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Deutsch Skandinavische Schule: „Uns ist es wichtig, dass unsere Schüler die treibende Kraft sind“

BERLIN. „Wir machen Berlin ein bisschen bunter“ – das verspricht die Deutsch Skandinavische Gemeinschaftsschule, die mit ihrem reformpädagogischen Ansatz die Bundeshauptstadt aufmischt und sich dabei auf zwei berühmte Vertreter der Zunft beruft: Maria Montessori und Jesper Juul. „Wir sind eine Schule, in der skandinavische Sprache und Kultur auf die deutsche trifft. Ob dänisch, norwegisch, schwedisch oder deutsch – wir verbinden skandinavische Schulkultur mit Montessori-Pädagogik“, so lautet die Selbstdarstellung. Wir wollten mehr wissen – und sprachen mit dem kommissarischen Leiter Jarl Schultz.

Pädagoge aus Leidenschaft: Jarl Schultz ist kommissarischer Schulleiter der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule in Berlin. Foto: privat

News4teachers: Warum ist Ihre Schule anders als andere Schulen?

Jarl Schultz: Unsere Schule ist besonders, weil wir in Projekten arbeiten. Uns ist wichtig, dass diese Projekte mit der Realität und der Gesellschaft zu tun haben. Aktuell haben wir ein Projekt zur Flüchtlingskrise in der Ukraine. Wir haben unsere Schülerinnen und Schüler gefragt, ob sie glauben, dass wir an unserer Schule Platz für ukrainische Flüchtlingskinder haben. Unsere Schüler*innen haben sofort ja gesagt und jetzt sind wir dabei, mit Eltern und unseren Schüler*innen einen Spielplatz für Flüchtlingskinder zu planen. Dort sollen die Flüchtlingskinder samstags mit unseren Schüler*innen betreut spielen können. Auch möchten wir die Flüchtlingsfamilien bei Behördengängen und anderen Tätigkeiten unterstützen. Dazu soll auch unsere digitale Ausstattung dienen. Diese Dinge werden gemeinsam mit unseren Schüler*innen und Eltern geplant. Vor zehn Jahren hatten wir schonmal ein Projekt, wo wir Flüchtlingskinder aus Afghanistan aufgenommen haben.

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Ein weiteres besonderes Merkmal der DSG Schule sind die Großprojekte. Diese laufen meist zwei Wochen lang und die ganze Schule wirkt daran mit. Da gab es zum Beispiel einen Eurovision Songcontest oder ein Lichtfestival. In den Projekten soll immer Gesellschaftswissenschaften oder Naturwissenschaften dabei sein. Vorher wird genau besprochen was bewertet wird, damit die Schüler*innen genau wissen in welche Richtung die Projekte gehen sollen.

Uns als Schule ist es wichtig, dass unsere Schülerinnen und Schüler die treibende Kraft sind. Sie sollen ihre Entscheidungen eigenständig treffen. Wir als Lehrkräfte sehen uns als Coaches, die die Schüler*innen auf ihrem Weg begleiten und unterstützen. Was unsere Schule außerdem einzigartig macht ist, dass in unserer Gemeinschaft verschiedene Sprachen aktiv gesprochen werden. Wir sprechen nicht nur Deutsch und Englisch, sondern auch Schwedisch, Dänisch und Norwegisch. Spanisch wird bei uns als Fremdsprache unterrichtet. Somit können unsere Schüler*innen schnell Kontakte ins Ausland knüpfen. Wir haben auch einige Kooperationen mit ausländischen Schulen.

News4teachers: Inwieweit ist die Lernumgebung wichtig? Wie wichtig sind flexible Räumlichkeiten für den pädagogischen Einsatz?

