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Kita-Pflicht für mehr Bildungsgerechtigkeit? Vorschlag stößt auf wenig Gegenliebe

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BERLIN.Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) stößt mit seiner Forderung nach einer Kita-Pflicht für alle Kinder auf eine breite Ablehnung im Abgeordnetenhaus. Sowohl Vertreter der Regierungsfraktionen Linke und Grüne als auch der Oppositionsparteien CDU und AfD erteilten dem Vorstoß  eine Absage. Immerhin: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh sprang seinem Parteifreund bei.

Nachfolger von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel. Foto: SPD Berlin / Joachim Gern

Hikel sieht in einer Kita-Pflicht die große Chance, allen Kindern gleiche Startchancen zu geben. In einem dpa-Interview vom Wochenende verwies er etwa auf Kinder in seinem Bezirk, die sich nicht altersgerecht auf Deutsch verständigen könnten. Solche Kinder aus Elternhäusern mit anderer Muttersprache müssten möglichst früh mit Kindern deutscher Muttersprache in Berührung kommen. «Und dies sollte gezielt in unseren Bildungseinrichtungen erfolgen, denn auf der Straße funktioniert es nicht.» Ab wann die Kita-Pflicht greifen soll, müsse gesellschaftlich ausgehandelt werden, so Hikel.

SPD-Fraktionschef Saleh hatte sich bereits 2013 für eine allgemeine Kita-Pflicht für Kinder ab drei Jahren ausgesprochen. Er stieß damit auch innerhalb seiner Partei auf Skepsis. «Den verbindlichen Besuch einer Kita halte ich nach wie vor für sehr vernünftig», sagte er nun zum Hikel-Vorstoß. «Hier werden Kinder gebildet und Vorurteile abgebaut. Kinder gehören in die Kita und nicht vor dem Fernseher geparkt.» Bildungsferne mache die Demokratie kaputt.

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Linke-Fraktionschefin Carola Bluhm sprach von einer «populistischen Scheindebatte» im Sommerloch. Schon jetzt besuchten 95 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen eine Kita. «Solange wir es in Berlin aber noch nicht hinbekommen, allen Eltern, die es wollen, zügig einen Kita-Platz anzubieten und noch nicht einmal jene, die aufgrund von Sprachdefiziten dazu verpflichtet wären, versorgen können, klingt der Ruf nach einer Kita-Pflicht in deren Ohren wie Hohn.»

Ähnlich argumentierte Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel. «Die wichtigste Aufgabe Berlins ist, ausreichend und qualitativ hochwertige Kita-Plätze bereitzustellen, um alle Kinder gut zu versorgen.» Sie sehe eine Kita-Pflicht daher sehr kritisch. «Sie lenkt von den drängenden Problemen wie zu wenig Plätzen in Kiezen wie Neukölln oder der unzureichenden Bezahlung der Kita-Erzieher ab. Mit solchen Nebendiskussionen wird die Kita-Krise nicht abgewendet.»

Die CDU-Politikerin Hildegard Bentele betonte: «Eltern müssen frei entscheiden können, ob sie ihre Kinder in eine Kita schicken.» Auch sie erinnerte daran, dass Kinder mit Sprachdefiziten bereits heute 18 Monate vor Einschulung in den Kitas gefördert werden müssen. «Wenn die Senatsbildungsverwaltung ihren Job richtig machen und dies umsetzen würde, dann hätten wir damit heute schon annähernd 100 Prozent der Kinder in einer Kita.»

Die AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann betonte, die Entscheidung über Erziehung und Betreuung der Kinder obliege allein den Eltern. «Lediglich für den Fall, dass die Eltern nicht in der Lage sind, ihrem Kind ausreichende deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln, wäre ein Kita-Pflicht denkbar. Allerdings sollte dieser Zwang nur angewendet werden, wenn das Aufenthaltsrecht der betroffenen Familie abschließend positiv geklärt ist.»

Der FDP-Politiker Paul Fresdorf sagte, er teile Hikels Befund bezüglich der Sprachkenntnisse vieler Kinder bei der Einschulung. Seine Fraktion wolle daher die Schulpflicht auf das letzte Kita-Jahr ausweiten, um die Kinder «schulreif» zu bekommen. «Der FDP ist Chancengleichheit wichtig», so Fresdorf. dpa

Neukölls Bezirksbürgermeister will Kita-Pflicht

 

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