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„Die Zahlen verhaltensauffälliger Kinder steigen signifikant“: Kirchlicher Träger schlägt angesichts der „Kita-Katastrophe“ Alarm

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WIESBADEN. Die Personalnot in den Kitas wird immer schlimmer. Sie hat ein so dramatisches Ausmaß angenommen, dass die Mehrzahl der Einrichtungen zumindest teilweise in so großer personeller Unterdeckung arbeiten muss, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Aufsichtspflicht nicht mehr erfüllt werden können (wie eine Studie im April ergab, News4teachers berichtete darüber). Gebessert hat sich die Lage seitdem nicht – im Gegenteil: Zehntausende von Flüchtlingskindern aus der Ukraine wurden noch zusätzlich aufgenommen. Was das in der Praxis bedeutet, macht ein offener Brief anschaulich, den das Evangelische Dekanat Wetterau, Träger von 14 Kindertagesstätten, an Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) geschickt hat. Wir dokumentieren das  Schreiben im Wortlaut.

„Zeit fürs Kind bleibt in all dem wenig.“ (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

„Sehr geehrter Herr Minister Kai Klose,

es ist nicht der übliche Weg, sich in Form eines offenen Briefes in KiTa-Angelegenheiten an einen Landesminister zu wenden. Und es ist in unserer Zeit auch nicht üblich, sich als Träger von 14 Einrichtungen in dieser Offenheit an die Politik zu wenden. Es macht uns angreifbar. Sie als verantwortlichen Minister, mich als Verantwortlichen für Personal, Einrichtungen und die Kinder in unseren Einrichtungen.

Ich gehe das Risiko ein, weil ich weiß, dass es allen Trägern von Kindertagesstätten in Hessen ähnlich oder gleich geht; weil ich als Dekan der evangelischen Kirche stellvertretend für andere sprechen kann, ohne Sorge haben zu müssen, dafür bei der nächsten Bürgermeisterwahl oder von der politischen Opposition abgestraft zu werden; und weil die evangelische Kirche in den zurückliegenden Jahrzehnten bewiesen hat, dass sie KiTa-Arbeit gut kann.

Aber wir alle können es nicht mehr unter diesen Bedingungen. Wir können nicht länger zusehen, wie die gesamte Situation auf dem Rücken der Kinder, ihrer Eltern und der Mitarbeitenden ausgetragen wird. Wir müssen sie alle in diesem System schützen. Darum spreche ich es jetzt aus: Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist die Arbeit mit den Kindern in unseren Kindertagesstätten weder leistbar noch verantwortbar. Und sie entspricht nicht mehr den Grundsätzen und Prinzipien, wie sie im Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder des Landes Hessen formuliert werden.

Eine KiTa-Leitung oder ErzieherIn sieht sich den Vorwürfen und Forderungen von 20 oder 25 Eltern ausgesetzt. Und das seit Monaten und ohne Unterbrechungen

Und das ist nicht die Schuld der ErzieherInnen oder der Träger. Das ist ein Systemfehler, dem ein Systemversagen zu folgen droht! Bereits 2013, mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen KiTa-Platz für Kinder ab dem 1. Lebensjahr, war absehbar, dass dieser in der Realität nicht einzulösen sein würde. Schon damals fehlten erkennbar die nötigen Fachkräfte.

Mit diesem Rechtsanspruch aber hat sich nicht selten gleichzeitig der Druck von Arbeitgebern auf junge Familien erhöht: Die allermeisten Lebensentwürfe junger Familien fußen auf zwei Einkommen – regelmäßig, dauerhaft, steigend. Nachvollziehbar! Die Erwartung, möglichst schnell wieder ins Arbeitsleben eingegliedert zu werden, ist heute jedoch für viele zur nackten Existenzangst geworden. Junge Familien fürchten um ihre Existenz, wenn sie keinen KiTa-Platz für ihr Kind bekommen. Wir stecken heute bereits mitten in der „KiTa-Katastrophe“.

Ich möchte Ihnen kurz erklären, was ich meine: Der Fachkräftemangel ist keine zu erwartende Größe für 2025 oder 2030. Er ist heute Realität. Wir erleben ihn Tag für Tag. Und noch immer halten Sie mit der Landespolitik an geradezu grotesk anmutenden Fachkräfteschlüsseln fest und beabsichtigen diese auch weiterhin zu verschärfen. Die restriktive Politik der Nicht-Anerkennung von Nicht-Fachkräften erschwert den Alltag in den KiTas vor Ort zusätzlich. Die Folgen: Gruppen werden mit Mindestbesetzung irgendwie noch offen gehalten.

