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Knapp 30 Prozent der neuen Lehrkräfte sind Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung

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POTSDAM. Die Zahl der Schüler in Brandenburg wächst – nicht zuletzt wegen der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine. Für die Schulämter war es auch vorher schon eine Herausforderung, genügend Lehrkräfte zu finden. Ohne Seiteneinsteiger geht es auch weiterhin nicht. Ihr Anteil an den Neueinstellungen steigt kräftig.

Schneller ins Lehramt – dank Seiteneinstieg. Foto: Shutterstock

Nach gut sechs Wochen Sommerferien beginnt für 303 000 Schülerinnen und Schüler in Brandenburg am Montag wieder der Unterricht. Darunter seien auch mindestens 4500 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, teilte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Donnerstag bei ihrem Ausblick auf das neue Schuljahr mit. Dies sind deutlich mehr Schüler als in den Vorjahren.

Unbefristet neu eingestellt wurden 1322 Lehrkräfte, darunter 387 Seiteneinsteiger, also knapp 30 Prozent. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden 256 Seiteneinsteiger eingestellt, ein Anteil von 21 Prozent. Zudem erhielten nun 108 Pädagogen aus der Ukraine eine befristete Anstellung. Insgesamt wurden 1000 Lehrkräfte zusätzlich befristet eingestellt. Damit seien ausreichend neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt worden, sagte Ernst.

Corona-Maßnahmen: Im kommenden Schuljahr soll es an den Schulen laut Ernst so viel Normalität wie möglich geben. Der Unterricht werde in Präsenz erteilt, eine Maskenpflicht gibt es nicht. Es stehe auch nicht im Ermessen der Schulen, eine Maskenpflicht oder Wechselunterricht anzuordnen. Lediglich in der kommenden ersten Woche nach den Ferien gilt für alle nicht immunisierten Lehrkräfte, Schüler und andere Mitarbeiter an den Schulen eine dreimalige Testpflicht auf das Coronavirus.

Schüler: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen: Während es im Schuljahr 2018/2019 noch knapp 288 000 Schüler waren, sind es inzwischen 303 000. Rund
24 000 Erstklässler werden mit Schuljahresbeginn am Montag neu eingeschult. Vergangenes Jahr waren es rund 1000 weniger.

Lehrkräfte: Die Zahl der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen wuchs im selben Zeitraum von 20 264 auf 21 500. Hinzu kamen im vergangenen Schuljahr rund 5000 an Schulen in freier Trägerschaft. 1188 Lehrerinnen und Lehrer sind nach Angaben des Ministeriums ausgeschieden, auch wegen Pensionierung. Bei den neu eingestellten Pädagogen liegt das Durchschnittsalter bei knapp 38 Jahren.

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Weiterhin geht es nicht ohne viele Seiteneinsteiger: Deren Anteil liegt bei den Neueinstellungen bei 30,1 Prozent, nach 20,9 Prozent im Vorjahr und mehr als 32 Prozent in den Jahren 2020 und 2019.

Schulen: Die Zahl der Schulen blieb mit 930 weitgehend stabil, gegenüber dem Vorjahr kamen 7 hinzu. 742 Schulen sind in öffentlicher und 188 in freier Trägerschaft; 6 öffentliche Schulen und 3 Schulen in freier Trägerschaft wurden zum neuen Schuljahr neu errichtet.

Ukrainische Schüler: Für alle Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die in Brandenburg leben, gilt vom neuen Schuljahr an die Schulpflicht. Im vergangenen Jahr habe man noch toleriert, dass Jugendliche per Internet ihren Abschluss mit der heimischen Schule gemacht hätten, berichtete Ernst. Nun müssten jedoch alle in den Präsenzunterricht. Wie viele Schüler kommen, wisse man erst nach Beginn des Schuljahrs. Vor den Sommerferien waren rund 4500 ukrainische Kinder und Jugendliche an Brandenburger Schulen gemeldet.

