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Bundesregierung drängt auf „digitale Agenda“ für die Schulen – Kraus warnt vor „totaler Computerisierung“

BERLIN. Die „digitale Agenda“ geht in Deutschland Schulen an den Start. Der Bund stellt in den nächsten zehn Jahren 500 Millionen Euro bereit, um Lehrkräften die Weiterbildung im Bereich der Digitalen Medien zu ermöglichen. Die Kanzlerin betont, wie wichtig es ist, Schülern digitale Kompetenzen zu vermitteln. Der Bundeswirtschaftsminister fordert sogar, Programmiersprachen als zweite Fremdsprachen in Schulen zu unterrichten. Warum eigentlich? Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, lässt sich von der Begeisterung fürs Digitale nicht anstecken.

Die schöne neue Computerwelt – in Schulen sinnvoll? Illustration: Gerd Altmann / pixelio.de

„Heute kommen Schülerinnen und Schüler in die Schule, die wachsen ganz natürlich mit dem Computer auf, was ja für Ältere wie mich zum Beispiel noch nicht der Fall ist. Und hier muss natürlich – und wird ja auch zum Teil – Gelegenheit gegeben werden, dass die Digitale Agenda auch von den Lehrerinnen und Lehrern gut beherrscht wird“, so sagte Angela Merkel (CDU) unlängst in einem Podcast-Interview. „Wir geben bis 2024, also in den nächsten zehn Jahren, hierfür 500 Millionen Euro aus. Und ich denke, dass natürlich das Thema Qualifizierung auch während der Arbeit als Lehrer immer wieder sehr wichtig ist.“

“Programmiersprachen gehören zu den Sprachen des 21. Jahrhunderts”, so hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nur wenige Tage zuvor in einem Interview mit der “Rheinischen Post” befunden. Er forderte deshalb, “Programmiersprachen als zweite Fremdsprachen” in Schulen zu unterrichten. So sollen Kinder und Jugendliche früh ein Verständnis für Computer bekommen.

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„Es gibt viele Wege, wie wir Kinder und Jugendliche für das Programmieren begeistern können – der Schulunterricht ist nur einer davon”, so Gabriel. “Für mich wäre eine der Möglichkeiten, Programmiersprachen als zweite Fremdsprache in Schulen anzubieten.” Hierzu hätten Unternehmen und Forschungseinrichtungen wie das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam bereits eigene Initiativen gestartet. “Ich glaube, dass wir diese Vielfalt brauchen. Auch die SPD-Bundestagsfraktion fordert eine digitale Bildungsoffensive. Sie will „Medienpädagogik als verpflichtenden Teil der Aus- und Fortbildung” verankern, so steht es der „Welt“ zufolge in einem Positionspapier. Damit soll der kompetente und verantwortliche Umgang mit digitalen Medien ermöglicht werden.

Die Internet-Botschafterin der Bundesregierung bei der EU-Kommission, Gesche Joost, hatte sich bereits im März für ein Schulfach Programmieren ab der Grundschule ausgesprochen: „Es ist wichtig, früh zu verstehen, dass das Internet kein Ort allein des Konsums ist, sondern etwas, das man selber gestalten kann. Zudem werden die Programmiersprachen ja immer einfacher”, sagte sie in einem Interview mit der “Berliner Morgenpost”.

Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), betrachtet das Thema allerdings laut „Welt“ mit einem „gehörigen Schuss Skepsis”. Er warnt vor der „totalen Computerisierung” des Unterrichts. „Informationen werden nicht mehr richtig aus Büchern herausgearbeitet, sondern nur schnell im Internet gezogen”, sagt er. So sinke die Konzentrationsfähigkeit der Schüler. Eine Alternative laut Kraus: „Anstatt viel Geld in teure Laptops zu investieren, sollten Schulbibliotheken besser ausgebaut werden.” In Skandinavien und Südtirol etwa sei das bereits gängige Praxis. Schüler aus beiden Regionen lagen in den letzen PISA-Studien vor Deutschland. Nach Ansicht des Lehrerpräsidenten ist der punktuelle Einsatz von Computern, zum Beispiel durch Unterrichtsstunden im PC-Raum, für das spätere Berufsleben der Generation “Digital Natives” ausreichend. News4teachers

Zum Bericht: Lernen mit Computer: mangelhaft – neuer Bildungsschock droht

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