Mancherorts gelingt aber auch das nicht mehr. Dann kürzen wir den Betrieb auf Betreuungszeiten, die weder pädagogisch sinnvoll noch für die jungen Familien hilfreich sind. Oder wir müssen ganze Gruppen schließen. Weil keine Fachkräfte da sind. Und weil der Fachkraftschlüssel – der ja in der Theorie durchaus eine gute Absicht verfolgt und den wir auch grundsätzlich im Sinne einer entwicklungsfördernden Pädagogik befürworten – nicht zu halten ist!

Immer mehr Kommunen schaffen die Möglichkeiten von Tarifzulagen. So absurd es klingt: Einzelne kommunale Vertreter nehmen die kurze Zeit ihres Lohnvorteils gegenüber freien und kirchlichen Trägern zum Anlass, dort Fachkräfte abzuwerben. Man schöpft von einem Eimer des Mangels das Wasser in den anderen Eimer des Mangels.

Aber: Geld ist nicht alles, was einen Beruf attraktiv macht! Seit zweieinhalb Jahren arbeiten unsere MitarbeiterInnen unter Coronabedingungen. Und sie machen einen grandios guten „Job“! Doch neben den fehlenden KollegInnen kommt seit dieser Zeit die Sorge um die eigene Gesundheit und der Druck von Teilen der Elternschaft hinzu.

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Das alles geht tatsächlich mehr und mehr zulasten der Gesundheit der ErzieherInnen. Ein Elternteil steht einer Leitung gegenüber. Doch eine KiTa-Leitung oder ErzieherIn sieht sich den Vorwürfen und Forderungen von 20 oder 25 Eltern ausgesetzt. Und das seit Monaten und ohne Unterbrechungen. Und der Ton wird rauer. Unter den Eltern, zwischen Eltern und ErzieherInnen und zwischen Eltern und Trägern. Eltern neiden anderen Eltern den Platz ihrer Kinder, Eltern bringen nachweislich kranke Kinder in Einrichtungen und ErzieherInnen müssen sie zurückweisen. Eltern lassen Träger ihren Unmut angesichts der Gesamtsituation spüren, die Ihre Politik verantwortet.

Die Kinder, die wir heute in den Einrichtungen betreuen, bekommen unter diesen Bedingungen nicht mehr die pädagogische Zuwendung, die Kinder vor 5 oder 10 Jahren noch bekommen haben. Nicht, weil wir es nicht wollen. Wir haben tolle ErzieherInnen! Aber wir schaffen es in diesem Rahmen nicht mehr! Vielerorts geht es nur noch darum, den Betrieb irgendwie normal aufrecht zu erhalten.

Aber ich frage mich (und Sie): zu welchem Preis? Wir befinden uns in einer KiTa-Abwärtsspirale: Es gibt zu wenige Fachkräfte auf dem Markt, was zu Personalmangel führt. Die verbleibenden Fachkräfte sind erschöpft, werden krank oder wechseln den Träger mit der Hoffnung, bessere Rahmenbedingungen zu finden, was den erneuten Fachkräftemangel in anderen Einrichtungen nach sich zieht.

Je länger der Druck dieses versagenden Systems auf den ErzieherInnen lastet, umso mehr ist zu befürchten, was sich jetzt bereits beginnt abzuzeichnen: dass wir in wenigen Monaten an vielen Stellen einen Totalausfall erleben werden. Zum Fachkräftemangel und den Coronawidrigkeiten wird massenhafter Burnout hinzukommen. (Von der Möglichkeit oder der Verpflichtung – und der ganz sicher richtigen Notwendigkeit! – die Kinder von Geflüchteten aufzunehmen, will ich an dieser Stelle gar nicht mehr reden… Wie stellen Sie sich das vor?!)

