SALEM. Deutschlands größtes Internat in Salem kämpft mit sinkenden Schülerzahlen. Mit einer tiefgreifenden Umstrukturierung will die Schulleitung nun reagieren – und Kosten sparen. Drei der vier Standorte sollen geschlossen werden, darunter auch Schloss Hohenfels, das als Kulisse für die Kinderfilmreihe “Burg Schreckenstein” diente.
Mehr Ganztagsschulen, der Wechsel zu G8 und der demografische Wandel machen den Internaten in Deutschland zu schaffen. Auch das renommierte Internat Salem am Bodensee verzeichnet sinkende Schülerzahlen – und steht daher nach Darstellung des Schulleiters Bernd Westermeyer vor der «größten Erneuerungsphase seiner Geschichte». Statt wie bisher an vier Standorten sollen mittelfristig alle Schüler im Salemer Schloss vereint werden.
In einem ersten Schritt werde bis zum Schuljahr 2017/2018 die Unterstufe aus dem Barockschlösschen Hohenfels (Kreis Konstanz) in zwei Gebäude der Salemer Schlossanlage umgesiedelt. Später sollen auch die Überlinger Standorte der Oberstufe im Schloss Spetzgart und im Campus Härlen aufgegeben werden. Im Salemer Schloss sind dafür umfangreiche Um- und Neubauten notwendig.
«Wir müssen uns so aufstellen, dass wir flexibel reagieren können auf bildungspolitische Herausforderungen und die demografische Entwicklung», betont Westermeyer. Steigende Unterhalts- und Betriebskosten würden andernfalls «entweder zu Verlusten oder zu erheblichen Steigerungen des Internatsgeldes» führen. Schon jetzt schlägt ein Schuljahr in Salem mit durchschnittlich rund 36.000 Euro zu Buche. Und lagen die Schülerzahlen vor einigen Jahren noch bei mehr als 700, so hat Salem inzwischen nur noch 613 Schüler.
Mit der Zusammenlegung sollen nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Robert Leicht eines Tages eineinhalb Millionen Euro Betriebs- und Personalkosten jährlich eingespart werden. Für ihn liegen die Vorteile auf der Hand: «Das pädagogische Personal kann untereinander besser zusammenarbeiten, extracurriculäre Projekte viel besser umgesetzt, alle Altersstufen integriert erzogen werden.» Das eingesparte Geld könne man in dann in die Qualität investieren.
Doch bei vielen Lehrern, Eltern, Schülern und Ehemaligen stoßen die Pläne auf Protest. In der Unterstufe im Schloss Hohenfels leben und lernen bisher 82 Zehn- bis Dreizehnjährige in idyllischer Umgebung – und für manch einen so romantisch wie in der Jugendbuchserie «Burg Schreckenstein», dem Hohenfels als Kulisse diente.
Eine Pro-Hohenfels-Gruppe auf Facebook sammelte binnen weniger Wochen 1600 Unterstützer gegen die Schließung. Diese argumentieren vor allem, dass der «geschützte Raum» für die noch kindlichen Schüler mit Aufgabe der Anlage verloren ginge. In Salem würden sie etwa im großen Speisesaal mit Hunderten Teenagern essen. Auch seine ländliche Lage und überschaubare Größe spräche für Hohenfels, heißt es auf der Webseite der Gruppe.
Bereits im März warnte der Betriebsrat in einer Erklärung, die Schließung des «Juwels der Schule würde zum voraussichtlich völligen Verlust der Unterstufe führen». Auch der ehemalige Salem-Schüler Tobias Plessing ist der Ansicht, dass die Schule einen Fehler macht, wenn sie die verschiedenen Standorte aufgibt. Der heutige Professor für Energietechnik im bayrischen Hof, sieht in Salem gar eine «sich anbahnende wirtschaftliche Krise aufgrund von Fehlentscheidungen der Führung».
Für den Vorstandsvorsitzenden Leicht ist das alles Nostalgie: «Die Frage ist, ob die Schule in 20 Jahren noch in der Lage ist, Herausforderungen zu meistern», sagt er. «Und nicht, ob sie nostalgisch verklärende Vorstellungen von Ehemaligen aufrechterhalten kann.» Schulleiter Westermeyer hält die Umstrukturierung für überfällig: «Mit der Zusammenlegung beenden wir eine Dauerdiskussion, die schon seit vielen Jahren geführt wird.» Anette Le Riche, dpa
Zum Bericht: Neuer Leiter – Salem soll wieder die Leistungselite ansprechen

