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CDU-Spitzenkandidat Wolf: Im Unterricht wird zu viel über Sex gesprochen – Ist Aufklärung Privatsache?

STUTTGART. Sexualerziehung auch schon in der Grundschule war bislang Konsens in Deutschland – die Lehrpläne aller Bundesländer sehen vor, „Funktionen der Sexualität“ in den Klassenstufen eins bis vier zu thematisieren. Stehen wir jetzt aber vor einer konservativen Kehrtwende? Unter dem Eindruck der Protestes gegen Pläne von SPD und Grünen, „sexuelle Vielfalt“ verstärkt im Unterricht besprechen zu lassen, meint der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016, Fraktionschef Guido Wolf, sexuelle Fragen sollten lieber im Privatleben als in der Schule debattiert werden. Ist Aufklärung also künftig wieder Privatsache?

Macht sich beliebt bei der “Bild”-Zeitung: CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf. Foto: Ra Boe / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 DE)

In den Schulen, so Wolf, werde zu viel über Sex gelehrt. „Sex muss nicht bei jeder Gelegenheit öffentlich diskutiert werden. Es ist eine Frage des Respekts voreinander, höchstpersönliche Dinge wie Sexualität wieder mehr ins Private zu verlagern“, meinte nun der Herausforderer von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Wolf kritisierte, dass Sex bereits im Grundschulunterricht immer öfter Thema sei. In einigen Bundesländer gebe es sogar „‘Sexkoffer” mit Spielzeug – und das schon in der Grundschule“. Diese Entwicklung bereite Menschen Sorgen.

Wichtig sei, Eltern stärker über den Lehrplan mitentscheiden zu lassen, um solche Entwicklungen zu verhindern. „Natürlich müssen Schulen aufklären, und das klappt meistens auch ganz gut. Aber die Eltern müssen mitentscheiden können, wann und wie mit ihrem Kind über dieses Thema geredet wird“, sagte Wolf. Was das allerdings in der Praxis bedeuten würde – ob beispielsweise muslimische Eltern dann künftig ihre Kinder vom Unterricht fernhalten dürfen –, lässt der Christdemokrat offen.

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Die „Bild“-Zeitung schlägt derweil in die gleiche Kerbe: „Was ist bloß los an vielen deutschen Schulen?“, so heißt es in einem Kommentar. „Lehrpläne sehen Sexualkunde in der Grundschule vor, es gibt ‚Sexkoffer‘ für junge Schüler. Und in einschlägigen Lehrbüchern sollen Schüler ihr Traum-Bordell entwerfen oder überlegen, welche Körperöffnungen alles zum Sex taugen könnten. Das ist Verklärung statt Aufklärung!“ Weiter heißt es: „Zu Recht gehen Eltern gegen diese Frühsexualisierung auf die Straße und protestieren an Schulen gegen Schulbücher, die eine schräge Sex-Ideologie verbreiten. Und gut, dass erste Top-Politiker wie Guido Wolf diese Sorgen ernst nehmen. Es geht um unsere Kinder. Deshalb muss an unseren Schulen über Mann und Frau, aber auch über Liebe, Partnerschaft und Treue gesprochen werden. Aber alles zur richtigen Zeit. Und bitte so, dass die Kinder aufgeklärt werden – und nicht überfordert. Sex-Ideologen haben an unseren Schulen nichts zu suchen!“

Belege für Schulbücher, die „eine schräge Sex-Ideologie verbreiten“, bleibt das Blatt freilich schuldig. Dafür gibt es neben der Online-Version des Beitrags Verweise auf inhaltlich verwandte Beiträge wie: „Selbstbefriedigung – Deshalb macht SIE sich’s seltener selbst“. Das nennt man wohl Scheinheiligkeit.

Derzeit gibt es in Baden-Württemberg heftige Diskussionen über Pläne der grün-roten Landesregierung, das Thema sexuelle Vielfalt im Unterricht auszubauen. Im neuen Bildungsplan 2016 geht es darum, dass Schüler lernen sollen, sexuelle, ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt zu akzeptieren. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Protest gegen „sexuelle Vielfalt“ im Unterricht schwillt an – über 4.000 Demonstranten in Stuttgart

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