Zeit fürs Kind bleibt in all dem wenig. Und damit komme ich auf „das Wichtigste“ zu sprechen: unsere Kinder! Ich habe noch nicht über die Folgen dieser billigend oder fahrlässig in Kauf genommenen Situation fürs Kind gesprochen. Wir haben heute Kinder in unseren Einrichtungen, die z. T. keine andere Wirklichkeit als die eines Lebens unter den Bedingungen von Corona kennen. Das heißt, sie erleben Isolation, fehlende Sozialkontakte, die Warnung vor Nähe und die Existenzängste ihrer Eltern als das sie frühkindlich-prägende Umfeld.

Sollte es nicht möglich sein, jetzt die politische Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sich das Leben der Kinder von heute in den kommenden Jahren gut entwickeln und entfalten kann?!

Die Zahlen „verhaltensauffälliger“ Kinder in KiTa- Einrichtungen steigen signifikant. Und es schmerzt mich zu sehen, dass dies von Seiten der Fachaufsichten wohl wahrgenommen wird, aber auf politischer Seite ebenfalls unbeachtet bleibt. Ich frage mich, ob Ihnen klar ist, welche Aufgaben auf uns als Gesellschaft künftig zukommen, wenn hier nicht schnell und nachhaltig gehandelt wird?!

Und: Sollte es nicht möglich sein, jetzt die politische Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sich das Leben der Kinder von heute in den kommenden Jahren gut entwickeln und entfalten kann?! Auch wenn Sie dann vielleicht nicht mehr zur Wahl stehen, und ich möglicherweise die Pensionsgrenze erreicht habe, – müsste nicht dringend das Wohl und das Potential dieser kleinen Menschen heute bereits in den Blick genommen und politisch handlungsleitend werden, wenn wir die gegenwärtige KiTa-Katastrophe nicht dauerhaft in unserer Gesellschaft verankern wollen?!

Für mich als verantwortlichen Trägervertreter heißt das, das zu tun, was ich mit diesem offenen Brief gerade mache: Kommunikation mit maximal verantwortbarer Offenheit. Für mich heißt es aber auch: Ich schütze meine MitarbeiterInnen vor einem System, das in Kauf nimmt, dass sie mittelfristig ernsthaft erkranken. Auch wenn es mich schmerzt und Konflikte bedeutet: Ich werde weiterhin soweit gehen müssen, Gruppen zu schließen und Kinder abzuweisen, weil es der Personalschlüssel gebietet. Zum Wohl meiner Beschäftigten! Und zum Wohl der Kinder, die uns in unseren KiTas anvertraut sind!

Denn für sie, für jedes einzelne von ihnen, tragen wir gemeinsam mit deren Eltern Verantwortung. Und um sie müssen wir uns in dieser Zeit kümmern und sie schützen. Für Sie hieße das: Reden Sie nicht weiter von Programmen, die erst in Jahren Entlastungen verschaffen. Nehmen Sie die Zahl der heute bereits fehlenden Fachkräfte in den Blick, stellen Sie sich Ihrem politischen Auftrag und schaffen Sie uns und allen Trägern die Möglichkeit, jetzt und für die nächsten 5 Jahre vereinfachte Zugänge zum ErzieherInnen- oder KinderpflegerInnenberuf zu bekommen.

Verschaffen Sie uns die Möglichkeit an Personal, an QuereinsteigerInnen und verwandte Berufsgruppen, zu kommen! Jetzt und nicht erst in drei, fünf oder zehn Jahren! Um der Kinder willen, um der ErzieherInnen in den Einrichtungen willen und für eine gute Zukunft unserer Gesellschaft!“

Quelle: https://www.ekhn.de/aktuell/nachrichten/aus-den-regionen/detailregionen/news/dekanat-wetterau-aeussert-sich-mit-offenem-brief-zur-situation-in-den-wetterauer-kitas.html

Wann dürfen Kinder noch Kinder sein? Wir nehmen ihnen jeden Freiraum (und verlernen selbst zu leben) – eine Kita-Erzieherin berichtet

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Ron
1 Jahr zuvor

„Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist die Arbeit mit den Kindern in unseren Kindertagesstätten weder leistbar noch verantwortbar.“