Aufholen nach Corona: Im August soll zunächst mit Lernstands-Erhebungen das Wissen bei den Schülern festgestellt werden, um eine individuell angepasste Förderung zu ermöglichen. Zum Aufholen von Lernrückständen und Stärkung der Sozialkompetenz wird das Programm «Aufholen nach Corona» mit außerschulischen Angeboten fortgesetzt. Dafür stehen pro Schule zwischen 13 500 Euro und 24 000 Euro zur Verfügung.

Die Linksfraktion im Brandenburger Landtag warf der Ministerin schwere Versäumnisse vor. Es gebe zu wenig Lehrkräfte und weiter zu viele Seiteneinsteiger, kritisierte deren bildungspolitische Sprecherin, Kathrin Dannenberg. Hinzu kämen höhere Kosten für Schul-Essen und -Material. «Angesichts dieser und weiterer Verteuerungen werden viele Eltern vor riesige Probleme gestellt, besonders Alleinstehende und Geringverdiener sowie Familien mit mittleren Einkommen», sagte sie. Dannenberg forderte, die Mittel für den Schulsozialfonds zu erhöhen, um damit unbürokratisch zu helfen. News4teachers / mit Material der dpa

Ein Drittel der neuen Lehrkräfte eines Bundeslandes sind gar keine (ausgebildeten)

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Mika
1 Jahr zuvor

Und während sich die nicht immunisierten Lehrkräfte unter Aufsicht testen müssen (so jedenfalls im letzten Schuljahr), genügt bei den SuS die Unterschrift der Eltern, dass das Kind negativ getestet wurde.
Wir (Gymnasium) haben trotz massiven Bedarfs nicht ausreichend Lehrkräfte erhalten, so dass die Stundentafel gekürzt werden musste. Seiteneinsteiger müssen sofort Klassenleitungen übernehmen, und alles ist auf Kante gestrickt. Soll das die neue Normalität werden? Himmel, ich wünschte, der Fachpersonalmangel würde nicht ausgerechnet an der Spitze des Kultusministeriums so deutlich zutage treten!

Honigkuchenpferd
1 Jahr zuvor

Das ist nicht weiter schlimm. Die werden in der Regel nachqualifiziert. Ausgebildete Lehrer sind nicht per sé besser. Wie viele von ihnen können sich nicht durchsetzen und sind den Schülern hilflos ausgeliefert.

fabianBLN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Honigkuchenpferd

So ist es, Honigkuchenpferd!

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Honigkuchenpferd

Wie werden sie denn nachqualifiziert?
Referendariat? Scheint anscheinend kein Garant zu sein, dass man nicht trotzdem „hilflos ausgeliefert“ wäre.
Zudem gehört meiner Meinung nach das Referandariat neu strukturiert und angepasst – bspw. als freiwilliges Seminar, um beim Berufseinstieg zu helfen, statt evtl. eine Doppelbelastung darzustellen. Dann wäre die hierarchische Struktur auch an der Stelle mal eingegrenzt. Würde wohl dem Lehrermangel zudem entgegenwirken? (Mehr Stunden, gerechteres Gehalt, individueller gestaltet, Augenebene usw. …)

Quereinsteiger haben es „leichter“ den Beruf zu wechseln und müssten potentiell eher aufgefangen werden (zumindest so die „Gefahr“). Hier bräuchte man dann ein sinnvolles Konzept, dass die „ausgebildeten Lehrer“ nicht die „Abgänger“ auffangen müssen. Da muss die Politik dann halt mal gerade stehen und in Verantwortung treten für den Fall, dass das so nicht klappt.
Wenn das so klappt … Warum nicht.

Klar ist jedoch spätestens dann, wenn dies zur Norm wird: Auf Lehramt studieren hat (nahezu) nur noch Nachteile. Studiert lieber etwas anderes und kommt durch den Quer-/Seiteneinstieg an die Schule. Wozu sollte man noch Lehramt studieren? Das sollte dann auch jedem (Eltern/angehenden LuL/LuL/SuS/Politikern) klar sein.
Wenn das für alle Beteiligten (oder dem Großteil) „nicht weiter schlimm“ ist, super.

fabianBLN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bla

Dann googeln Sie doch bitte mal, wie die Seiteneinsteiger in Berlin nachqualifiziert werden.

