Im Revisionsprozess gegen einen Uni-Professor wegen Nötigung hat der Angeklagte Schläge auf das Gesäß einer ehemaligen Doktorandin eingeräumt. Er schäme sich für seine Taten zutiefst, hieß es in einer von seiner Verteidigerin vorgelesenen Erklärung zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Göttingen. Der 59 Jahre alte Angeklagte sagte, er habe die Schläge aber eher als «Patscher» wahrgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Professor unter anderem vor, drei Frauen geschlagen zu haben, um diese wegen vermeintlicher Fehler zu bestrafen.
Das Landgericht Göttingen verurteilte den Mann im März 2022 zu elf Monaten auf Bewährung. Das Gericht beschränkte die Freiheitsstraße trotz Einzelstrafen von bis zu acht Monaten auf elf Monate unter anderem deswegen, weil ein höheres Strafmaß zu einem automatischen Verlust des Beamtenstatus geführt hätte. Die Staatsanwaltschaft sowie die Nebenklage legten daraufhin Revision ein, mit dem Ziel einer höheren Bestrafung. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil im März 2023 teilweise auf.
Das Landgericht befand den Forstwissenschaftler ursprünglich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung und Nötigung an drei Frauen für schuldig. In anderen Anklagepunkten, etwa sexueller Nötigung, wurde der ehemalige Professor vom Landgericht freigesprochen. Bei den drei Frauen handelte es sich um eine technische Mitarbeiterin sowie zwei damalige Doktorandinnen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Professor ab Juli 2014 über mehrere Jahre vor allem eine ehemalige Doktorandin wiederholt geschlagen habe, um sie zu bestrafen. Er soll zudem gedroht haben, sie bei Widerspruch zu entlassen. Laut Anklage soll er die Frauen unter anderem mit der flachen Hand oder einem Bambusstock auf das bekleidete oder unbekleidete Gesäß sowie die Brüste geschlagen haben. Die meisten Taten hätten in seinem Büro stattgefunden, das er dafür abgeschlossen habe.
Angeklagter soll sich um Niveau von Doktorarbeit gesorgt haben
In der Erklärung gab die Verteidigerin an, dass ihr Mandant nie die Absicht gehabt hätte, die Zusammenarbeit mit der Doktorandin zu beenden. Er habe Sorge gehabt, dass die Promotionsarbeit der besonders betroffenen Doktorandin nicht wissenschaftlichen Ansprüchen genügen würde oder sie die Arbeit nicht beende. Er habe sie durch die Strafen zu besseren Leistungen motivieren wollen. Sexuelle Absichten bei seinen Taten bestritt er.
Vor der Anklageverlesung hatte die Verteidigung zudem einen Befangenheitsantrag gegen die Schöffin Onyekachi Oshionwu eingebracht. Die Göttinger Bürgermeisterin sei Mitglied im Bundesfrauenrat der Grünen und setze sich für die Gleichstellung von Frauen ein. Der Angeklagte habe Sorge, dass es deshalb einen Interessenkonflikt gebe, weshalb sie sich auf die Klägerseite stellen würde. Über den Antrag soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Der Professor ist seit Dezember 2017 nicht mehr im Dienst. Ein Disziplinarverfahren gegen ihn ruht, bis ein Urteil in dem Strafprozess fällt. News4teachers / mit Material der dpa
Körperverletzung im Amt: Professor, der Frauen „bestrafte“, schuldig gesprochen