Diese aufrüttelnde Einschätzung ist auch übertragbar auf Schulen, Altersheime oder Krankenhäuser. Unser System implodiert gerade und erstickt zugleich unter der Last neuer, hausgemachter Herausforderungen. Wir brauchen einen Reset und Neuanfang und nicht das Fabulieren über weitere Konzepte oder Programme. Dazu gehört für mich auch das massive Werben um Hilfskräfte. Nicht um Erziehern und Lehrern Konkurrenz zu machen – wie dies derzeit durch Quereinsteiger geschieht – sondern um tatsächliche Hilfen zu generieren. Hilfen, die nicht erst eine langjährige Ausbildung brauchen, die aber angelernt werden, unter Leitung der Hauptkraft mit einem Teil der Kinder eigenverantwortlich rauszugehen, Bewegungsspiele zu machen, ganz allgemein zu beaufsichtigen, Essen vorzubereiten, Aufgaben zu beaufsichtigen usw.. Ich brauche Entlastung in Klassen, die durchsetzt sind von verhaltensauffälligen, traumatisierten, behinderten oder schlicht nicht erzogenen Kindern und Jugendlichen.

Ron
1 Jahr zuvor

Und in diese erodierenden und überforderten Systeme sollen wir unsere Kinder in die verpflichtende Ganztagbetreuung abgeben? Versetzen wir uns nur Momente mal in unsere Kinder, die ganztags in Einrichtungen festgehalten werden, die mancherorts den Charme eines Flüchtlingsheim mit angegliedertem Bahnhofsklo haben.

Frustrierte Erzieherin
1 Jahr zuvor

Sehr mutiger Brief dem ich weitgehenst zustimme.
Ich fände es sehr entlastend, wenn ich als Kita- Leitung VA als Unterstützung bekäme- zumindest stundenweise vor Ort!

Minna
1 Jahr zuvor

Vielen Dank für diesen Brief!

Es fehlt noch die Bedeutung des Gesundheitsschutzes, um die vorhandenen MitarbeiterInnen in der nach wie vor währenden Pandemie zu erhalten. In einem bereits durch Mangel geprägten Arbeitsumfeld sind wahrscheinlich 5 % Arbeitsausfall durch Covid-19 gravierend, es dürften jedoch mehr sein:

1) Die schwedische Statistik zur Betreuung kranker Kinder durch ihre Eltern zeigt für diesen Herbst eine Zunahme um 38%. Der Herbst 2021 war ähnlich schlimm. Dabei ist in Schweden die „Pandemie vorbei“, Kinder werden also durchaus wieder mit Schnupfen in die Kita gebracht. Wahrscheinlich ist, dass sich hier auch bei den Kindern die deutliche Schwächung des Immunsystems durch Covid-19 bemerkbar macht (mittlerweile wissenschaftlich gut belegt). Das gilt für jegliche Viruserkrankung sowie Pilzinfektionen. Eventuell auch für Covid-19 Reinfektionen …

2) Reinfektionen und hohe Viruslast erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Long Covid. Die Wahrscheinlichkeit für Frauen im arbeitsfähigen Alter liegt bei 17 bis 19 Prozent (wenn man von einschränkenden Symptomen ausgeht) für Männer bei 11. Möglicherweise nicht nur auf Grund von Risikokontakten sondern auch physiologisch.

Kündigungen aus gesundheitlichen Gründen, präventiv oder aus Notwendigkeit sind daher zwangsläufig und werden natürlich zunehmen.

Gesunde Raumluft ist daher unabdingbar. Viel testen! Strengere Hygiene um auch andere Erkrankungen zu reduzieren. Ruhe nach Covidinfektionen. Gurgeln und Algovir können die Virenlast generell auch senken.

klm
1 Jahr zuvor
Antwortet  Minna

Schade, dass aus Ihrem Kommentar nur wieder eine Stellungnahme zum Umgang mit Corona geworden ist.

Minna
1 Jahr zuvor
Antwortet  klm

Nun, es verstärkt doch die mit dem demographischen Wandel einhergehenden Probleme ERHEBLICH. Wir haben mit Corona einen Turbogang eingelegt. Einfache Mathematik. Zumal wenn zusätzlich andere Krankheiten dadurch vermehrt und schwerer auftreten (covidbedingte Herzprobleme und Tumorsuppressor p53 werden wohl auch noch eine Rolle spielen).

