HANNOVER. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) bleibt – obwohl das erwartete zweite Urteil zur Mehrarbeit für Gymnasiallehrer ausfiel – die größte Reizfigur für die Opposition im niedersächsischen Landtag. Wie bereits mehrfach in den vergangenen Wochen will die FDP zum Auftakt der Landtagssitzung am Mittwoch Ministerpräsident Stephan Weil dazu auffordern, seine Parteifreundin aus dem Amt zu entlassen. Aus Sicht von CDU und FDP ist Heiligenstadt persönlich verantwortlich für die Niederlage der Landesregierung im Verfahren um die erhöhte Unterrichtsverpflichtung von Gymnasiallehrern. Auch die im Landesetat 2015 zunächst vergessenen Gelder für 6500 bereits genehmigte Kita-Plätze lastet die Opposition allein der Ministerin an.
Zur Finanzierung der Kita-Plätze und den benötigten rund 740 Lehrerstellen wegen des Urteils des Oberverwaltungsgerichtes beschloss der Landtag bereits am Dienstag einen Nachtragshaushalt. Mehr als 110 Millionen Euro davon entfallen auf Mehrausgaben infolge steigender Flüchtlingszahlen. Der Rest wird benötigt, um das Loch im Kultusetat zu stopfen.
Eine weitere Blamage in Sachen Lehrerarbeitszeit blieb Heiligenstadt allerdings gestern erspart: Nach der erfolgreichen Klage von Gymnasiallehrern gegen ihre erhöhte Unterrichtsverpflichtung hat das Oberverwaltungsgericht fünf ähnliche Verfahren ohne Urteil beendet. Hintergrund ist die Entscheidung der Landesregierung, das erste Urteil von Anfang Juni zu akzeptieren. Deswegen erklärten fünf weitere Kläger, allesamt Schuldirektoren, und das Land als Gegenseite ihren Rechtsstreit am Dienstag für erledigt. Das teilte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit.
Die Richter hatten am 9. Juni die zusätzliche Unterrichtsstunde für Gymnasiallehrer für verfassungswidrig erklärt. Die rot-grüne Landesregierung hatte die Mehrarbeit vor knapp einem Jahr eingeführt. Die Unterrichtsverpflichtung war von 23,5 auf 24,5 Stunden erhöht worden. Die Arbeitszeitenverordnung verstoße gegen das Grundgesetz, entschied der 5. Senat. Die Fürsorgepflicht und der Grundsatz der Gleichbehandlung seien verletzt worden. Es sei auch nicht klar, warum Gymnasiallehrer anders behandelt würden als andere Lehrer.
Die Anträge der fünf Leiter von Gymnasien, um die es am Dienstag ging, waren erst kurz vor der OVG-Entscheidung am 9. Juni eingereicht worden. Sie konnten deshalb nicht zusammen mit den anderen verhandelt werden. dpa