DÜSSELDORF. Immer mehr Armutsflüchtlinge aus Südosteuropa kommen nach Deutschland. Für Schulen ist das eine Herausforderung – viele der Kinder sprechen kaum Deutsch.
Der Schulbesuch immer größerer Gruppen rumänischer und bulgarischer Jugendlicher stellt die Kommunen in Nordrhein-Westfalen vor große Herausforderungen. Betroffen sind vor allem Duisburg, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Hamm, Köln und Wuppertal. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort von NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) auf eine Anfrage der CDU-Opposition hervor. Da viele Zuzügler kein einziges Wort Deutsch sprächen, könne ein normaler Unterricht im Klassenverband oft nicht mehr gewährleistet werden, kritisierte der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Tenhumberg.
Die Ministerin verwies darauf, dass vor allem Schulen in sozialen Problemlagen durch zusätzliche Stellen unterstützt würden. Die Mittel können bei den Bezirksregierungen beantragt werden. Die Behörden könnten auch aus dem Kreis neu Zugewanderter geeignete Lehrkräfte für den Unterricht in den Herkunftssprachen rekrutieren. Zudem könne der Topf für Vertretungsunterricht für unvorhersehbar zuziehende Kinder angezapft werden.
In Deutschland gilt seit dem 1. Januar für Rumänen und Bulgaren die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das bedeutet, dass Bürger aus diesen beiden EU-Ländern in Deutschland nun auch als Arbeitnehmer in jedem Fall – also auch bei geringerer Qualifizierung – auf Jobsuche gehen können. Bulgarische und rumänische Hochschulabsolventen, Facharbeiter und Auszubildende konnten schon vor dem Stichtag ohne gesonderte Genehmigung in Deutschland arbeiten. Auch als Selbstständige oder Saisonarbeiter durften Rumänen und Bulgaren hierzulande schon bisher arbeiten.
Der Migrationsforscher Klaus F. Zimmermann vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) warnt laut “Tagesspiegel” vor populistischer Stimmungsmache: Die große Mehrheit der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien seien gut qualifizierte Fachkräfte wie Ärzte oder Ingenieure, die in Deutschland dringend gebraucht würden. „Entgegen manchen Stammtischparolen“, so zitiert das Blatt Zimmermann, zählten Bulgaren und Rumänen „schon jetzt zu den besonders gut integrierten Ausländergruppen bei uns“. Die Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien könne keinesfalls pauschal als „Armutszuwanderung“ qualifiziert werden, warnt dem Bericht zufolge ebenfalls das bundeseigene Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).Tatsächlich wiesen auch die IAB-Daten aus, dass die Arbeitslosenquote der in Deutschland lebenden Bulgaren und Rumänen Mitte 2013 mit 7,4 Prozent etwas geringer war als die der Deutschen (7,7 Prozent), 60 Prozent von ihnen sind erwerbstätig.
Allerdings gebe es einige gravierende Probleme, auf die das IAB hinweist: 46 Prozent der Bürger aus den beiden EU-Staaten, die nach 2007 zugewandert sind, hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die stetige Zunahme des Anteils der Leistungsbezieher unter den Migranten aus beiden Ländern nennt das Institut laut “Tagesspiegel” „beunruhigend“. Zudem verweisen die Arbeitsmarktforscher auf die sozialen und ökonomischen Probleme von Bulgaren und Rumänen in einigen strukturschwachen Städten wie Duisburg, Dortmund und Berlin. Dort sei der Anteil der Arbeitslosen- und Leistungsempfänger „zum Teil sehr hoch“.
Derzeit ist ungewiss, wie weit eine mögliche “Armutszuwanderung” die kommunalen Kassen belasten wird. Das Statistische Landesamt von Nordrhein-Westfalen verfügt noch nicht über aktuelle Zahlen zum Zuzug schulpflichtiger Jugendlicher aus den südosteuropäischen Ländern nach NRW.
Auch in Berlin wird ein massiver Zuzug von Rumänen und Bulgaren beobachtet. In der Bundeshauptstadt sind offiziell rund 26.000 Rumänen und Bulgaren gemeldet – in Wirklichkeit dürften es doppelt so viele sein, berichtet die “Welt”. Davon seien viele Roma. “Wir haben seit 2010 rund 800 Kinder aus Osteuropa eingeschult, die allermeisten von ihnen ohne Deutschkenntnisse”, so berichtet Franziska Giffey (SPD), Neuköllns Bildungsstadträtin, für ihren Stadtteil. “Wir kommen an unsere Grenzen, auch wenn sich die jungen Kinder gut entwickeln. Wir haben Willkommensklassen eingerichtet, in denen sie erst rund sechs Monate Deutsch lernen, bevor sie in die Regelklasse wechseln. Kommen die Kinder mit fünf, sechs Jahren und werden hier in die erste Klasse eingeschult, haben sie gute Chancen auf eine ganz normale Schulkarriere, sogar aufs Abitur. Schwierig ist es mit den Zehn- bis Zwölfjährigen. Einige haben in ihrem Leben nie eine Schule besucht und können nicht lesen und schreiben. Die haben in der Regel keine Chance auf einen Abschluss und dementsprechend auch nicht auf einen Job. Sie entfliehen der prekären Lage in ihrer Heimat und rutschen hier in eine neue”, so wird die Politikerin in der “Welt” zitiert. News4teachers

