MÜNCHEN. „Pisa“, „Iglu“, „Timss“, „Desi“ oder diese Woche wieder aktuell „Vera“ – das alles seien Begriffe, die den Prüfungswahn in deutschen Schulen auf den Punkt bringen, heißt es in einer Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer. Die Schüler würden nicht selten auf die Aufgabenformate hintrainiert, getestet, ausgewertet und verglichen – alles in der Hoffnung, möglichst gut abzuschneiden und nicht wieder auf die hinteren Ränge verwiesen zu werden. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit bleibe aber. „Denn, ein Schwein wird auch nicht fetter, nur weil man es öfter wiegt.“
Die bayerischen Grundschüler müssen diese Woche wieder beim „Vera“-Vergleichstest ihr Können unter Beweis stellen. Die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer (ABJ) im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband frage sich jedoch, welches Können genau geprüft werde. „Zeigen die Schüler, welches Wissen sie erworben haben und dass sie dieses anwenden können, oder stellen sie doch nur unter Beweis, dass sie sich gut auf verschiedenste Aufgabentypen einstellen können?“
Auch der Zeitpunkt der „Vera“-Tests sei mehr als unglücklich gewählt, so Kerstin Polster, Vorsitzende der ABJ. „Manche Inhalte wurden noch nicht behandelt, andere liegen wieder einige Zeit zurück.“ Sinnvoller wäre es – wenn schon getestet werden müsse – die Vergleichsarbeiten an den Anfang des Schuljahres zu verlegen, wo bei allen Schülern der Jahrgangsstufe der gleiche Wissensstand vorausgesetzt werden könne. Mitten in den Schulalltag gepresst, erzeugten sie Stress, Druck und nicht selten Angst vor Misserfolgen – bei Lehrern und Kindern. Dass während des Schuljahres durchaus Sinnvolleres anstünde als noch ein Test, müsse eigentlich nicht explizit erwähnt werden. Jeder zusätzliche Test bedeute für Schüler und Lehrer auch zusätzlichen Stress, zusätzliche Arbeit und weniger Zeit für die eigentlichen Lerninhalte.
Viele Kolleginnen und Kollegen befürchteten darüber hinaus nicht ohne Grund, bei schlechten Ergebnissen von Schulleitung und Elternseite unter Beschuss genommen zu werden. Um Misserfolge zu vermeiden, übten Kollegen und Eltern nicht selten mit Hilfe alter Tests, was den Test an sich ad absurdum führe und die Testergebnisse verfälsche.
Die Schüler würden nicht besser, nur weil man sie quer durch das Schuljahr wieder und wieder teste. Sie würden besser, wenn im Schulalltag genug Zeit bleibe, ihre Stärken und Schwächen individuell zu definieren und sie auf ihre Bedürfnisse hin zu fördern. Und das geschehe nicht durch „Pisa“, „Timms“, „Desi“ oder „Vera“, sondern durch eine Lernumgebung, in der ohne ständige Vergleiche und ohne frühe Misserfolgserlebnisse gelernt und verstanden werden dürfe. Auch wenn dann nicht bei der nächsten Kultusministerkonferenz mit den jüngsten Testergebnissen geprahlt werden könne.
Zum Beitrag: Jetzt auch in Rechtschreibung: KMK plant neue Länder-Vergleichstests
Zum Beitrag: PISA & Co. – 2015 wird ein Super-Testjahr für die deutschen Schulen
