POTSDAM. Nach dem aufsehenerregenden Fall einer Lehramtskandidatin, die für ein rechtsradikales Magazin tätig war, sollen Beamte in Brandenburg künftig auf Verfassungstreue geprüft werden. Nun liegen Vorschläge für einen sogenannten Verfassungstreue-Check vor.
Die Verhandlungen für den geplanten Verfassungstreue-Check für Beamte in Brandenburg kommen voran. Innenminister Michael Stübgen (CDU) zeigte sich mit Blick auf Gespräche über Änderungen durch die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen optimistisch, dass die Pläne bald unter Dach und Fach sind. «Ich hoffe, dass im Januar der Änderungsantrag eingebracht wird», sagte Stübgen. Die Grünen hatten bisher an mehreren Stellen Bedenken.
Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke zeigt sich aber weitgehend zuversichtlich. «Die inhaltlichen Verhandlungen für ein Paket gegen Extremisten im Staatsdienst kommen voran», sagte Raschke. «Den ursprünglichen Plänen für die Ausgestaltung des Verfassungstreue-Checks bei der Einstellung von Beamten stehen wir bekanntlich sehr kritisch gegenüber. Inzwischen ist uns hier die CDU in großen Teilen entgegengekommen.»
Der Grünen-Politiker nannte Beispiele: «Es wird etwa keinen Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel geben, dafür mehr Transparenz und eine umfassende Evaluierung», sagte Raschke. «Vor allem aber fordern wir eine Verschärfung des Disziplinarrechts für die Beamten, die schon im Staatsdienst tätig sind.» Bisher müsse der Staat Beamte aus dem Dienst klagen, wenn sie gegen die Verfassung verstießen. «Das muss ein Ende haben.»
Der Minister wertet die Forderung nach einem schärferen Disziplinarrecht positiv. «Bei Beamten hat das Land bisher nur die Möglichkeit einer Disziplinarklage, wenn sie massiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen oder anderweitig straffällig geworden sind», sagte Stübgen. «Bei schwerwiegenden Verstößen soll nach einem Disziplinarverfahren der Dienstherr den betroffenen Beamten direkt aus dem Beamtenverhältnis entfernen können – und zwar nicht erst, wenn die Verwaltungsgerichte geurteilt haben. Diese Forderung der Grünen halte ich für eine Verbesserung.» Der Rechtsschutz werde dabei nicht verkürzt: «Natürlich hat der Betroffene die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen und zu klagen.»
Das rot-schwarz-grüne Kabinett hatte dem Gesetzentwurf Stübgens im Jahr 2022 zugestimmt. Danach soll eine Behörde künftig beim Verfassungsschutz nachfragen, ob dort Informationen vorliegen, die an einem Bekenntnis der künftigen Beamtin oder des künftigen Beamten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zweifeln lässt.
Das Bildungsministerium entließ eine Lehramtskandidatin im Dezember aus dem Beamtenverhältnis, nachdem der «Tagesspiegel» berichtet hatte, die Referendarin sei als Moderatorin für den Nachrichtenkanal des «Compact»-Magazins tätig gewesen (News4teachers berichtete). Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft das Magazin als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein. In ihrem Fall hätte die Prüfung greifen können, wenn sie Beamtin auf Probe geworden wäre. News4teachers / mit Material der dpa
Erinnert an den Radikalenerlass bzw. an die Gauck-Behörde. Letztendlich weiß man das ja nun und ist dann einfach vorsichtiger. Ändert sich dadurch die Gesinnung???
Für Angestellte ist das alles anders? Da bekommt ja die Verbeamtung eine ganz neue Bedeutung!
Ein zweischneidiges Schwert, solange das AfD-Verbotsverfahren nicht endlich forciert wird. So droht nämlich im Falle einer Machtübernahme durch die Rechtsextremen auch die schnellere Entfernung von demokratischen Beamten aus ihrem Amt.
Was ist denn, wenn das Verbotsverfahren nicht von Erfolg gekrönt ist? Dann ist das Wasser in die Mühlen der AfD-Wähler. Da die Hürden für ein Verbot sehr hoch sind, ist selbst dem Justizminister das Risiko zu groß.
Warum sind denn die Hürden so hoch? Loben wir unsere Verfassung, das Grundgesetz, nicht immer auch wegen seiner hohen Hürden gegenüber Missbrauch und Verboten, wie sie zu Hitlers Zeiten üblich waren?