Der Forscher Yi Fuxian vermutet, dass China schon seit einigen Jahren schrumpft und regional stark beschönigte Zahlen gemeldet werden. Durch die 1-Kind-Politik gibt es länger schon viel zu wenig gebärfähige Frauen … Das wird mit ein Grund sein für die rigorose Coronapolitik Chinas – Gesundheitsschutz ist es eher nicht, wie man an der Umweltverschmutzung sehen kann. Abtreibung wurde aktuell auch erschwert.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Mal eine vereinfachte Rechnung. Angenommen, es gäbe nur Frauen (ist in diesem Beruf ja durchaus der Fall) und jede Frau hätte im Durchschnitt 1,5 Kinder. Und jedes Kind ginge von kleinauf an in die Kita. Dann müsste für einen optimalen Betreuungsschlüssel etwa jede dritte Frau Erzieherin werden!

Marylou
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Jede dritte Frau? Sie meinen wohl jeder 6. Mensch. Warum assoziieren Sie mit diesem Beruf ausschließlich Frauen? Finde ich daneben.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marylou

Man kann sich auch über alles aufregen…

Marylou
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

So lange solche Aussagen kommen ändert sich auch nichts am Gesellschafts System in dem eine Frau wie selbstverständlich für care arbeiten zuständig ist und der Mann außen vor bleibt. Ich finde es wichtig sich über solche pauschalisierenden Aussagen aufzuregen weil damit patriachale Strukturen weitergegeben werden.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marylou

… aber dann nicht deutlich gemacht wird, wie die Lage für Frauen aussieht. Wie realistisch ist es jeden 3. oder auch 6. oder auch nur 600. Mann dafür zu kriegen? Gibt ja auch noch andere Berufe. Wenn wir von jedem 6.Mensch reden klingt die Sache ja viel harmloser, obwohl es für Frauen jede dritte Frau bedeuten würde und somit im Grunde auch jede Mutter sich gleich selber um ihren Nachwuchs kümmern könnte.

Marylou
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Genau das ist doch das Problem. Die Frage ist ja auch, warum in Kitas sowenig Männer arbeiten. Das Gehalt spielt auch einerolle, Problem ist aber auch die Care Arbeit an sich, die Frauen zugeschrieben wird häufig. Sie haben ja auch geschrieben „jede Mutter sich gleich selber um ihren Nachwuchs kümmern…“
Was ist mit den Vätern?!

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marylou

Soll ich also so tun als ginge es auch um Männer und Väter, obwohl die Frauen die ganze Arbeit haben?

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marylou

Keine Sorge, die Schergen des teuflischen Patriarchats lassen die wahren Held_/*Innenlgtbqwtflol einfach machen… und supporten das einfach nicht bzw. bügeln die Minderleistungen nicht aus. Wäre ja auch toxisch-maskulin.

Hat schon ganz handfeste Gründe, warum kaum eine „als männlich gelesene Person“ 🙂 Kita, Kindergarten, Grundschule macht.

Befreit vom mansplaining kann sich da nun geballte Frau_/*Innenpower ihren Weg bahnen.

So einfach geht maximale Unterdrückung: Sich einfach raushalten. 😀

Last edited 1 Jahr zuvor by 447
Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marylou

Weil das der Realität entspricht?!

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Laut Google gibt es etwa 5 Millionen Kinder zwischen 0-6 Jahren in Deutschland und es gibt etwa 650.000 Erzieher*innen. Das macht… knapp 1:8 und die Hälfte der 5 Millionen sind unter drei Jahren.

Kaddrin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Nicht alle 650.000 sind aber ständig am Arbeitsplatz!

Teilzeitstellen, Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit, Fortbildungen, …

Alla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Kaddrin

Gerade in den OGS gibt es so gut wie keine Vollzeit. Einfach, weil die Kinder nur von 12-17 Uhr betreut werden.Und nur in der Zeit von 13-15 Uhr alle Gruppen vor Ort sind.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alla

Setzt voraus, dass in den OGS überhaupt Erzieher:innen eingesetzt würden, dem ist aber nicht so.
In Nds. können es auch Personen ganz anderer Ausbildung sein, die eingestellt werden für den Nachmittagsbereich.

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Stimmt! Bei uns (Nds) auch ohne jegliche päd. Vorbildung bzw. Vorerfahrung.

potschemutschka
1 Jahr zuvor

Endlich mal jemand aus einer höheren Etage, der sich traut, den Mund aufzumachen. Diesem Beispiel sollten ALLE Kitaträger, Schulräte usw. folgen!… Man wird ja noch träumen dürfen …

Pitti
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Richtig, bleiben wir nicht still, werden wir laut……………

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Berufseinsteiger erhalten querbeet durch die Berufswelt heute doch erheblich weniger Reallohn als Ende der 1990er Jahre. Da kann ich mir kaum vorstellen, dass ein echter Mangel vorliegt.

