfragen vom Kultusministerium auf Thümlers Ressort übergehen.

Niedersachsens neuer Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) sieht einen neuen Anlauf für einen Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden äußerst skeptisch. «Wir müssen schauen, was überhaupt Sinn macht», sagte Thümler, dessen Ressort gerade über eine Übernahme der Zuständigkeit für Religionsfragen mit dem Kultusministerium berät, dem Bremer «Weser-Kurier». «Wir könnten vielmehr auch mit vielen Einzelvereinbarungen sehr weit kommen.» Er sträube sich immer noch, die Muslime in ein staatskirchenrechtliches System zu pressen. In der abgelaufenen Legislaturperiode hatte die rot-grüne Regierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) den fast fertigen Vertrag mit den Muslimverbänden Ditib und Schura auf Eis gelegt.

Unter Thümlers Führung war die CDU-Fraktion bereits 2016 aus den Verhandlungen über den Islamvertrag ausgestiegen. Foto: Foto AG Gymnasium Melle (CC-BY-SA 3.0)

Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU sei nun festgelegt, dass noch Gutachten etwa zur Staatsferne des türkischen Moscheeverbandes Ditib eingeholt werden sollten, erklärte der Minister. Dieser Streitpunkt war insbesondere nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei und der verschärften Politik des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan einer der Gründe für den Aufschub des Staatsvertrages mit den Muslimen.

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Die muslimischen Verbände hatten empört auf den Kurswechsel der neuen Landesregierung reagiert. Die Muslime wünschten sich eine Begegnung auf Augenhöhe und eine Gleichbehandlung statt Ausgrenzung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Ditib und Schura. Eine vorbildliche Arbeit ohne störende Einmischung aus Ankara wurde der Ditib Niedersachsen/Bremen bereits durch ein Gutachten im Auftrag des Landtags bescheinigt.

«Es gibt keinen ersichtlichen Grund, jetzt von dem Vorhaben Staatsvertrag abzurücken», erklärte der Schura-Vorsitzende Recep Bilgen. «Muslime in Niedersachsen wollen keine Sonderbehandlungen oder Sonderwege, sondern eine Vereinbarung, wie sie in anderen Bundesländern bereits erfolgreich umgesetzt wurde und mit Erfolg praktiziert wird.» Alles andere wäre ein fatales Signal.

Ähnlich wie in den Nachkriegsjahren mit der evangelischen und der katholischen Kirche und später mit der jüdischen Gemeinschaft – so die Idee – sollte mit den Muslimen ein Staatsvertrag geschlossen werden, der ihre Beziehung zum Land regelt. Darin geht es im Wesentlichen um viele praktische Regelungen für das alltägliche Leben, die schon vor Jahren Schritt für Schritt vereinbart wurden: Der islamische Religionsunterricht wurde in einem Modellprojekt erprobt und ist längst Regelfach. Eine muslimische Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen wurde ermöglicht, außerdem wurden Absprachen zum Bestattungswesen getroffen. Hamburg und Bremen etwa haben bereits einen solchen Vertrag. (dpa)

Er sollte Regelungen zum Religionsunterricht und Bestattungswesen zusammenfassen – Niedersachen legt Staatsvertrag mit Muslimen erst mal auf Eis

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