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Yogeshwar auf dem Deutschen Schulleiterkongress: “Schule braucht Priorität”

DÜSSELDORF. Der Diplom-Physiker Ranga Yogeshwar gilt seit Jahren als beliebtester Wissenschaftsjournalist Deutschlands. Bekannt ist er unter anderem aus Sendungen wie „Quarks & Co“ und „Wissen vor 8“. Yogeshwar, Jahrgang 1959, wuchs in Luxemburg und Indien auf. Er referiert heute auf dem Deutschen Schulleiterkongress – und plädiert dort für einen radikalen Umbau des Schulsystems.

Plädiert für neue Unterrichtsmethoden: Ranga Yogeshwar. Foto: privat

Ihr Vortrag beschäftigt sich mit der modernen Wissensvermittlung: Was verstehen Sie darunter?

Yogeshwar: Heute ist es so, dass die Halbwertszeit des Wissens in einigen Bereichen sehr kurz geworden ist und von daher die Lernfähigkeit wichtiger ist als je zuvor. Wir haben in Deutschland oft das Problem, dass wir leistungs- und nicht lernorientiert sind. Der Schüler büffelt, damit er in der nächsten Klausur eine gute Note bekommt. Was wir brauchen, ist ein Lernen, das unser Leben bereichert. Zudem gibt es eine Reihe von Erkenntnissen aus der Hirn- und Bildungsforschung, die besser beachtet werden sollten. Wenn uns die Gehirnforschung Erkenntnisse über das pubertierende Gehirn liefert, dann muss man sich schon fragen, ob man die Curricula nicht etwas umstellen sollte. Es geht aber noch weiter. Wir haben die Möglichkeit, etwa mittels Computer-Tutorials, ein Lernen zu entwickeln, bei dem der Schüler selber aktiv wird. Er hat einen Computer und löst beispielsweise mathematische Aufgaben. Der Lehrer wird dabei eher zum Begleiter. Der Vorteil ist, dass Lehrer die Individualität der Schüler stärker berücksichtigen können.

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Was sind denn die zukünftigen Anforderungen an unser Bildungssystem?

Yogeshwar: Schule braucht in unserer Gesellschaft eine andere Priorität. Bildung ist für ein Land wie Deutschland wahrscheinlich das Wichtigste, auch weil wir im globalen Wettbewerb stehen. Wenn Sie sich heute angucken, welche Priorität Bildung in Japan oder Südostasien im Allgemeinen genießt, da wird man neidisch. In Deutschland reiben wir uns auf mit irgendwelchen Diskussionen: Es mangelt an Ausstattung und so weiter. Da müssen wir unbedingt ran. Hinzu kommt, dass es bestimmte Bereiche gibt, wo wir nicht schnell genug reagieren. Bestes Beispiel ist das Programmieren. Ich habe vier Kinder, zwei davon haben schon das Abitur. Diese zwei haben keine Zeile programmiert während ihrer Schullaufbahn. Wenn man davon ausgeht, dass Programmieren die Sprache des 21. Jahrhunderts ist, kann es nicht sein, dass die Schule Analphabeten ins Leben entlässt.

Deutschland muss also aktiver werden?

Yogeshwar: Auch pragmatischer. Aus meiner Sicht ist die föderale Bildungslandschaft die völlig falsche Struktur: Dass 2014 Mathematik in Berlin anders ist als in Hamburg oder München – das können Sie keinem mehr vermitteln! Wir müssten mal alle Dogmen beiseitelegen und überlegen, was Schule wirklich leisten muss, und zwar ganz offen!

Wie müsste das deutsche Bildungssystem revolutioniert werden?

Yogeshwar: Was wir in Deutschland tun, ist notorisch. Seit 2000 reagieren wir auf zum Teil sehr mäßige Benotungen, die wir in internationalen Vergleichen bekommen. Das müssen wir ändern. Ich finde auch, dass wir den Prozess in einigen Punkten falsch anpacken. Das sehen Sie zum Beispiel daran, dass wir viele Schüler haben – die Pisa-Studie fokussiert auf die 15-Jährigen –, die durchfallen. Die Schüler wiederholen ein Jahr. Das ist natürlich ein Verlust an Lebenszeit. Wir haben nicht so viele junge Leute. Wir müssen mit ihnen sorgsamer umgehen.

Welche Botschaft haben Sie für die Schulleiter auf dem Kongress?

Yogeshwar: Ich möchte ermutigen und sagen: „Kommt Leute, jetzt packen wir es an“! Im Vortrag möchte ich zeigen, dass es andere Wege der Wissensvermittlung gibt, die funktionieren. Und da sie gut funktionieren, sollte man den Mut haben und sagen, lasst es uns machen.

Zum Bericht: Deutscher Schulleiterkongress – Bildungsgipfel mit viel Prominenz

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