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…und sie bewegt sich doch? KMK berät über einen Staatsvertrag, der die Zusammenarbeit neu regeln soll – Philologen: „Haben Sie Mut!“

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BERLIN. Der Bildungsföderalismus ist in der Krise. Fast 70 Prozent der Bundesbürger wünschen sich laut einer im Februar veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, dass der Bund stärker mitbestimmt. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) lehnt die Zuständigkeit der Länder ganz ab. Nur knapp jeder Dritte findet es demnach gut, dass die Länder bei der Bildung den Hut auf haben. Dieser Müdigkeit will die Kultusministerkonferenz (KMK) nun einen neuen Staatsvertrag entgegensetzen, der vor allem für mehr Vergleichbarkeit bei den Abschlüssen sorgen soll. Der Philologenverband zeigt sich im Vorfeld der anstehenden KMK-Sitzung skeptisch.

Und sie bewegt sich doch…? Foto: berwis / pixelio.de

„Der Deutsche Philologenverband erwartet eine kritische Rückschau, eine bessere Steuerung und eine grundlegende Reform der Kultusministerkonferenz“, sagt Verbandschefin Susanne Lin-Klitzing. „Die KMK muss einlösen, was sie verspricht. Ihre Daseinsberechtigung steht auf dem Prüfstand.“

Tatsächlich ist die KMK zuletzt mehr durch Pannen aufgefallen. So musste sie ihre Bedarfsprognosen für den Lehrerarbeitsmarkt gleich zwei Mal von der Bertelsmann Stiftung korrigieren lassen – wie der Bildungsökonom Prof. Klaus Klemm der KMK (und der erstaunten Öffentlichkeit) vorrechnete,  fehlen bis 2025 mindestens 26.300 Lehrer an Grundschulen fehlen. Die KMK war bislang von 15.300 ausgegangen (News4teachers berichtete). Ebenfalls kaum vermittelbar war das Hickhack um das Mathe-Abitur, bei dem Aufgaben aus dem zentralen Pool von einigen Ländern – nach Schülerprotesten – als zu schwierig bewertet und deshalb die Ergebnisse hochgestuft wurden. Von anderen aber nicht (News4teachers berichtete).

Fast absurde Vielfalt an Schulbezeichnungen – wer blickt da noch durch?

Dass die 16 unterschiedlichen Schulsysteme mit ihrer fast absurden Vielfalt an Schulbezeichnungen wie „Realschule plus“, „Sekundarschule“ oder „Stadtteilschule“ ein Mehr an Vergleichbarkeit brauchen, zumindest das ist Konsens unter den Kultusministern. Viel mehr aber wohl auch nicht. Ein bundesweites Zentralabitur beispielsweise wird von vielen abgelehnt. „Ich sehe nicht, dass wir alle offenen Fragen des Bildungssystems auf einen Schlag lösen werden. Aber im Moment ist in den Entwürfen eigentlich keine einzige Frage gelöst“, sagt Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), der die SPD-geführten Bildungsministerien koordiniert, laut „Tagesspiegel“. Rabe: Die vorliegenden Entwürfe seien noch „so unkonkret, dass sie unsere öffentlichen Versprechungen zurzeit noch nicht erfüllen.“

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die die unionsgeführten Bildungsministerien koordiniert, zeigt sich laut Bericht optimistischer. Die Länder hätten sich immerhin darauf verständigt, dass sie im Staatsvertrag „Aussagen zur Vergleichbarkeit des Abiturs“ wollten und auch zur Vergleichbarkeit anderer Abschlussprüfungen.

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„Verwalten Sie nicht nur die Bildungsinteressen der Länder“

Doch reicht das, um den Föderalismus zu beleben? Dem Philologenverband nicht. „Haben Sie den Mut, die KMK in ein zukunftsfähiges und auf Expertise beruhendes System zur Steuerung der Bildungspolitik zu entwickeln und verwalten Sie nicht nur die unterschiedlichen Bildungsinteressen der Länder“, so schmettert die Vorsitzende Lin-Klitzing den Kultusministern entgegen. Angesichts von 20 Jahren empirischer Bildungsforschung, regelmäßig durchgeführten Ländervergleichstests und IQB-Bildungstrends sei es an der Zeit, tatsächlich ernst damit zu machen, strukturelle Bildungsungleichheiten zwischen den Ländern endlich anzugehen. In den vergangenen 20 Jahren habe sich an den Verlierern und Gewinnern in den Rankings, Bremen und Berlin einerseits und Sachsen und Bayern andererseits, praktisch nichts verändert. Damit müsse Schluss sein – im Interesse der Schülerinnen und Schüler

Darüber hinaus müsse sich die KMK selbstkritisch fragen: Welche substanziellen Vereinbarungen sind in den letzten zehn Jahren getroffen und welche Ergebnisse erreicht worden, um die drei Bildungsabschlüsse Hauptschulabschluss, Realschulabschluss und Abitur auf höherem Leistungsniveau zwischen den Ländern vergleichbarer zu gestalten? Liegen ländergemeinsame schriftliche Prüfungsaufgaben für alle Kernfächer für alle Bildungsabschlüsse mit Vereinbarungen für vergleichbare Prüfungsbedingungen vor? Sind in den letzten zehn Jahren die Anforderungen für die Einbringungen aus der gymnasialen Oberstufe in Abiturwertung auf höherem Niveau vergleichbarer geworden? Wenn der geplante Bildungsstaatsvertrag inhaltlich nicht mehr enthalte, als dass die Bundesländer sich nun wirklich an ohnehin schon gemeinsam getroffene Verabredungen halten wollen, reiche das für eine verantwortungsbewusstere Steuerung des Bildungswesens nicht aus, so meint die Philologen-Chefin.

Vorschlag: ein unabhängiger KMK-Präsident, für drei Jahre gewählt

Lin-Klitzings Vorschlag: einen KMK-Präsidenten zu installieren, der nicht aus den Reihen der Bildungsminister kommt und eine dreijährige Amtszeit bekommt. „ In der Bildungspolitik müssen die dicken Bretter langfristig gebohrt werden, das kann solide nicht in einer einjährigen Amtszeit gelingen!“, meint Lin-Klitzing. Eine Umsetzung ihres Vorschlags hätte zumindest schon mal den Effekt, dass sich damit ein Neubeginn markieren ließe. Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Späte Sommerferien? Ja bitte! Die Kultusminister kämpfen um die Ferienordnung

 

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