DÜSSELDORF. Der Umgangston an vielen Schulen verroht. Das ist schlimm für alle Beteiligten. Warum Schulen dabei unterstützt werden müssen, dagegen vorzugehen.
Die Meldungen sind so zahlreich und alltäglich, dass man sie schon fast überliest: Gewalt und Beleidigungen gegen Lehrer. Aktuell wurde etwa gerade ein Fall am Amtsgericht Gießen verhandelt. Dort war eine ganze Familie wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, die den Sportlehrer des 16-jährigen Sohnes angegriffen hatten. Nur das Eingreifen von Kollegen konnte offenbar Schlimmeres verhindern. Grund: Der stark übergewichtige Sohn fühlte sich offenbar von dem Sportlehrer gemobbt. Das Schuljahr über soll der Lehrer ihn angeblich immer wieder mit Titulierungen wie »Fettsack« und Anreden wie »Kannst du deinen 300-Kilo-Körper nicht eher her wuchten?« bedacht haben, berichtet die Gießener Allgemeine.
Was ist nur an den Schulen los, fragen sich Außenstehende. Die Respektlosigkeit ist offenbar manchmal beidseitig. In der Südwestpresse berichtet eine Lehrerin aktuell von mangelndem Respekt und dass sie oft „Halts Maul“ oder ähnliches zu hören bekomme. Ein Schüler entgegnet ihr dort, dass Beleidigungen wie: „Wenn ich in deine Augen schaue, kann ich die Gehirnrückwand sehen“, auch von Lehrerseite vorkommen.
Aggressionen der Eltern nehmen zu
Gewalt gegen Lehrkräfte habe generell zugenommen, sagt der Landessprecher des Jungen VBE NRW, Matthias Kürten in der Zeitschrift „Thüringer Schule“. Auseinandersetzungen mit körperlicher Gewalt sind zwar eher die Ausnahme. Beleidigungen oder Sachbeschädigungen – etwa des Autos – kommen aber immer öfter vor. Und nicht nur Schüler benehmen sich daneben. “Ich beobachte ein zunehmend aggressives Verhalten der Erziehungsberechtigten gegenüber Lehrpersonen. Sowohl ich als auch meine Frau – wir beide sind Lehrkräfte an unterschiedlichen Grundschulen – sind schon von Eltern massiv bedroht worden.“ Und das sehen offenbar nicht nur die Lehrer so. Wie verroht mancherorts der Umgang ist, zeigt die Aussage eines Schülers, der ebenfalls in der Zeitschrift zu Wort kommt. Er erzählt, dass verbale Respektlosigkeiten an seiner Schule (eine Realschule in Niedersachsen) normal seien, auch gegenüber Lehrern. Gewalt beginne für ihn daher erst bei Handgreiflichkeiten (!).
Mehr Unterstützung für die Lehrkräfte
Dieser Umgangston an den Schulen schockiert. Eine gängige Erklärung ist: Schule ist ein Spiegel der Gesellschaft, in der Eltern, verunsichert durch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, versuchen, das Beste für ihr Kind herauszuschlagen. Möglich. Dass es so weit gekommen ist, ist nicht nur für die Betroffenen schlimm, sondern auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung bedrohlich. Auch wenn Schule nicht der Reperaturbetrieb für alle Probleme sein kann: Sie sollte schon die Möglichkeit bieten, Entwicklungen zu beeinflussen.
Sicherlich, viele verbale Auswüchse an den Schulen gehören in die Kategorie Jugendsprache, mit der die jungen Menschen irgendwann von allein aufhören, und die deshalb vernachlässigbar sind. Wem aber grundsätzlich höfliche Umgangsformen und der Respekt vor anderen Menschen fehlen, der wird spätestens auf dem Arbeitsmarkt scheitern; sich radikalen Gruppen anschließen; in der Kriminalitätsstatistik auftauchen usw… Darüber hinaus macht diese Entwicklung den Lehrerberuf unattraktiv.
„Da wir die aktuelle Gewaltbereitschaft bei Schülern und Eltern nicht beeinflussen können, ist es wichtig, dass mehr für den Schutz der Beschäftigten getan wird“, fordert Matthias Kürten vom VBE. Dazu gehören Weiterbildungen und eine vernünftige Präventionsarbeit gemeinsam mit der Polizei. Helfen könnte sicherlich auch ein geschärftes Bewusstsein für Grenzverletzungen in Schulen und sofortige Sanktionen, wenn diese Grenzen überschritten werden. Nina Braun
