KÖLN. Wieder sorgt in Nordrhein-Westfalen ein krankgeschriebener Lehrer für Aufsehen – und wieder geht es um den Verdacht, dass ein Beamter während seiner offiziellen Dienstunfähigkeit Tätigkeiten ausübt, die im Widerspruch dazu stehen könnten: Obwohl er dauerhaft krankgeschrieben ist und weiter volle Bezüge erhält, trat er mehrfach öffentlich als Musiker auf, veröffentlichte ein Album und warb in sozialen Medien für Konzerte. Die Bezirksregierung Köln prüft den Fall – und Kolleginnen und Kollegen reagieren mit wachsendem Unmut.
Erneut beschäftigt ein krankgeschriebener Lehrer aus Köln die Bezirksregierung. Der Mann, der seit 2021 Englisch und Musik an einer Kölner Gesamtschule unterrichtet und seit April 2025 krankgeschrieben ist, soll während seiner Krankschreibung mehrfach als Singer-Songwriter aufgetreten sein. Zunächst hatte der Spiegel über den Fall berichtet, die Bezirksregierung bestätigte auf Anfrage entsprechende Prüfmaßnahmen.
Nach Angaben der Behörde wurde die Geschichte im Sommer zum Fall: Die Schulleitung meldete eine mögliche Unregelmäßigkeit bei der Einhaltung von Dienstpflichten. Die Bezirksregierung leitete daraufhin dienstrechtliche Prüf- und Ermittlungsmaßnahmen ein und konfrontierte den Lehrer mit Zweifeln an seiner fortbestehenden Dienstunfähigkeit. Zudem wurde eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet, deren Gutachten seit dem 12. November vorliegt. Über konkrete dienstrechtliche Konsequenzen schweigt die Behörde unter Hinweis auf Persönlichkeitsrechte.
Der Spiegel beschreibt, wie der Lehrer seit Monaten als Musiker aktiv ist. Er veröffentlichte ein Album, trat bei Konzerten in Köln, Bonn oder Krefeld auf und drehte ein Musikvideo, das ihn mit Gitarre an Bahnschienen zeigt. In einem Podcast auf Spotify spricht er über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten junger Musiker im Streamingzeitalter – ohne zu erwähnen, dass er als Beamter weiterhin monatliche Bezüge erhält.
Für ein Konzert im Juni in einem Kölner Teeladen habe der Eintritt 15 Euro betragen, berichtet das Magazin. Auf Instagram warb der Lehrer wiederholt für Auftritte. Sein Anwalt erklärt gegenüber dem Spiegel, der Lehrer habe ausschließlich „hobbymäßig“ musiziert, teilweise bei privaten Anlässen, meist ohne Vergütung und gelegentlich sogar mit Verlusten. Musizieren sei ein Hobby und kein vorteilsorientiertes Nebengewerbe; zudem könne Musik – so der Anwalt – auch kranken Menschen guttun.
„Natürlich bekommen wir mit, dass er Konzerte spielt“
Im Kollegium jedoch wächst der Ärger. Lehrkräfte berichten laut Spiegel, dass sie seit Monaten die ausfallenden Stunden kompensieren müssen. „Natürlich bekommen wir mit, dass er Konzerte spielt“, sagt ein Pädagoge. Eine Kollegin spricht von einer unfairen Belastung des Teams: Die blockierte Planstelle könne nicht nachbesetzt werden, und für die Schülerinnen und Schüler fehle die nötige Verlässlichkeit. Die Schulleitung selbst verweist auf Nachfrage lediglich an die Bezirksregierung.
Die Bezirksregierung Köln stellt in ihrer Stellungnahme klar, der Lehrer sei „fortdauernd dienstunfähig erkrankt“. Über seine Auftritte habe man keine Kenntnis gehabt, doch habe der Mann bereits 2020 eine Genehmigung für eine künstlerische Nebentätigkeit mit geringem Stundenumfang beantragt und erhalten. Ob seine aktuellen Aktivitäten noch unter diese Genehmigung fallen, ist Teil der laufenden Prüfung.
Der Fall reiht sich ein in eine Serie vergleichbarer Vorkommnisse in Nordrhein-Westfalen. Neben der Weseler Berufskolleg-Lehrerin, die trotz über 15-jähriger Krankschreibung bei vollen Bezügen als Heilpraktikerin tätig gewesen sein soll (News4teachers berichtete), wurde erst vor wenigen Wochen bekannt, dass ein anderer Kölner Lehrer während seiner Krankmeldung in zwei Fernsehshows kochte und ein Preisgeld gewann. Die Diskussion über mögliche Lücken im System ist entsprechend neu aufgeflammt.
Grundsätzlich gilt: Eine Krankschreibung bedeutet nicht automatisch, dass keinerlei Aktivitäten erlaubt sind. Entscheidend ist, dass Genesung und Heilungsverlauf nicht beeinträchtigt werden. Darauf weist auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hin: Strenge Bettruhe sei keineswegs bei allen Erkrankungen nötig. Doch der politische Druck wächst – mit jedem neuen Fall ein Stück mehr. News4teachers / mit Material der dpa
Krankgeschriebener Lehrer, der in Kochshows auftritt, wird zum Politikum (“Kontrolldefizite”)