Georg
1 Jahr zuvor

Zu viele der jetzigen Großeltern wollten aus den unterschiedlichen Gründen ihre Kinder nicht so erziehen, wie sie selbst erzogen wurden. Jetzt sind diese Kinder selbst Eltern geworden und haben selbst nicht gelernt, wie es ist erzogen zu sein. Dazu kommt der materielle Überfluss, mit dem Kinder ruhig gestellt werden, die fehlende Bewegung, der fehlende Kontakt zu den eigenen Eltern und die zu wenige Beschäftigung der Eltern mit den eigenen Kindern.

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Steile These. Kannst du das belegen, dass wir nur noch unerzogene Eltern haben? Für mich klingt das nach ganz großem Geschwurbel.

Last edited 1 Jahr zuvor by Unfassbar
Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

JEIN zum „ganz großen Geschwurbel“.

Es sind zunehmend mehr Eltern (in KiTa wie in Schule – nicht belegbar, aber erlebbar), die einfach nur fordern, fordern, fordern.

Eine Mutter schrieb hier mal im Forum, sie hätte das (Schul)paket so nicht gebucht…. g e b u c h t !

Ob das nun Erziehung oder fehlende Erziehung ist oder der Druck, der von den Arbeitgebern (da sind wir wieder!) gemacht wird, vermag ich nicht zu sagen.

Aber seien wir doch mal ehrlich – gefühlt drehen doch alle am Rad – bis auf die, die schön ruhig im Elfenbeinturm sitzen und gähnen.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Dazu kommt auch, dass der Staat per Ganztag den Eltern die Kompetenzen abgesprochen und ihnen die Verantwortung abgenommen hat!

Da Kinder großziehen ja auch tatsächlich eine Herausforderung ist, war psychologisch gesehen absolut vorhersehbar was passierte :

Das Selbstvertrauen und somit das Selbstwertgefühl der Eltern schwächelte. Angeblich konnte nur eine Betreuungseinrichtung Kinder optimal fördern. Am laufenden Band wurde Eltern in den Medien gesagt, was sie alles verkehrt machten. Die Unsicherheit wuchs, es trotzdem alleine zu versuchen und dann am Ende dem eigenen schlechter geförderten Kind etwas schuldig zu bleiben. Dazu der gesellschaftliche Druck und die Frage, ob ein Nicht-Ganztag-Kind aus einer arbeitsscheuen, unfortschrittlichen, ungebildeten Familie kommt?

Und auf der anderen Seite das Bequeme! Wenn man sich der Herausforderung garnicht stellt, kann man nicht scheitern und wenn man die Verantwortung abgibt, ist man auch nicht verantwortlich.

Wie würden Schüler reagieren, wenn sie eine schwierige, komplexe Aufgabe gestellt bekommen, ihnen aber nicht zugetraut wird, diese zu meistern und ihnen gleichzeitig etwas bequemeres zum ausweichen angeboten wird? Die Schüler würden vermutlich das einfachere wählen und gleichzeitig frustriert werden. Dies würde ihr Selbstvertrauen verschlechtern und sie würden immer mehr aufhören, sich etwas zuzutrauen oder sich etwas vorzunehmen oder etwas anzupacken. Gleichzeitig würden sie es genießen es einfacher zu haben, aber dadurch immer unzufriedener werden.

Bei vielen Eltern ist es dann quasi auch so gekommen. Sie trauen sich die Kindererziehung nicht zu und haben sich von der Aufgabe innerlich verabschiedet. Sie verlassen sich darauf das im Ganztag den Kindern alles Relevante beigebracht wird und das sie das auch mit Recht einfordern können.