Jarl Schultz: Das ist uns sehr wichtig und wir versuchen unsere Räumlichkeiten bestmöglich zu nutzen. Der Klassenraum hat bei uns eine Doppelfunktion. Einerseits dient er als Klassenraum und andererseits als Fachraum für ein oder zwei Fächer. Das hängt natürlich auch von der jeweiligen Jahrgangsstufe ab. In den Klassen eins bis drei lernen die Schüler*innen erst einmal, was es bedeutet Schüler zu sein und wie so ein Schultag abläuft. In den Klassen vier bis sechs wird die interne Klassenatmosphäre immer wichtiger. In den Klassen sieben bis zehn lernen die Schüler*innen sich in Selbstverantwortung die Fächer beizubringen, denn die Lehrkräfte sind Mentoren und Coaches und begleiten die Schüler*innen in ihrem Lernprozess.

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Wir lernen in unserer Schule ja nicht nur in den Klassenräumen, sondern im ganzen Gebäude. Unsere Küchenleitung zum Beispiel hat eine pädagogische Ausbildung und wenn uns Corona gerade nicht daran hindert, helfen die Kinder und Jugendlichen bei der Essenszubereitung mit. So lernen sie direkt die richtige Ernährung und Hygiene kennen.

News4teachers: Ist der Anteil an skandinavischen Schüler*innen höher als derjenige der deutschen Schülerschaft?

Jarl Schultz: Wir haben ungefähr die Hälfte Schüler*innen aus Deutschland und die andere Hälfte stammt aus Skandinavien. Das ist auch unser Ziel, denn die deutschen Schüler*innen sollen eine skandinavische Sprache und die skandinavischen Schüler*innen sollen Deutsch lernen. Der Unterricht ist zur Hälfte auf Deutsch und zur Hälfte in einer skandinavischen Sprache.

News4teachers: Wie funktioniert in der Schulgemeinschaft das Zusammenleben der verschiedenen Sprachen und Kulturen?

Jarl Schultz: Meines Erachtens funktioniert es gut. Ich würde mir nur wünschen, dass die skandinavischen Sprachen mehr in den Vordergrund treten. Auf unserem Schulhof und im Speisesaal wird überwiegend Deutsch gesprochen. Ich würde mich freuen, wenn dort mehr skandinavische Sprachen gesprochen würden.

News4teachers: Warum verfolgt die DSG Schule die pädagogischen Konzepte von Jesper Juul und Maria Montessori?

Jarl Schultz: Unsere Schule wurde aus einer Elterninitiative heraus gegründet. Die skandinavische Pädagogik ist ein Mix aus verschiedenen pädagogischen Konzepten. Die Skandinavier sind auf diesem Gebiet sehr pragmatisch. Man macht das was funktioniert und was nicht funktioniert wird gelassen. In den Jahrgangsstufen eins bis sechs passt die Montessoripädagogik hervorragend. Die Lernumgebung ist vorbereitet und das Lernen soll nicht unter Zwang geschehen, sondern durch den eigenen Antrieb der Kinder. Sie sollen von sich aus das Lernangebot wahrnehmen.

Jesper Juul ist Familientherapeut und bei seinem Konzept geht es um die Selbstwirksamkeit von Kindern. Wir sind eine Schule auf Augenhöhe. Das bedeutet, dass wir den Kindern etwas zutrauen. Wir schreiben ihnen nicht vor wie sie handeln sollen, sondern sind ständig im Dialog mit ihnen. Schüler*innen und Lehrkräfte sind bei uns gleichberechtigte Partner.

News4teachers: Ist das Schüler-Lehrer-Verhältnis freundschaftlicher dadurch, dass sich alle duzen?

Jarl Schultz: In Skandinavien siezt man die Lehrkräfte generell nicht. Das kenne ich erst, seitdem ich in Deutschland lebe. Es gibt bei uns keine hierarchische Kommunikation, da die Lehrkräfte die Begleiter der Schüler*innen sind. Auf die Benotung hat dieses eher freundschaftliche Verhältnis keine negativen Auswirkungen. Die Kommunikation zwischen Schüler*innen und Lehrkräften ist klar und transparent. Wir können sowohl über persönliche Gefühle als auch über Leistungen sprechen.  An unserer Schule gibt es erst ab der neunten Klasse Noten. Diese sagen nichts darüber aus, ob das Kind tüchtig ist oder ein guter Kamerad. Wir sprechen mit den Schüler*innen über ihre Leistungen und besprechen die nächsten Schritte, die zu tun sind.

