HANNOVER. An niedersächsischen Gymnasien werden wohl im gesamten Schuljahr Klassenfahrten ausfallen – und das, obwohl das Kultusministerium in Hannover Touren über mehrere Tage mit Eltern jetzt doch erlaubt. Der Protest gegen die Erhöhung der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer von 23,5 auf 24,5 Stunden flaut nicht ab, berichten Zeitungen wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) oder der „Tagesspiegel“. Jetzt kündigen Schüler Gegenmaßnahmen an.
Obwohl der Boykottbeschluss der Personalräte für die Schulen nicht bindend sei, zeigten sich in der Praxis mannigfaltige Spielarten des Boykotts. Manche Schulen strichen nur die Eingangsfahrten für die Fünftklässler, die anderen die Abschlussfahrten für den zehnten Jahrgang oder die Abiturienten. Manche Schulen verzichteten komplett auf alle Fahrten, andere unternähmen lediglich die Austauschreisen, damit die Partnerschaften mit Schulen in Frankreich oder England nicht zum Erliegen kämen, berichtet die HAZ.
Die Zeitung kommentiert: „Ein Jahr nach der Entscheidung, die Unterrichtsverpflichtung an den Gymnasien zu erhöhen und die Altersermäßigung für Pädagogen ab 55 erst mal auszusetzen, steht man sich unversöhnlicher denn je gegenüber. Das Verhältnis der Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) zu den Lehrerverbänden könnte kaum kühler sein: Der Philologenverband klagt vor dem Staatsgerichtshof gegen die Mehrarbeit, die GEW erwägt sogar den Beamtenstreik.“
Daran ändert es wenig, dass das Kultusministerium offenbar jetzt eine Sonderlösung in Sachen Klassenfahrten genehmigt hat: Eltern dürften mehrtägige Ausflüge mit den Gymnasiasten unternehmen. Die Kinder können dem Bericht zufolge für die Ausflüge von der Schulpflicht befreit werden – müssen den versäumten Unterrichtsstoff aber selbstständig nachholen. Diese Fahrten gelten dann zwar nicht als Klassenfahrten, aber immerhin als „schulfahrtähnliche Veranstaltung“. Allerdings: Macht eine solche Tour pädagogisch Sinn? Für die allermeisten Schulen offenbar nicht; das Modell kommt derzeit erst an einer Schule zum Tragen.
Der Landesschülerrat will nicht hinnehmen, dass Klassen- und Kursfahrten vorerst nicht mehr stattfinden sollen. Wenn die Lehrer freiwillige Leistungen strichen, könnten auch Schüler ihrerseits freiwillige Dienste einstellen, sagt der Vorsitzende des Rats, Helge Feußahrens, laut „Tagesspiegel“. So sei etwa denkbar, dass sich Schüler weigerten, die Tafeln im Klassenraum abzuwischen oder die Klassenbücher zu führen. Oder dass sie zwar in die Schule kämen, sich aber nicht am Unterricht beteiligten. Nach den Herbstferien sollen die Proteste beginnen. Die Schülervertreter zeigen dem Bericht zufolge nicht viel Verständnis für ihre Lehrer.
So meint Feußahrens: Für sie sei eine Stunde mehr Unterricht durchaus vertretbar. News4teachers