Ich bin immer wieder erschrocken, wie leichtfertig ein Parteienverbot gefordert wird, nur weil diese Partei immer mehr Zustimmung erhält.
Wollen Sie in unserer Demokratie allen Ernstes ein inzwischen knappes Viertel der Wahlbürger entmündigen und unserem Justizminister persönliche Feigheit unterstellen, wenn er Ihren Verbotswünschen nicht entspricht? Sogar bei diesem Regierungsvertreter bezweifeln Sie die Rechtmäßigkeit des Handelns.
Oder gehört auch er zu einer Partei, die Sie als demokratiefeindlich empfinden?
Wer unsere Staatsform mit fragwürdigen Mitteln retten will, ist auf dem falschen Dampfer. In einer Demokratie muss der mündige Wähler mit Sachargumenten überzeugt werden und nicht mit Diffamierungen oder Verboten. Zumindest das sollten wir aus dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte gelernt haben.
Die meisten haben es laut Umfrage auch gelernt. Bezüglich des AfD-Verbots äußern sich jedenfalls die meisten Bürger wie auch Politiker und Verfassungsrechtler gegen diese Maßnahme – und zwar aus Gründen, die den Schutz unserer Demokratie weit besser im Blick haben als die Befürworter von polemischer statt sachargumentativer Stärke gegen die AfD.
Die „dunkelsten Kapitel unserer Geschichte“ haben gezeigt, dass eine Demokratie auch wehrhaft gegenüber ihren Feinden sein muss. Sonst ergreifen halt diese Feinde die Macht, sobald sie dazu Gelegenheit bekommen – siehe 1933 – und schaffen die Demokratie ab. Das Grundgesetz geht darauf ein.
„Eine wichtige Rolle in der Abwehrbereitschaft des Grundgesetzes spielt auch der Artikel 21, der sogenannte Parteienartikel, der auch die Möglichkeit von Parteienverboten regelt. Er weist den Parteien im Absatz 1 eine wichtige Rolle im politischen Willensbildungsprozess zu, erklärt aber in Absatz 2 eindeutig: ‚Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.'“ Quelle: https://www.lpb-bw.de/wehrhafte-demokratie
Dass die AfD darauf zielt, die Verfassung zu stürzen, daran besteht nach den Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden praktisch kein Zweifel mehr (weshalb die AfD auf Bundesebene beobachtet wird und in einzelnen Landesverbänden als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wurde).
Um das zu erkennen, dafür reicht sogar schon ein Blick ins Parteiprogramm der AfD: „Vor allem führt die Programmatik zu einer Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit. Sie akzeptiert die Würde des Menschen im Sinne des Artikel 1 Absatz 1 GG nicht, sondern bekennt sich zum Vorrang eines national völkisch definierten Volks. Sie negiert den sich aus der Menschenwürde ergebenden Achtungsanspruch eines jeden Menschen und zielt auf einen rechtlich abgewerteten Status für alle Menschen, die nicht zum national völkisch definierten ‚Volk‘ gehören. Die Programmatik der AfD basiert auf einem fest verankerten national völkischen Menschenbild, das den Garantien aus Artikel 1 Absatz 1 GG diametral entgegenläuft, indem Menschen anhand rassistischer Kriterien in ihrer Wertigkeit unterschieden und zu einer Gefahr erklärt werden.“ Quelle: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/warum-die-afd-verboten-werden-koennte
Dass eine Partei, die deutsche Bürgerinnen und Bürger nach eigener Willkür entrechten möchte, verboten gehört – ist ein durchaus sachliches Argument.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Den Ausgang des NPD-Verbotsverfahrens schon vergessen?… Oder nehmen Sie doch einfach Persönlichkeiten wie den Thilo Sarazzin… Rechte Gesinnung ist keine Frage des Parteibuches.
Nein, wir haben das NPD-Verbotsverfahren keineswegs vergessen. Zur Erinnerung: „Kein Verbot der NPD wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele“. Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-004.html
Das sieht ja nun ganz anders aus.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Ihr letzter Satz in Gottes Ohren… Abwarten
Ich bin da zwiegespalten. Ich würde mich da eher am Rest von Europa orientieren wollen. Nicht an Ungarn, eher an Frankreich oder Spanien und Italien.