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Regierungsberaterin: Weg mit Hausaufgaben – Kraus widerspricht

BERLIN. Hausaufgaben sollten nach Ansicht der Bildungsexpertin Prof. Jutta Allmendinger abgeschafft werden. Es sei viel besser, den Lernstoff im Unterricht selbst in kleinen Gruppen zusammen mit dem Lehrer noch einmal durchzuarbeiten, sagt die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Heftiger Widerspruch kommt vom Deutschen Lehrerverband. „Hausaufgaben sind sinnvoll und ein notwendiger Bestandteil schulischen Lernens“, befindet dessen Präsident Josef Kraus.

Zementieren Hausaufgaben die Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem? Foto: apdk / Flickr (CC BY 2.0)

«Hausaufgaben alten Stils zementieren soziale Ungleichheit», sagte Allmendinger, die auch im Integrationsbeirat der Bundesregierung sitzt. Studien hätten gezeigt, dass viele Eltern den gesamten Lernstoff mit ihren Kindern durcharbeiteten. Kinder, deren Eltern das nicht leisten könnten, gerieten ins Hintertreffen. Voraussetzung für eine Abschaffung der Hausaufgaben sei allerdings die Umwandlung aller Schulen in Ganztagsschulen.

Dass sich viele Eltern so massiv einbringen, hat nach Überzeugung von Allmendinger nicht nur mit der gestiegenen Bedeutung einer erfolgreichen Schulausbildung zu tun. «Die Hausaufgaben werden in gewisser Weise zu einem neuen Kommunikationsmedium zwischen Eltern und Kindern, zu einer neuen Art von Vergemeinschaftung. Weil man ja sonst viel weniger Zeit miteinander verbringt.»

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Um mehr Chancengleichheit zu schaffen, fordert Allmendinger neben Ganztagsschulen ein längeres gemeinsames Lernen mindestens bis zum Alter von 14 Jahren. Am wichtigsten sei jedoch ein flächendeckender Ausbau von Kindertagesstätten. Ohne den Kita-Besuch gerieten Kinder aus sozial schwachen Familien schon in den ersten Lebensjahren in einen massiven Entwicklungsrückstand. Leider treffe für Deutschland immer noch der Satz zu: «Einmal arm – immer arm.»

Insbesondere für schwächere Schüler, so meint hingegen Lehrerverbands-Präsident Kraus, seien Hausaufgaben unerlässlich, nämlich als Chance zum nachträglichen Verstehen und zum Einüben. Dagegen seien die schulisch stärkeren Schüler weniger auf Hausaufgaben angewiesen. Kraus: „Hausaufgaben sind ein Teil der Erziehung zu Eigenverantwortung und Selbständigkeit, Schüler lernen damit ein eigenständiges Arbeiten. Dafür muss die Ausführung freilich richtig geplant und erledigt werden. Werden die Aufgaben nur schnell hingeschmiert, zwischen Abendessen und Zu-Bett-Gehen gequetscht oder im Schulbus oder in der Schulpause abgeschrieben, dann allerdings bringen sie wenig.“

Hausaufgaben zeigten den Lehrern, was Schüler verstanden haben und wo noch unterrichtlicher Klärungs- und Übungsbedarf besteht. „Die Voraussetzung dafür, dass der Lehrer diesen Erkenntnisstand ablesen kann, ist natürlich, dass die Schüler sich eigenständig mit den Hausaufgaben auseinandersetzen“, sagte Kraus. „Liest der Lehrer im Wesentlichen das Ergebnis der Bemühungen der Eltern, erhält er nicht die erforderliche Rückmeldung zum Verständnisstand der Klasse. Kinder sollen nicht mit von den Eltern geschönten Hausaufgaben in die Schule kommen, sondern mit ehrlichen.“ News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Mittelschicht-Mütter fühlen sich zunehmend als „Hilfslehrer“

 

 

 

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