BERLIN. Eine lineare Gehaltserhöhung um 6,5 Prozent und die Tarifierung der Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Länder 2013. “Absurd”, sagt Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), langjähriger Verhandlungsführer der Länder, dazu.
Möllring kommentierte die Forderung der GEW in einem Interview mit der Düsseldorfer Zeitung “Rheinische Post” als absurd. “Eine solche Erhöhung wird kein Finanzminister der 16 Bundesländer sich leisten können”, so der CDU-Politiker. “Was zu vertreten ist, muss die Verhandlungskommission entscheiden. Da will ich nicht vorgreifen”, sagte Möllring.
Der Finanzminister erklärte weiter, dass ein Prozentpunkt Lohnerhöhung allein das Land Niedersachsen etwa 100 Millionen Euro koste. Die Forderung beliefe sich also auf 650 Millionen Euro in Niedersachsen, bundesweit kämen etwa 6,5 Milliarden Euro zusammen.
Möllring bleibt auf Konsolidierungskurs
“So lange man kein Geld übrig hat, gilt es, in allen Ländern weiter zu konsolidieren. Spätestens 2020 ist ja wegen der Schuldenbremse Schluss mit dem Schuldenmachen. Da die Personalausgaben bei den Länder am höchsten sind – sie machen knapp die Hälfte aus – müssen auch die Beschäftigten ihren Beitrag leisten, Angestellte genauso wie Beamte”, kommentierte Möllring die Frage der Zeitung, warum die steigenden Steuereinnahmen nicht an die Arbeitnehmer weitergegeben werden sollen. “Die Lehrer sind der größte Personalkörper, dann kommen die Universitäten, dann die Rechtsprechung, die Polizei und die Finanzämter. Das sind Kosten die weder Bund noch Kommunen haben. Deshalb brauchen wir Augenmaß bei den Tarifsteigerungen”, so Möllring weiter.
Zu der Frage, ob der öffentliche Dienst noch ein attraktiver Arbeitgeber sei, sagte Möllring, dass die Lehrer Niedersachsens zu den bestbezahlten in ganz Europa zählten. “Wenn nicht sogar auf der ganzen Welt.”
GEW: Anschluss halten an Bund, Kommunen und Wirtschaft
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht die Gehaltssituation der Lehrer weitaus weniger rosig: Mit einem Gehaltszuwachs von 6,5 Prozent, inklusive einer sozialen Komponente, wollen die Gewerkschaften laut eigener Aussage Anschluss halten an die Gehaltsentwicklung beim Bund und in den Kommunen sowie die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung.
„Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben ein Recht darauf, nach einem Jahrzehnt der Reallohnverluste und angesichts steigender Steuereinnahmen mit der allgemeinen Lohnentwicklung Schritt zu halten. Dafür ist eine deutliche Gehaltssteigerung nötig“, erläuterte GEW-Tarifexpertin Schaad die Forderung, mit der die Gewerkschaften am 31. Januar in die erste Verhandlungsrunde mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) gehen. Die Gewerkschaften verlangen, dass der Abschluss wirkungsgleich auf die rund zwei Millionen Beamtinnen und Beamte sowie Pensionäre der Länder übertragen wird.
Möllring sagte im Interview, dass ein hoher Abschluss Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gefährde. “Einige Kollegen haben schon erklärt, dass ab einem bestimmten Prozentsatz Einsparungen im Personalbudget unumgänglich sind. Wenn der einzelne mehr bekommt, gibt es eben weniger Köpfe. Das ist keine Böswilligkeit, sondern Adam Riese.”
“Eingruppierung nach Gutsherrenart” für angestellte Lehrkräfte
Die GEW hat in ihrem Forderungsbeschluss angegeben, dass der Einstieg in eine tarifliche Regelung zur Eingruppierung angestellter Lehrkräfte in ihren Forderungen hohe Priorität habe. „Seit 2006 halten uns die Arbeitgeber der Länder hin und verweigern den angestellten Lehrkräften, der größten Beschäftigtengruppe im öffentlichen Dienst der Länder, einen Tarifvertrag. Jedes Bundesland zahlt den Lehrkräften auf Grundlage einseitig diktierter Arbeitgeber-Richtlinien und -Erlasse ein anderes Gehalt. Diese Eingruppierung nach Gutsherrenart ist nicht zeitgemäß und undemokratisch”, sagte GEW-Tarifexpertin Ilse Schaad.
Der niedersächsische Finanzministerin betonte, dass diese Forderung der GEW kein Schritt in Richtung einer Lohngerechtigkeit sei. “Zunächst mal geht es ja nur um die sogenannten Nichterfüller, also Lehrer die nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie ein verbeamteter Lehrer”, so Möllring gegenüber der “Rheinischen Post”. “Das sind in der Regel Quereinsteiger, die keine pädagogische Ausbildung haben. Allein aus Lohngerechtigkeit kann man denen doch nicht das gleiche zahlen, wie einem Pädagogen, der dafür ein langes Studium mit Staatsexamen und Referendariat absolviert hat. Das sehen auch viele in der Lehrerschaft so.”
Am 20. Januar wird in Niedersachsen gewählt. Dann droht der CDU ein Machtverlust durch rot-grün.
(05.01.2013)