Tatsächlich ist die Lehrerausbildung keine Garantie dafür, im Beruf zurechtzukommen. Das ist es doch nirgends. Es werden Grundlagen gelegt. Sie verhindern, dass man so völlig ahnungslos Erfahrungen sammelt auf Kosten der Kinder.

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Natürlich ist sie das nicht. Das ist in kaum einem Beruf so.

Wie gesagt: Wenn das so wird und klappt, tolle Sache. Studiert man eben kein Lehramt und macht den Seiten-/Quereinstieg.
Aber was, wenn es nicht klappt? Beschwerden bitte dann an die zuständigen Politiker. Den „ausgebildeten LuL“ dann auch keine Mehrarbeit deshalb aufdrücken. Die evtl. Konsequenzen daraus muss man sich (politisch) dann eben stellen und dafür gerade stehen.
Mir ist es halt nur wichtig, dass alle „Beteiligten“ das auch zur Kenntnis nehmen.
Wenn „alle“ damit zufrieden sind ist das doch prima.

Aber nochmal Fragen an Sie:
Warum sollte man noch Lehramt studieren? Was hat das noch für Vorteile?
Wer würde die Stunden übernehmen, falls das nicht klappt? Wie geht man damit um?
Denken Sie, dass das Referendariat momentan wirklich sinnvoll und gut ist?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Gerne mehr Personal an die Schulen. Dadurch sind die eigenen Rahmenbedingungen im besten Fall verbessert. „Konkurrenz“ sehe ich persönlich dort sowieso nicht. Ich würde es auch „gönnen“. Aber die obigen Fragen sollten trotzdem geklärt sein und ein Konzept im „Fall, wenn es nicht funktioniert“ sollte bedacht werden.
Nicht einfach „so wirds gemacht“ und falls es schief geht „baden es die anderen schon aus“. Darauf hat einfach nicht jeder Lust auf dauer. Das machen viele einfach schon zu lange in bestimmten Bereichen (Erzieher, Pfleger, Lehrer …)..

Fazit ist das Selbe:
Studiert kein Lehramt, geht über Seiten-/Quereinstieg.
(V. A. politisch) dann nicht beschweren, wenn es doch nicht so super klappt.
Mehrarbeit durch nicht gelingen des „Konzepts“ sollte nicht aufgefangen werden müssen. (Ist dann politisches Eigenverschulden eben)

Man könnte auch einfach die Rahmenbedingungen für das Lehramt verbessern. Vom Ruf, Studium, Referendariat bis hin zum Alltag an der Schule. Materialien und Schulgebäude. Gehälter. Multiprofessionelle Teams (nein, das heißt nicht unbedingt, weniger Arbeit – sondern eine sinnige Umverteilung). Lehrpläne, die Zeit für die Kinder bedenken und nicht nur „Zwangsstoff“ durchsetzen. Weniger Bürokratie.

Oder man hofft halt auf Quer-/Seiteneinstieg, damit man das irgendwie (Betonung auf irgendwie) am Laufen lässt. Falls das nicht funkt … Tjo, doof… Dann muss es „von unten“ eben aufgefangen werden.

Für mich persönlich hat das ja keine Nachteile (außer es gäbe dadurch weniger Geld für sinnvolle Rahmenbedingungen – welches es oft sowieso nicht gibt) oder man die Stunden auffangen soll/muss.
Genau das wäre eben der springende Punkt. Ansonsten, gerne alle Richtung Schule, welche denken, sie können das gut und haben „Voraussetzungen“ dafür. Aber bitte kein „das konnten wir doch nicht ahnen/wissen“ bei Nicht-Gelingen und Mehrarbeit „für den Rest“.

Canishine
1 Jahr zuvor
Antwortet  Honigkuchenpferd

Es geht ja nicht darum, ob ausgebildete Lehrer „per sé“ besser sind, sondern ob sie in der Gesamtheit besser sind als Quereinsteiger. Falls dies nicht so sein sollte, dann müsste man die Lehrerausbildung gründlich überdenken (oder abschaffen).
Bis dahin bleibt das „viele […] hilflos ausgeliefert“ eine verallgemeinernde Behauptung, die dann wohl kaum auch nur für ausgebildete Lehrer gelten kann.

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