FRANKFURT / MAIN. Klaus-Peter Hufer, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen mit dem Schwerpunkt „Bildung gegen Rechtsextremismus“, hat rechtspopulistische Strömungen analysiert – und appelliert an Bürger, sich den platten Parolen entgegenzustellen. „Wenn man die neuen Studien betrachtet, kommt das aus der Mitte der Gesellschaft heraus. Deshalb ist es auch so wichtig, dass sich jeder Einzelne dagegen einsetzt“, sagt er in einem Interview mit FAZ.net.
Hufer, der aktuell ein Buch mit dem Titel „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen“ (Wochenschau Verlag, 10 Euro) veröffentlicht hat, erkennt ein Grundmuster rechtspopulistischer Behauptungen: „Immer sind geheimnisvolle Kräfte am Werk – ‚die Ausländer‘, ‚die Rot-Grünen‘. Es entsteht der Eindruck, es sei eine Verschwörung im Gange, die das Ziel hat, die Tradition, die Kultur, die Werte und letztlich die Bundesrepublik zu zerstören. So ein Weltbild hält kritischen Nachfragen nicht stand, weil es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt“, so sagt er laut FAZ. Rechtspopulistische Einstellungen verbinde, dass sie auf Politikverachtung basieren. Fremdenfeindlichkeit sei ein weiteres typisches Kriterium solcher Argumentationen.
Hufer im Interview: „Wer solche Positionen vertritt, verfügt über ein entsprechend autoritäres und abgeschottetes Weltbild. Im Kern hat Rechtspopulismus psychologische Ursachen. Manche Menschen sind mit Einstellungen und Meinungen überfordert, die von ihren eigenen abweichen. Dafür ist eine vorurteilsbeladene Einstellung Voraussetzung, und diese Vorurteile sind in erster Linie dazu da, um sich bestätigt zu sehen.“
Das Internet spiele eine große Rolle bei der aktuellen Welle von Rechtspopulismus in Europa und den USA und, überhaupt, bei der zunehmenden Verrohung der Gesellschaft. „Das Internet gibt den Schutz der Anonymität, es gibt spontane Möglichkeiten, es erweckt den Eindruck, mit einigen wenigen Klicks könnte man eine große Wirkung erzeugen und vor allen Dingen: Im Internet ist die Distanz, die es unter Umständen noch im Vis-A-Vis-Gespräch gibt, nicht mehr vorhanden“, erklärt der Erziehungswissenschaftler. „ Stattdessen wird unverhohlen anonym reingehauen und es macht sich eine ganz deutlich erkennbare Brutalisierung des Umgangs breit. Das ist aber kein isoliertes Phänomen, das sich auf rechtsextremistische oder rechtspopulistische Äußerungen beschränkt, sondern scheint auch ein gesamtgesellschaftliches Problem zu sein.“
Gleichwohl appelliert er an andersdenkende Bürger, argumentativ dagegenzuhalten. Huber: „Es ist schwierig, jemanden zu überzeugen, aber die langfristige Wirkung ist nicht ausgeschlossen. Gespräche können, das ist wissenschaftlich bewiesen, weit über ihr Ende hinaus eine Wirkung haben. Außerdem können unentschiedene Beisitzer vielleicht noch überzeugt werden.“
Hier geht es zu dem Interview.
