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Urteil: Religiöse Schüler müssen „Krabat“ nicht sehen

MÜNSTER. Der Schulleiter eines Gymnasiums musste einen Schüler vom Besuch des Kinofilms „Krabat“ befreien, den die 7. Klasse als verbindliche Schulveranstaltung durchführte. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster nun entschieden.

Krabat - hier das Cover der Neuauflage des Buches - gilt als Klassiker der deutschen Jugendliteratur. Foto: Thienemann-Verlag

Die Eltern des Zwölfjährigen, die den Zeugen Jehovas angehören, beantragten die Befreiung ihres Sohnes, weil ihre Religion ihnen alle Berührungspunkte mit Spiritismus und schwarzer Magie verbiete. Die Klasse hatte vor dem Kinobesuch im Deutschunterricht das Buch „Krabat“ von Otfried Preußler besprochen, woran der Sohn teilnahm. Der Schulleiter lehnte den Antrag auf Befreiung vom Kinobesuch ab, weil er darin einen „Präzedenzfall“ sah. Das Verwaltungsgericht Münsgter bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hatten die Eltern des Schülers Berufung eingelegt, der das OVG nun stattgegeben hat.

Das OVG hat die Entscheidung des Schulleiters für rechtswidrig erklärt. Die Eltern hätten nachvollziehbar und überzeugend ihre ernsthafte Glaubensüberzeugung dargestellt, nach der sie das im Buch beschriebene und im Film zur Anschauung gebrachte Praktizieren schwarzer Magie ablehnen. Der vom Grundgesetz gebotene schonende Ausgleich der widerstreitenden Rechtspositionen sei unter Aufrechterhaltung der Teilnahmepflicht des Sohnes nicht möglich gewesen. Insbesondere sei es dem Sohn nicht zumutbar gewesen, bei denjenigen Filmszenen, die seinen Glaubensüberzeugungen und denen seiner Eltern widersprachen, entweder die Augen zu verschließen und sich die Ohren zuzuhalten oder den Kinosaal für die Dauer dieser Szenen zu verlassen. Da der Sohn an der Besprechung des Buches im Unterricht sowohl vor als auch nach dem Kinobesuch teilgenommen habe, müsse der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise zurücktreten.

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Eine neuerliche Revision ließ das OVG nicht zu. Das Land Nordrhein-Westfalen als Beklagte kann diese nur noch durch eine erfolgreiche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erreichen.

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