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Seltener Berufswechsel: Hamburgs Ex-Schulsenatorin Goetsch ist zurück im Klassenzimmer

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HAMBURG. Hamburgs Ex-Schulsenatorin Christa Goetsch ist wieder Lehrerin. Nach zehn Jahren außerhalb der Schule unterrichtet die Grünen-Politikerin jetzt in einer Grundschule in Hamburg-Altona.

“Ich arbeite gerne mit ihr zusammen”, sagte die stellvertretende Schulleiterin jetzt der Wochenzeitung “die Zeit”. Sie habe sich gut in das Kollegium eingefügt. Anfangs sei das schwieriger gewesen. Einige Kollegen hätten ihr nur förmlich die Hand gegeben. Bei der Umgewöhnung hat ihr sicherlich eine Charaktereigenschaft geholfen. Die als Politikerin sehr streitbare Goetsch schaffe es, sich zurücknehmen, schreibt die Zeitung.

2008 wurde Goetsch Bildungssenatorin der ersten schwarz-grünen Landesregierung der Republik. Engagiert trat sie ihren Dienst an. Eine ihrer größten Ideen war die des längeren gemeinsamen Lernens. Sie vertrat die Ansicht, dass es falsch sei, Kinder bereits nach der vierten Klasse zu trennen und auf verschiedene Schulformen aufzuteilen. Kinder, die aus bildungsfernen Familien stammten oder langsamer lernten, hätten dadurch geringere Chancen. Goetsch wusste, wovon sie sprach, sie hatte an einer Hauptschule und mit Migrantenkindern gearbeitet.

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Neun Jahre sollte die Schulzeit im besten Fall gehen, fand die Senatorin. Anfangs lief es gut für das Projekt. Der Koalitionspartner CDU stimmte der verlängerten Grundschulzeit zu, zwar nur auf sechs Jahre, aber das reichte Goetsch fürs Erste.

Ex-Schulsenatorin Christa Goetsch (Grüne) ist gerade 60 geworden. (Foto: Christoph Braun/Wikimedia CC0 1.0)

Was aber so gut startete, sollte bald den Bach runtergehen. Es bildete sich Widerstand gegen die Reform. Vor allem die Gymnasialeltern brachte sie gegen sich auf. Goetsch glaubte aber, dass sie die besseren Argumente habe und stellte sich der Kritik. Zwei Jahre kämpfte sie und verlor. Ein Volksentscheid 2010 stellte sich eindeutig gegen das längere gemeinsame Lernen.

In der Folge zerbrach die Regierungs-Koalition. Christa Goetsch musste nach rund zwei Jahren als Senatorin gehen. Und war eine Zeit lang die meist gehasste Politikerin Hamburgs. Trotzdem hat sie viel geschafft: Sie setzte eine Reform der beruflichen Bildung und kleinere Klassen durch, schaffte das Sitzenbleiben und die Hauptschulen ab und führte Stadtteilschulen ein, die bis zum Abitur führten.

Warum die Reform gescheitert ist? Ein Jahr nach dem Volksentscheid sagte Goetsch der Hamburger Morgenpost: „Wir waren selbst vielleicht zu euphorisch mit dem Start der Primarschule. Man braucht offenbar einen langen Atem, wie beim Atomausstieg.“

Bis 2014 behielt sie ihr Bürgerschaftsmandat, dann zog sie sich aus der Politik zurück. Heute sitzt sie neben ihrer halben Stelle in der Schule, im Aufsichtsrat der Heinrich-Böll-Stiftung und engagiert sich im Beirat der Akademie der Weltreligionen. nin

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