KREFELD. Schüler eines Krefelder Berufskollegs wollen nicht länger hinnehmen, dass ihre Schule im Schmutz erstickt. Sie haben einen Brandbrief an den Schulträger, die Stadt, geschrieben, in dem sie sich über die mangelhafte Sauberkeit in Fluren und Klassenräumen beschweren. Und sie wollen jetzt selbst zur Tat schreiten – und im Rahmen einer großen Putzaktion die gewaltigen 17.000 Quadratmeter Fläche der insgesamt 125 Räume in dem Komplex schrubben. Das führt zu der Grundsatzfrage: Wie sehr sollen Schüler (und Eltern sowie Lehrkräfte) mithelfen, das Schulgebäude in Schuss zu halten?
Das Thema ist ein Dauerbrenner. Immer wieder versuchen Städte, die Kosten für die Reinigung ihrer Schulen zu drücken. In Krefeld waren die Schüler eines Berufskollegs nun so empört über die mangelnde Leistung des Putzdienstes und die damit verbundene untragbare Verschmutzung des Gebäudes, dass sie ihrem Ärger jetzt in einem geharnischten Beschwerdebrief an die Verantwortlichen bei der Stadt Luft machten. „Der Dreck sitzt fest und es ist einfach ziemlich widerlich“, schreiben die Schüler einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge. Und: „Viele Mitschüler werden als Erzieher und für Gesundheitsberufe im Fach Hygiene ausgebildet: dies in einer Schule, die selbst immer mehr verdreckt.” Kurz vor den Sommerferien wollen die rund 3000 Schüler des Berufskollegs sich nun der Grundreinigung anzunehmen. Die müsste eigentlich von der Firma geleistet werden, die eine zum Schuljahresbeginn erfolgte Ausschreibung der Stadt für die Reinigungsleistungen mit ihrem überaus günstigen Angebot gewonnen hat.
Aber das hat offenbar seinen Preis, wie die Schulleiterin – die die Schüler unterstützt und selbst schon einige Beschwerden an die Verwaltung abgesetzt hat – gegenüber dem Blatt berichtet. „Eine neue Firma hat unser bewährtes Team von Reinigungskräften übernommen, und plötzlich war alles anders: Die Frauen haben seither keine vernünftigen Materialien mehr, die man braucht, um eine Schule dieser Größe sauberzumachen, nicht mal Handschuhe oder Müllbeutel.” Die kaufe inzwischen der Förderverein der Schule aus Mitleid mit dem Reinigungspersonal. Müllbeutel seien aus Mangel an Nachschub ausgeleert und wiederverwendet worden. Wo zuvor mit Maschinen die langen Flure gereinigt wurden, müsse heute Muskelkraft und ein Wischmopp reichen. „Und gleichzeitig sind die Stunden gekürzt worden. Heißt: weniger Zeit und weniger, oder genauer gesagt, gar keine technischen Hilfsmittel mehr. Was dabei rauskommt, kann man sich leicht ausrechnen.”
Kann man. Aber: Ist es richtig, dass Schüler (oder Eltern oder Lehrkräfte) Aufgaben übernehmen, die klar zum Aufgabenkatalog des Schulträgers gehört? Oder ist es sogar wünschenswert, wenn sich die am Schulleben beteiligten auch selbst mit um den Erhalt des Schulgebäudes kümmern? „Kinder zur Sauberkeit und Ordnung in der Schule anhalten, ja, sie als regelmäßige Reinigungskräfte einsetzen – nein!“ Das erklärte der Stadtelternrat Hannover, nachdem die dortige Verwaltung vor zwei Jahren vorgeschlagen hatte, dass Schüler künftig selbst ihren Klassenraum putzen sollten. In der Schule sollten Kinder etwas lernen, aber das sollten nicht gerade Wischen und Staubsaugen sein. „Reinigungsleistungen gehören nicht zu den Pflichten der Schüler, dafür muss geeignetes Personal eingesetzt werden“, erklärte eine Elternvertreterin gegenüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.
Gemeinsames Putzen in der Schule sei gut für Kinder – meint hingegen der Schulminister von Singapur, Ng Chee Meng, laut einem Bericht des „Stern“. „Die Kinder in tägliche Aktivitäten einzubinden, ist ein sehr guter Weg für sie, persönliche und soziale Verantwortung zu lernen. Sie haben daran sogar Spaß und lernen nebenbei gutes Benehmen”, sagt er. Hintergrund: In Singapur, einem der Spitzenreiter bei der letzten PISA-Studie, soll bis Ende des Jahres in allen Grund- und weiterführenden Schulen eine tägliche Putzeinheit eingeführt werden. Gereinigt werden sollen von den Schülern (unter Aufsicht der Lehrkräfte) Klassenräume und Korridore, nicht jedoch die Toiletten.
Die Stadt Krefeld hat unterdessen beschlossen, künftig mehr Geld für die Schulreinigung zur Verfügung zu stellen. News4teachers