News4teachers: Wie sieht ein Schultag an Ihrer Schule aus?

Jarl Schultz: Je nach Jahrgangsstufe ist der Schultag unterschiedlich. Jede Klasse trifft sich morgens zur Klassenstunde bzw. in den jüngeren Jahrgängen zum Morgenkreis, wo aktuelle Themen besprochen werden. Danach gibt es ein gemeinsames Frühstück mit Frühstückspause. In den Klassen eins bis sechs können die Kinder entscheiden, zu welchen Themen sie an diesem Tag arbeiten möchten. Die Klassen sieben bis zehn entscheiden Montags, wie der Stundenplan für die Woche aussehen soll. Freitags können sie dann reflektieren wie die Woche gelaufen ist. Mittwochs ist immer unser out of school day. Dort werden Ausflüge oder Studienbesuche gemacht. In den Klassen sieben bis zehn können sich die Schüler*innen für Projekte entscheiden.

News4teachers: Wo findet der Unterricht am out of school day dann statt?

Jarl Schultz: Ein Projekt der Jahrgangsstufe sieben bis zehn befasst sich mit Berlin als Stadt. Die Klasse wird zum Beispiel die Berliner Unterwelt besuchen. Wird etwas mit Naturwissenschaft oder Astronomie gemacht, besuchen die Schüler*innen eine Sternwarte. Es gibt auch Besuche im Zoo oder im Theater. Alle Besuche werden im Unterricht in Form von Text und Bild behandelt, damit die Schüler*innen etwas lernen und eine Reflektion entsteht.

News4teachers: Können die Schüler*innen auch Unterrichtsinhalte ausschließen, wenn sie ihnen nicht gefallen?

Jarl Schultz: Nein, das können sie nicht. Das eigenverantwortliche Lernen ist etwas skandinavisches. Dennoch müssen die Kernfächer Deutsch, Mathe, Englisch und Spanisch jede Woche belegt werden. Diese Fächer brauchen eine Kontinuität und deshalb müssen die Lehrkräfte auch darauf achten. Wenn jeder Schüler seinen Stundenplan selbst macht kann der Lehrer oder die Lehrerin in seiner Funktion als Mentor sehen, welche Stärken und Schwächen das Kind hat und es danach individuell fördern.

News4teachers: Was würden Sie sich noch an Ausstattung wünschen?

Jarl Schultz: Wenn ich eine Wunschliste hätte, würde ich mir eine Aula und eine Sporthalle wünschen. Räume für Kleingruppen und Besprechungen haben wir auch nur wenige. Jeder Schüler lernt unterschiedlich. Die einen lernen in der Gruppe besser und die anderen individuell. Für diese unterschiedlichen Betreuungsmöglichkeiten hätten wir gern mehr Räume zur Verfügung.

News4teachers: Welche digitalen Medien nutzen Sie für den Unterricht?

Jarl Schultz: Wir nutzen Computer und iPads. Diese Geräte stehen für jeden Schüler zur Verfügung. Wir setzen sie im Unterricht z.B. in den Sprachen oder in Mathe zu Recherchezwecken ein. Für den Kunstunterricht haben wir einen Makerspace mit Lasercutter. Die Schüler*innen können bei uns einen Führerschein machen, damit sie die Geräte eigenverantwortlich nutzen können. Wir sind also eine sehr IT-affine Schule. Die Aufgabe der Lehrkräfte ist es darauf zu achten, dass die iPads und Computer nur für den Unterricht verwendet werden. Nina Odenius führte das Interview / Agentur für Bildungsjournalismus

Eine ursprüngliche Version des Beitrags erschien am 16. März 2022.

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