BERLIN. Die „AG Feministisch Sprachhandeln“ der Humboldt-Universität zu Berlin sorgt für Wirbel: Sie hat einen Leitfaden für aus ihrer Sicht genderpolitisch korrekte Sprache herausgegeben. Der Begriff „Lehrer“ wird darin zu „Lehra“, der „Doktor“ zu „Doktox“. Beispielsatz aus der Broschüre: „Unsa Lautsprecha ist permanent auf Demos unterwegs. Ea erfreut sich hoher Beliebtheit.“ AG-Mitglied Professorin Lann Hornscheidt, Wissenschaftlerin am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, rechtfertigt das Papier im Interview.
Die deutsche Sprache verwendet das generische Maskulinum für Verallgemeinerungen. Warum wollen Sie das ändern?
Hornscheidt: Ich nenne es nicht generisches Maskulinum, sondern andro-genderndes Maskulinum. Wie alle Untersuchungen zeigen, ist es nicht neutral. Denn Menschen stellen sich dabei vor allem Männer vor. Andro-genderung heißt: Der Mann ist die menschliche Norm. Für mich sollten Menschen sich aber sowohl Frauen, als auch Männer vorstellen können, wenn sie ein Wort hören.
Sie schlagen stattdessen neutrale x-Endungen vor, etwa «Professx» statt «Professoren».
Hornscheidt: Es kommt auf den Zusammenhang an. Nur x-Formen zu benutzen ist keine Lösung. Die x-Form soll aber deutlich machen: Es gibt auch noch mehr als Frauen und Männer. Ganz viele Menschen identifizieren sich nicht damit, Frau oder Mann zu sein. Viele wollen auch nicht das eine oder das andere sein. Alle Sprachänderungen vorher haben versucht, Frauen sichtbarer zu machen. Das X soll einen Schritt weiter gehen und Geschlechts-Vorstellungen durchkreuzen, auch bildlich. G
Gibt es dann für Sie überhaupt Frauen und Männer?
Hornscheidt: «Frau sein» und «Mann sein» oder «Frauen» und «Männer» sind eine extrem starke soziale Wirklichkeit. Die Gesellschaft schafft fortlaufend Geschlechtsunterschiede – etwa bei der Bezahlung von Arbeit oder bei der Anrede. Und umso mehr diese Unterschiede geschaffen werden, umso «natürlicher» wirken sie.
Würden Sie vorschreiben wollen, «Professx» zu sagen?
Hornscheidt: Nein, definitiv nicht. Menschen sollen darüber nachdenken, und selbst Veränderungen wollen. Jede Vorschrift ist problematisch.
Ist die x-Form in der Alltagssprache praktikabel?
Hornscheidt: Vielleicht irgendwann. Sprache verändert sich kontinuierlich. Im Schwedischen zum Beispiel gab es, wie bei uns, nur «er» und «sie». Dann wurde ein drittes, ganz neues Pronomen eingeführt, das sich in wenigen Monaten als neutrale Form durchgesetzt hat. Das zeigt: Die Grundeinstellung «Sprache ist einfach so» ist falsch. Sprachregeln sind auch gemacht und begünstigen bestimmte Positionen und andere eben nicht.
Die AG Feministisch Sprachhandeln der Humboldt-Universität zu Berlin, so ist es deren Internet-Auftritt zu entnehmen, „ist als statusgruppen- und fakultätsübergreifende Unter-AG der Arbeitsgruppe ‚Gleichstellungssatzung nach § 5a Berliner Hochschulgesetz‘ entstanden“. Die AG verstehe sich als „feministisch, was für uns heißt, gegen viele, miteinander verbundene strukturelle Diskriminierungen aktiv zu handeln. Zu diesen Diskriminierungen gehören Sexismus/Genderismus, Ableismus (die Herstellung von und Diskriminierung über beHinderung), Rassismus, Klassismus und Migratismus (die Herstellung von und Diskriminierung über Migration)“, so heißt es auf der Seite.
Zum Bericht: „Geschlechtergerechte Sprache“: Uni-Leitfaden macht aus Lehrer„Lehra“
