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Streit um Bildungsplan: Philologen kritisieren “Pornografisierung” von Schule

STUTTGART. Eine „Pornografisierung der Schule“ beklagt der Vorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Bernd Saur. In einem Beitrag für den „Focus“ kritisiert Saur, einige Bundesländer wollten abstruse Vorstellungen einer modernen Sexualpädagogik im Bildungsplan der Schulen verankern. In Stuttgart hatten am Sonntag nach Polizeiangaben 1.200 Menschen gegen das Vorhaben der grün-roten Landesregierung demonstriert, „sexuelle Vielfalt“ im Unterricht stärker zu thematisieren.

Unter dem Motto “Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder” wollen die Bildungsplangegner in Stuttgart wieder auf die Straße gehen. (Das Bild zeigt eine Szene aus einer Demonstration am 28. Juni 2014 in Stuttgart.) Foto: Demo für Alle / flickr (CC BY-SA 2.0)

Es sei unsäglich, „was Gender-Sexualpädagogen, neoemanzipatorische Sexualforscher und andere postmoderne Entgrenzer“  in den Unterricht integrieren wollten, befindet Saur. „Lederpeitsche und Fetische wie Windeln, Lack und Latex wollen sie als Lehrgegenstände in die Bildungspläne integrieren. Themen wie Spermaschlucken, Dirty Talking, Oral- und Analverkehr und sonstige Sexualpraktiken inklusive Gruppensex-Konstellationen, Lieblingsstellung oder die wichtige Frage ‚Wie betreibt man einen Puff‘ sollen in den Klassenzimmern diskutiert werden.“ Das „sprengt eindeutig den Rahmen dessen, was Kindern zugemutet werden darf“, meint der Philologen-Chef.

Für Kinder sei der  Bereich der Sexualität eine hoch sensible, zutiefst private, intime und mit einer natürlichen Schamgrenze geschützte Zone, betonte Saur. Die „Übersexualisierung“ entspreche einem Anschlag auf ihr natürliches und überaus schützenswertes Empfinden, einer eklatanten Verletzung der Schamgrenze. Saur betonte allerdings, seine Kritik beziehe sich nicht auf Baden-Württemberg, sondern auf Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

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Der SPD-Bildungspolitiker Stefan Fulst-Blei sprach von «übelster Überspitzung» und kritisierte, dass Saur die Themen aus ihrem möglicherweise pädagogischen Zusammenhang gerissen habe. So könne das Thema Spermaschlucken bei der Prävention in der Schule gegen Ansteckung mit dem HI-Virus eine Rolle spielen. Sexualpraktiken gerieten bei der Vermittlung von Wissen über Verhütung unweigerlich in den Fokus. Es stelle sich allerdings die Frage, „ob die Aufzählungen seiner Fantasie entsprungen sein könnten“.

Das baden-württembergische Kultusministerium wehrt sich laut „Stuttgarter Nachrichten“ gleichwohl gegen Vorwürfe, die Schulen “sexualisieren” zu wollen. „Die Initiatoren spielen bewusst mit den Ängsten von Eltern, um ihrer Ideologie zu entsprechen und ihre Anhänger anzuheizen“, sagte ein Sprecher von Ressortchef Andreas Stoch (SPD) mit Blick auf die Demonstration am Sonntag. Vielmehr sei der Wert von Ehe und Familie einer der Grundpfeiler des neuen Bildungsplans, der in Baden-Württemberg von 2016 an gelten soll. Darin gibt es sechs sogenannte Leitperspektiven. Eine davon beschäftigt sich mit der Vielfalt und definiert, dass die Schüler lernen sollen, sexuelle, ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt zu akzeptieren.

Eltern und Großeltern hatten sich bei der Protestversammlung in Stuttgart mit blauen und rosa Ballons gegen das Vorhaben gewandt. Auf ihren Transparenten war zu lesen: „Schützt unsere Kinder“, „Recht auf Kindheit“ und „Gender-Ideologie stoppen“. 500 Polizisten überwachten die „Demo für alle“, gegen die auch 200 Gegendemonstranten auf die Straße gingen. Diese traten laut einem Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ aggressiv auf. Am Ende der Veranstaltung seien sogar Klappstühle geworfen worden. Insgesamt habe die Polizei acht Störern Platzverweise erteilt und mehrere Gegenstände, darunter Textilien zur Vermummung, sichergestellt. Die linken Gruppen hätten ihrem Ärger über die Bildungsplangegner mit lauten Singchören und vereinzelten Stinkbomben Luft gemacht, hieß es. Auch drei Körperverletzungen, die sich gegen die Demonstranten richteten, seien angezeigt worden. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Streit um “sexuelle Vielfalt” im Unterricht: Demonstration gegen Grün-Rot unter hohem Polizeiaufgebot

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