So wundert man sich dann, warum Kinder in der fünften Klasse noch keinen Doppelknoten können und Eltern bezüglich Homeschooling aus allen Wolken fallen.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

„So wundert man sich dann, warum Kinder in der fünften Klasse noch keinen Doppelknoten können und Eltern bezüglich Homeschooling aus allen Wolken fallen.“

Gebe ich gleich mal an die 16-köpfige-Faltigkeit weiter: Kompetenzbaustein „Doppelknoten“ im Spiralcurriculum „Alltagshandlungen“ auf Lernjahrgang 4 vorziehen. Damit wären Ihre Probleme ja gelöst und die gute Tat des Tages erledigt. Noch eben das Elternrundschreiben delegieren und dann flugs ins Wochenende. Ist ja schon Montagnachmittag.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Den Doppelknoten (andere nennen als Beispiel Schuhe binden oder Schere benutzen, Nägel einschlagen, Spaghetti kochen,…) habe ich aus eigener Erfahrung gewählt, weil etwa 80 – 90 % der Kinder zw 8 und 12 Jahren auf meinem Reithof diesen nicht beherrschen, teilweise auch die Eltern nicht, und sich dessen nicht einmal bewußt sind, so daß wir schon ein paar Mal deswegen Pferde auf der Straße hatten – ist also für mich von Bedeutung und nicht nachvollziehbar, warum man das nicht kann. Ist aber auch nur ein Beispiel.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ich wollte Sie gar nicht kritisieren oder Ihren Punkt in Abrede stellen, sondern diesen nur etwas humoristisch an die Vielfältigkeit weiterleiten. Sorry – sollte das falsch angekommen sein.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ich bin mal …. nicht so dieser Auffassung (mag aber auch bannig daneben liegen!)

Viele Eltern haben keinen Bock auf ihre Kids – ob das von Anfang an so war oder sich entwickelt hat, als die Anforderungen stiegen – keine Ahnung.

Viele Eltern haben keine Zeit für ihre Kids – das liegt am Beruf und war von Anfang an so.

Viele Eltern haben nicht begriffen, dass sie die Verantwortung für ihre Kids tragen – egal, was für Angebote es von „Profis“ gibt.

Und irgendwie komme ich wieder auf …. Überlastung auf allen Ebenen.

Das fliegt uns demnächst um die Ohren – und zwar richtig.

Markus Gapp
1 Jahr zuvor

Wie berichtet ist das größte Thema seit Jahren das Personal. Wir für uns haben viel versucht und auch unternommen, inklusive mehrere Anwerbungen aus dem Ausland. Und auch das wurde noch möglichst schwer gemacht. Das ist für uns als Träger nicht nachvollziehbar.

Daher unterstützte ich diesen Brief zu 100 % mit den Erwartungen:
– einfacher Zugang für ausländische Kräfte
– unkomplizierte Möglichkeiten in den Beruf einzusteigen (auch für Quereinsteiger)
– gegenseitig mehr Rücksichtnahme (MitarbeiterInnen, Eltern und Träger) und das für die Kinder
– final müssen wir bei diesem Thema vielmehr zusammenhalten und gemeinschaftliche Lösungen entwickeln – Vorwürfe helfen an dieser Stelle überhaupt nicht

Markus Gapp
Träger der Montessori EcoSchool, Schmitten

J. Schneider
1 Jahr zuvor

Mehr als überfällig, so ein offener Brief. Und danke für den Mut, und die Ehrlichkeit.
Die Vereinfachung der Ausbildung sowie das vereinfachen von Quereinsteigern wird aus meiber sicht, nach hinten los gehen. Ich erlebe die letzten Jahre, mehr und mehr, wie Leute durch die Prüfung gewunken werden, und als Fachkraft oder Hilfskraft auf Kollegen, Eltern und Kinder losgelassen werden, welche für eine Möbelhaus Kinderbetreuung tragbar sind, für Kitas eine Zumutung.
Nur weil ich Aufbackbrötchen backen kann, bin ich noch lange kein Metzger.
Nur weil ich schon mal die Haare selbst gefärbt habe, bin ich keine Friseurin.
Und nur weil ich einen erste hilfe kurs belegt habe, bin ich kein Facharzt.

Markus Gapp
1 Jahr zuvor
Antwortet  J. Schneider

Das mit „nach hinten losgehen“ muss nicht sein. Tatsächlich machen wir sehr unterschiedliche Erfahrungen, sowohl mit Fachkräften als auch mit Quereinsteigern.

Tiefsttraurig
1 Jahr zuvor

Der Staat sollte auch mal überprüfen, wie viele Eltern in Elternzeit ihre Kinder den ganzen Tag in die Fremdbetreuung bringen dürfen.Nämlich sehr Viele!!!! Irgendwie ist doch da etwas falsch verstanden worden,oder????

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