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Bundeswehr-Auftritte an Schulen: Grün-Rot räumt Referendaren ein „Verweigerungsrecht“ ein

STUTTGART. Kompromiss im Streit um Bundeswehr-Auftritte an Baden-Württembergs Schulen: Die Bundeswehr darf auch künftig die politische Bildung im Unterricht mitgestalten –gleichzeitig sollen aber Friedensorganisationen stärker an der Friedenserziehung mitwirken. Pikantes Detail der Neuregelung: Referendare haben künftig ein „Verweigerungsrecht“, wenn es um Auftritte von Jugendoffizieren im Unterricht geht.

Mit solchen Fotos wie diesem von einer “Informationslehrübung” wirbt die Bundeswehr für sich. Foto: Bundeswehr-Fotos Wir. Dienen. Deutschland. Flickr (CC BY 2.0)

Neben der Bundeswehr sollen künftig auch Friedensorganisationen an der politischen Bildung an Schulen in Baden-Württemberg mitwirken. Darauf habe sich Kultusminister Andreas Stoch (SPD) mit Vertretern verschiedener Organisationen geeinigt, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Ein Grundsatzpapier soll festlegen, wie die Organisationen prominenter in der Friedenserziehung verankert werden können, hieß es.

Die Einigung ist ein Kompromiss: In der Vergangenheit hatten neben Friedensaktivisten auch die Grünen vom Kultusministerium gefordert, die bestehende Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr aufzulösen. Diese wurde 2009 von der schwarz-gelben Vorgängerregierung geschlossen und sieht unter anderem vor, dass Jugendoffiziere im Schulunterricht über die deutsche Sicherheitspolitik informieren. Nun will das Kultusministerium eine Erneuerung der Regelung: Nach wie vor sollen Jugendoffiziere nicht an Schulen werben dürfen. Anders als bisher sollen aber etwa Referendare nicht gegen ihren Willen während ihrer Ausbildung an Angeboten der Bundeswehr teilnehmen müssen.

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Obwohl an der Kooperation mit der Bundeswehr festgehalten wird, zeigten sich die Grünen zufrieden mit dem Kompromiss. «Für die politische Bildung braucht es ein ausgeglichenes Angebot an den Schulen», sagte die bildungspolitische Sprecherin Sandra Boser. Friedenspolitik müsse von mehreren Seiten beleuchtet werden können, um den Schülern zu ermöglichen, verschiedene Positionen einzubeziehen und abzuwägen. «Deshalb soll künftig die Friedensbewegung auf Augenhöhe mit der Bundeswehr gebracht werden.»

Wie konkret die Zusammenarbeit mit den Friedensverbänden am Ende tatsächlich aussehe, werde erst das Ergebnis des Arbeitsprozesses zeigen, sagte Roland Blach, Sprecher der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK). «Wir haben in den Gesprächen dargestellt, dass wir nach wie vor die Kündigung erwarten und erhoffen», betonte er. «Aber das, was wir jetzt erleben, hat es so in den letzten Jahrzehnten nie gegeben.»

Die Bundeswehr schickt sowohl die sogenannten Jugendoffiziere als auch Karriereberatungsoffiziere an Schulen in Baden-Württemberg. Die Aufgaben der Offiziere sind voneinander abzugrenzen – auch, was die aktive Werbung an Schulen für den Dienst in den Streitkräften angeht.

Jugendoffiziere gibt es in Deutschland seit 1958. Nach eigenen Angaben informieren sie über die deutsche Sicherheitspolitik beispielsweise in Universitätsseminaren, in der Lehreraus- und -weiterbildung sowie an Schulen. Nach wie vor soll es Jugendoffizieren untersagt sein, an Schulen aktiv für den Dienst in den Streitkräften zu werben. Karriereberatungsoffiziere informieren hingegen über Ausbildungs-, Studien- und Berufswege und somit ganz konkret über die Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr. Sie besuchen neben Ausbildungsmessen und Berufsinformationszentren auch Schulen. Die Schulen können selbst entscheiden, ob sie einen Karriereberater zur Berufsinformation der Schüler einladen, wie es im Kultusministerium heißt. «Da es sich jedoch nicht um Unterricht handelt, können die Schülerinnen und Schüler auch nicht verpflichtet werden, diese Informationsangebote wahrzunehmen», sagte ein Sprecher. In Baden-Württemberg arbeiten nach Angaben des Karrierecenters Stuttgart rund 90 Offiziere sowie 110 zivile Mitarbeiter als Karriereberater. dpa

Zum Bericht: Bundeswehr wirbt verstärkt an Schulen

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