Website-Icon News4teachers

Gastprofessor Ulrich Wickert kritisiert den Begriff „Lügenpresse“ – mahnt Medien aber zur Selbstkritik

DÜSSELDORF. Ulrich Wickert kritisiert als Gastprofessor vor Studenten in Düsseldorf den Begriff «Lügenpresse». Schwarz-Weiß-Malerei ist seine Sache aber nicht. Er findet, dass die Presse auch Fehler macht und diese eingestehen sollte.

Gastprofessor in Düsseldorf: Ulrich Wickert. Foto: Ralf Roletschek (talk) – Fahrradtechnik auf fahrradmonteur.de / Wikimedia Commons (CC BY-SA 1.0)

Der ehemalige «Tagesthemen»-Moderator Ulrich Wickert hat bei einer Vorlesung in der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität Russland Propaganda gegen deutsche Medien vorgeworfen. Er schließe nicht aus, dass auch der Begriff «Lügenpresse» bewusst lanciert worden sei, sagte Wickert am Mittwoch. «Hier versucht ein fremdes Land, Propaganda gegen die deutsche Presse zu machen.» Wickert (73) bezog sich unter anderem auf den Wirbel in Russland um die angebliche Vergewaltigung einer russlanddeutschen 13-Jährigen in Berlin durch Flüchtlinge.

Propaganda sei aber auch im Westen zu beobachten. Auch die USA hätten 2003 mit angeblichen Beweisen zu Massenvernichtungswaffen des Irak die Presse belogen, sagte Wickert. Für diese Fehlinformation hätten sich einige US-Medien aber später entschuldigt. Auch die Medien in Deutschland sollten nach Ansicht Wickerts Fehler, die sie machten, öffentlich eingestehen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren. «Wir diskutieren in Deutschland zu wenig über Fehler in der Presse», sagte er.

Anzeige

In der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise und die Silvester-Übergriffe in Köln kritisierte Wickert Tabuisierungen etwa bei der Nennung von Nationalitäten. Aufgrund eines «falsch verstandenen Toleranz-Verständnisses» würden viele Dinge tabuisiert – aus Angst, Rassismus zu schüren oder Rechtsradikalen in die Hände zu spielen. Dies sei auch in der Presse anderer Länder wie Schweden zu beobachten. «Wenn wir die Dinge nicht benennen, können wir uns auch nicht damit auseinandersetzen», sagte Wickert.

So müssen auch Wortführer der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) nach Ansicht Wickerts öffentliche Auftritte im Fernsehen bekommen. «Es ist wichtig, sich mit Populisten auseinanderzusetzen.» Er finde es aber «nicht schlimm», dass die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sich weigere, an einer Gesprächsrunde mit einem AfD-Vertreter teilzunehmen, sagte Wickert.

Wichtig sei es dennoch, dass führende AfD-Politiker im Fernsehen zu Wort kämen, «damit man sich kritisch damit auseinandersetzen kann». Wickert trat am Mittwoch an der Heinrich-Heine-Universität seine Gastprofessur an und hält mehrere Vorlesungen über Journalismus. dpa

Zum Beitrag: In eigener Sache – Ein paar Worte zur angeblichen „Lügenpresse“

Die mobile Version verlassen