KIEL. Wie lange hält sich Bildungsministerin Wende noch im Amt? Nach dem politischen Druck wegen der umstrittenen Rückkehroption als Professorin nach Flensburg ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit. Noch steht Ministerpräsident Albig zu Wende.
Während im Norden 22.000 Erstklässler am Montag, 25. August, ihren ersten Schultag feierten, beschäftigte Bildungsministerin Waltraud Wende ein ganz anderes, brisantes Thema: Sie bekam überraschenden „Besuch“ von der Staatsanwaltschaft Kiel. Beamte durchsuchten ihre Arbeitsräume im Ministerium und ihr privates Domizil in Flensburg. Akten wurden beschlagnahmt, elektronische Daten gesichert. In der Staatskanzlei ließ man sich die Personalakte der parteilosen Politikerin aushändigen. Parallel lief eine Razzia beim Kanzler der Uni Flensburg, Frank Kupfer.
Der Verdacht der Staatsanwaltschaft geht in strafrechtliche Bereiche, die mancher eher mit der Mafia verbindet: Bestechung und Bestechlichkeit sowie Betrug. Kupfer soll 2012 „maßgeblich und rechtswidrig“ an einer Rückkehroption Wendes an die Universität Flensburg mitgewirkt haben – für den Fall, dass sie ihr Ministeramt vorzeitig beendet. Dafür hätte eine mit rund 8000 Euro monatlich dotierte Professorenstelle erst geschaffen und ohne Ausschreibung vergeben werden müssen. Im Gegenzug dafür soll Wende – damals Flensburger Uni-Präsidentin – Kupfer dem Senat der Uni zur Wiederwahl als Kanzler vorgeschlagen haben. Der Betrugsvorwurf gegen Wende basiert, vereinfacht formuliert, darauf, dass die Wissenschaftlerin dem Senat vorgegaukelt haben soll, ein Rechtsgutachten habe den Anspruch auf eine Rückkehr nach Flensburg bestätigt.
Nach öffentlichem Druck erklärte Wende am 17. April, auf die Rückkehroption zu verzichten. Dazu hatte ihr Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) geraten. Die Opposition im Landtag attackierte Wende und forderte ihren Rücktritt. Albig wiederum hielt im Landtag massiv dagegen und stärkte Wende den Rücken. Er warf der Opposition eine persönliche Schmutzkampagne vor. Dabei gehe es der Opposition letztlich darum, durch persönliche Angriffe die Regierung zu destabilisieren.
Ritterlich setzte sich Albig im Mai in einer Sitzung des Bildungsausschusses des Landtags demonstrativ neben Wende und parierte für sie zahlreiche verbale Angriffe der Opposition. Dabei lobte er erneut seine Ministerin und sprach ein Machtwort: Bis zum Ende der Legislaturperiode 2017 werde Wende ihre gute Arbeit fortsetzen.
Albig selber hatte Wende aus Flensburg in die Politik geholt, sie gefragt, ob sie Ministerin werden wolle. Die Wissenschaftlerin hat keine Parteierfahrung. Die Opposition warf Wende wiederholt professorales Gehabe und Selbstherrlichkeit vor. Neben dem persönlichen Vorwurf der Selbstbedienung und Selbstbegünstigung lehnen CDU und FDP Wendes Schulpolitik ab, die sie ideologisch motiviert sehen. Hauptkritikpunkt: Die Ministerin wolle mit der Einführung des „Einheitslehrers“ das Gymnasium abschaffen – was diese bestreitet.
Sollte Wende ihr Ministeramt nach den staatsanwaltlichen Ermittlungen aufgeben (müssen), könnte die Opposition das von Albig ihr unterstellte Ziel, erreichen – die Landesregierung zu destabilisieren. Die Unterstützung des Ministerpräsidenten für seine Ministerin war am Montag im Vergleich zu früherem Beistand recht blass: „Wir haben keinen Hinweis zu glauben, dass sich der Anfangsverdacht erhärten wird.“ Von Matthias Hoenig (dpa)