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Absturz für Bayern: „Chancenspiegel“ attestiert Schulsystem im Freistaat, veraltet zu sein (und: Wie die anderen Bundesländer abschneiden)

MÜNCHEN. Zu undurchlässig, zu wenig Ganztag, niedriger Inklusionsanteil und tendenziell negative Veränderungen: In der großangelegten Studie „Chancenspiegel“ im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung kommt vor allem Bayern alles andere als gut weg.

Der höchste Berg und die besten Schulen – letzteres war einmal. Bayern bekommt diesmal keine Bestnoten. Foto: KaukOr / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Schlechte Noten für das bayerische Schulsystem: Wegen ausgebliebener Weiterentwicklungen haben an Schulen im Freistaat von 2002 bis 2014 laut einer Studie die Integrationskraft und die Durchlässigkeit im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlich nachgelassen. Dies geht aus dem am Mittwoch in Gütersloh von der Bertelsmann-Stiftung vorgestellten «Chancenspiegel» hervor. Das Bildungsministerium hält die Studie in Teilen für fraglich.

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Dem bayerischen Schulsystem seien «aufgrund deutlicherer Negativabweichungen vom allgemeinen Trend der Länder (…) Modernisierungsrückstände (…) zuzuschreiben», heißt es in dem 430-seitigen Papier. Die Experten beziehen ihre Kritik auf den mit 26,8 Prozent relativ niedrigen Inklusionsanteil (bundesweit: 34,1), den Ganztagsschüleranteil von 15 Prozent (bundesweit: 37,3) und die mit 39 Prozent niedrige Übergangsquote zum Gymnasium (bundesweit: 44). Das «Schulartwechselverhältnis» sei im Freistaat auch unterdurchschnittlich: Auf einen Schüler, der von einer niedrigeren auf eine höhere Schulart wechselt, kommen 4,4 Schüler, die von einer höheren auf eine niedrigere Schulart wechseln (Bundeswert: 1:6,0).

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Besonders gravierend erscheint in dem Kontext, dass die Verfasser der Studie sogar punktuell von einer «negativen Veränderung» sprechen. Dies sei beim Inklusionsanteil, den Ganztagsschüleranteil, den Schüleranteil im gebundenen Ganztag, die Übergangsquote zum Gymnasium, die Wiederholerquote sowie die Hochschulreifequote im allgemeinbildenden Schulsystem festzuhalten. Die Erwartungen an die Systementwicklung zur Chancenverbesserung seien etwa bei der Förderquote sowie dem Schulartwechselverhältnis nicht erfüllt worden. Auch seien weniger Schüler in das duale Ausbildungssystem gewechselt.

Einzig bei den Abgängerquoten, also der Zahl der Schüler, die auch ohne Hauptschulabschluss die Schulzeit beenden, liege Bayern mit 4,5 Prozent besser als der Durchschnitt der Bundesländer (5,8 Prozent). Der Anteil von ausländischen Schulabgängern ohne Schulabschluss liege mit 12,6 Prozent (bundesweit 12,9 Prozent) im Mittel.

Die Verfasser der Studie kommen daher zu dem Schluss, dass es im bayerischen Schulsystem einen erhöhten Modernisierungsbedarf in den untersuchten Bereichen gebe. Die bei Bildungsstudien verwöhnten Bayern dürfte zudem das Fazit schmerzen, dass die festgestellten Lese-Kompetenzen im Fach Deutsch zuletzt zurückgegangen seien, «obgleich anzumerken ist, dass die verschiedenen Kompetenzuntersuchungen fast ausnahmslos überdurchschnittliche Leistungsstände der bayerischen Schüler feststellen».

Widerspruch aus dem Kultusministerium

Das Ministerium erklärte auf Anfrage, die Autoren hätten «insbesondere den bayerischen Weg zur Hochschulreife über Fach- und Berufsoberschulen als wichtiges Element der Durchlässigkeit sowie Bayerns Weg zur Inklusion von Menschen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf übersehen». Zudem zeigten die Ergebnisse, dass es im Freistaat nicht nur um die Förderung von Spitzenleistungen gehe, sondern alle Schüler entsprechend ihrer Begabungen und Interessen bestmöglich gefördert würden.

Der Kritik an der Inklusion entgegnete das Ministerium, in Bayern stehe die Situation des einzelnen Kindes im Vordergrund. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf könnten frei zwischen Regelschule und sonderpädagogischem Förderzentrum wählen. Bildungserfolg umfasse aus bayerischer Sicht zudem nicht nur Gymnasium und Abitur. Die Autoren der Studie interpretierten dies aber stark einseitig. Die berufliche Bildung mit ihrer Qualifikation bis hin zum Meister und Techniker falle dabei unter den Tisch. In puncto Durchlässigkeit konzentriere sich die Stiftung auf die klassischen allgemeinbildenden Schulen. «Die qualitätvolle pädagogische Arbeit der Fachober- und Berufsoberschulen als zweite Säule zur Hochschulreife für die Bildungsbiografie junger Menschen wird dabei völlig übersehen.»

