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Eltern halten ihren Sohn vom Klassenausflug in eine Moschee fern – weil sie angeblich um dessen Sicherheit fürchten. Streit um Bußgeld

RENDSBURG. Die Weigerung eines Gymnasiasten aus dem schleswig-holsteinischen Rendsburg, im Rahmen einer Schulveranstaltung eine Moschee zu betreten, beschäftigt zurzeit die Staatsanwaltschaft Itzehoe. Der 13-Jährige war dem Ausflug seiner Erdkunde-Klasse aus weltanschaulichen Gründen fern geblieben. Wegen des „Schulschwänzens“ sollen seine Eltern ein Bußgeld von 300 Euro zahlen – haben aber dagegen Widerspruch eingelegt. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft, ob es zu einem Prozess kommen wird. Die Wellen allerdings schlagen bereits jetzt hoch – die Familie wird von Rechtsextremen zu Märtyrern gemacht.

Die Klasse unternahm einen Besuch in der Rendsburger Moschee – ein Schüler fehlte. Foto: fleno.de / flickr (CC BY-SA 2.0)

Medienberichten zufolge darf nach Ansicht der Eltern des Jungen niemand zum Betreten eines Sakralbaues gezwungen werden. Sie gehören keiner Religionsgemeinschaft an, befürchten aber angeblich eine „Indoktrination“ ihres Kindes.

Offenbar gibt es Verbindungen zu rechten islamkritischen Organisationen. Der Anwalt der Eltern hat sich mit einer 17-seitigen „Verteidigungsschrift“ öffentlich zu Wort gemeldet. Formal argumentiert er: Primär werde es darauf ankommen, ob der Besuch einer Moschee zum Unterricht gehört habe oder nicht. Im Bußgeldbescheid aus dem August sei von einer „rein informativen Schulveranstaltung“ die Rede gewesen. Und in einem solchen Fall sei die Nichtteilnahme nicht ordnungswidrig, so meint der Anwalt. Die Eltern seien in einem möglichen Prozess deshalb freizusprechen.

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“Schleichende Islamisierung”

In der „Verteidigungsschrift“, die er im Internet veröffentlicht hat, zitiert er die Eltern aber auch mit einem Schreiben, in dem sie betonen, sie sorgten sich um die Sicherheit für Leib und Leben ihres Kindes. „Warum sollten wir unser Kind zu Menschen schicken, die es als sogenannten Ungläubigen verachten?“, so zitiert der Anwalt die Eltern und kommentiert: „Die Frage ist beeindruckend. Sie kann nicht mit einem billigen Hinweis auf die ‚Schulpflicht‘ beantwortet werden.“ Er schreibt weiter: “Seit Jahren hören wir Berichte über religiös motivierte Gewalt im Zusammenhang mit islamischen Menschen“ – und hängt seinem Pamphlet eine Liste mit islamistischen Terroranschlägen an.

Der Kontakt zwischen Eltern und Anwalt kam einem Bericht des NDR zufolge über den Verein „Pax Europa“ zustande, der über eine „schleichende Islamisierung Europas“ aufklären will. Der Verein engagiert sich vor allem gegen den Bau neuer Moscheen in Deutschland. „Denn während die politische Elite mit ihren medialen Handpuppen auf die eigenen Bürger einprügelt (gemeint ist die Kritik am Auftreten von Pegida in Dresden am Tag der Deutschen Einheit, d. Red.), schreitet die Islamisierung Deutschlands still und leise, von der Öffentlichkeit unbemerkt, dafür aber äußerst effektiv immer weiter und unaufhaltsam voran“, so heißt es beispielsweise auf der Seite des Vereins. Der Anwalt ist nach Recherchen des NDR zudem ehemaliges AfD-Mitglied und war bis Januar 2015 im Organisations-Team von “Dügida”, dem Pegida-Ableger aus Düsseldorf, wo er seine Kanzlei habe.

“Schandfleck”

Was er persönlich von der Rendsburger Moschee hält, daraus macht der Anwalt keinen Hehl. Er schreibt: „Die protzige Moschee in Rendsburg ist nicht nur die größte Moschee in Schleswig-Holstein, sondern auch der größte architektonische Schandfleck in ganz Norddeutschland.“ In rechtsextremen Foren schlagen die Wellen hoch. So heißt es auf einer Blog-Seite:  „Schüler werden mit Bußgeld zu Besuch in TERROR-Moschee gezwungen!“ (Versalien im Original). Und: Die Eltern des Jungen würden vom Staatsanwalt „verfolgt“.

Die Leiterin des betroffenen Gymnasiums erklärt gegenüber dem NDR: Ziel der Schulerziehung sei es auch, die Bereitschaft der Kinder zu fördern, sich mit fremden Kulturen zu beschäftigen und sie zu tolerieren. Sie unterstreicht: “Unsere muslimischen Schüler kommen übrigens auch in unsere Kirche zum Weihnachtskonzert und singen und musizieren da mit.” Agentur für Bildungsjournalismus

Zum Bericht: Erneut verweigert muslimischer Schüler Lehrerin den Handschlag. Muss die Schule handeln? Pro und Kontra

 

 

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