BERLIN. „Helikopter-Eltern? Nein danke.“ Das könnte auf den Schildern stehen, die an den Eingangspforten von immer mehr Grundschulen in Deutschland zu finden sind. Steht da aber – natürlich – nicht. Zumindest nicht so. „Ab hier kann ich alleine gehen“, so lautet vielmehr der Text, mit dem sich die Primarstufe vor Vätern und Müttern schützen will, die ihre Kinder offenbar am liebsten ins Klassenzimmer tragen wollen.
Aktuell liegen Medienberichte aus Bayern, Brandenburg und Hamburg vor, nach denen die Grundschulen zunehmend dazu übergehen, Eltern per Hinweis hinauszukomplimentieren – oder besser: gar nicht erst hereinzulassen. „Wir bitten Sie, liebe Eltern, sich von ihrem Kind vor der Schule zu verabschieden und es auch davor abzuholen. Für eine gute Entwicklung der Kinder gehört nun mal das Selbständigwerden dazu, das mit einem Loslassen und Vertrauen schenken verbunden ist. Diesen Schritt müssen Sie als Eltern gehen“, so heißt es in einem Elternbrief, den eine Brandenburger Grundschule an die Väter und Mütter der Erstklässler verschickt hat. Und weiter: „Unterstützen Sie ihr Kind im selbstständig werden. Bringen Sie Ihr Kind nicht bis in den Klassenraum!“ Am besten auch gar nicht bis zur Schule: „Je älter das Kind ist, umso eher sollte es seinen Schulweg alleine mit Mitschülern und ohne Eltern gehen.“
Offenbar immer seltener eine Selbstverständlichkeit. „Wenn wir es nicht einschränken würden, würden bestimmt die Hälfte der Eltern mit den Kindern bis zum Platz gehen”, so zitiert der „Nordbayerische Kurier“ die Leiterin einer Volksschule, in der ein Stopp-Schild für Eltern an der Eingangspforte hängt. „Manche Eltern können schwer loslassen.” Die Folge sei, dass den Kindern die Tasche bis an den Platz getragen und die Jacke an den Haken gehängt werde. Eltern müssten lernen, die Kinder auch einfach einmal machen zu lassen. “In den ersten Tagen an der Schule, hat ja niemand etwas dagegen”, wenn den Erstklässlern geholfen werde, sich in der Schule zurecht zu finden, meint sie. Wenn nach vier Wochen aber immer noch Eltern mit ins Klassenzimmer gehen, sei dies ja auch störend. Außerdem würden Kinder so in die Hilflosigkeit gedrängt werden, Erziehung zur Selbstständigkeit finde so nicht statt. Ergebnis: „Solche Kinder fallen ja auch auf.”
Im vergangenen Jahr war einem baden-württembergischen Schulleiter der Kragen geplatzt – und er hatte einen Brandbrief an die Elternschaft seiner Schule geschickt. „So erleben wir täglich, wie viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, verkehrswidrig und häufig gefährlich an der Kreuzung vor dem Haupteingang der Schule parken, Kind und Schulranzen ausladen, den Ranzen teilweise bis ins Klassenzimmer tragen, dem Sohn oder der Tochter die Jacke abnehmen, helfen die Hausschuhe anzuziehen und dann noch die Gelegenheit nützen, die unterschiedlichsten Dinge mit der Klassenlehrerin zu besprechen. Und all dies nicht selten nach Beginn des Unterrichts um 7.45 Uhr“, so stand darin zu lesen.
Und weiter: „Neben der fehlenden Selbstständigkeit der Kinder kommt es durch die große Zahl der im Haus befindlichen Eltern auch immer wieder zu Störungen des Unterrichts“, kritisiert der Rektor in dem Brief – etwa durch Elterngespräche vor Unterrichtsende im Flur oder winkende Eltern an Fenstern.
Anders ausgedrückt: Helikopter-Eltern? Nein danke. News4teachers
Zum Bericht: Überfürsorgliche Eltern – Schulleiter platzt der Kragen und schreibt einen Brandbrief