Das Ministerium erklärte, Bayern werde auch in Zukunft nachhaltig daran weiterarbeiten, Chancengerechtigkeit und Durchlässigkeit noch weiter zu verbessern. So würden etwa Ganztagsschulen konsequent ausgebaut, um Schüler unabhängig vom Elternhaus stärker zu fördern. dpa

“Chancenspiegel”: Risikoschüler fallen in Deutschland immer noch zu oft durchs Raster – jeder achte Ausländer ohne Schulabschluss

 

Hintergrund: Wie andere Bundesländer abschnitten

Baden-Württemberg: Bei der Inklusion hinterher

Der «Chancenspiegel» bescheinigt Baden-Württemberg bei der Integration behinderter Schüler (Inklusion) unterdurchschnittliche Werte. Während im Bund 34,1 Prozent aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeine Schule besuchten, lag der Anteil im Südwesten bei 29,1 Prozent, wie die Stiftung am Mittwoch mitteilte. Referenzjahr für die Studie ist das Schuljahr 2014/15.

Positive wertete die Stiftung, dass Baden-Württemberg bei dem Anteil von Schulabgängern mit Abitur mit 58,1 Prozent über dem Bundeswert von 52,2 Prozent lag. Dabei spielt vor allem das berufliche Schulwesen eine große Rolle, das jedes zweite Abitur vergibt. Die Übergangsquote ins Gymnasium liegt im Südwesten mit 49 Prozent über dem Wert im Bund von 44 Prozent. Mit 1,8 Prozent unterschreitet der Anteil der Schüler der Jahrgangsstufen sieben bis neun, die eine Klasse wiederholen, den Bundeswert (2,7 Prozent).

Als negativ vermerkt wird der immer noch vergleichsweise geringe Anteil an Ganztagsschülern. Mit 21,4 Prozent bleibe das Land deutlich hinter dem bundesweiten Schnitt von 37,3 Prozent zurück.

Brandenburg und Berlin: Starkes soziales Gefälle

Die schulischen Chancen von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern haben sich in Brandenburg als einzigem Bundesland in Deutschland verschlechtert. Das geht aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten «Chancenspiegel 2017» der Bertelsmann-Stiftung, der Technischen Universität Dortmund und der Universität Jena hervor, der die Gerechtigkeit des deutschen Bildungssystems untersucht hat.

Demnach ist der Unterschied bei den Lesekompetenzen zwischen Neuntklässlern aus Arbeiter- und Akademikerhaushalten von 2009 bis 2015 in allen anderen Ländern zurückgegangen. Der Einfluss des Elternhauses nahm nur in Brandenburg zu, das 2009 noch unter den Ländern mit der geringsten Bedeutung der sozialen Herkunft war. Mittlerweile nimmt die Mark hier einen Spitzenplatz hinter Berlin, Hamburg und Bremen ein. Auch der Abstand zwischen Kindern deutscher Eltern und solchen mit mindestens einem ausländischen Elternteil hat sich vergrößert: Neuntklässler mit Migrationshintergrund liegen mittlerweile bis zu drei Jahre hinter den Lesekompetenzen ihrer Klassenkameraden zurück.

«Erkennbare Modernisierungsrückstände» sehen die Bildungsforscher in Brandenburg auch beim Anteil der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen: Mit 7,7 Prozent gibt es weiterhin etwa so viele Schulabbrecher wie 2003, etwas mehr als im bundesweiten Durchschnitt. Auch der Zuwachs bei den Schülern in gebundener Ganztagsschule geht im Vergleich zu anderen Ländern nur schleppend voran. Positiv heben die Autoren dagegen Entwicklungen bei der Durchlässigkeit des Brandenburger Schulsystems hervor: Wechselte 2002 nur rund jeder dritte Grundschüler auf ein Gymnasium, waren es 2014 fast 45 Prozent, etwa so viele wie im Bundesschnitt. Etwa die Hälfte der Jugendlichen erlangte an allgemeinen oder beruflichen Schulen die Hochschulreife; 2002 war es noch etwas mehr als ein Drittel.

Trotz der Modernisierung des Bildungssystems bleiben Neuntklässler aus Berlin in ihren Lesekompetenzen im Schnitt mehr als zwei Jahre hinter Brandenburger Schülern zurück. Die Unterschiede werden auch durch soziale Gefälle verstärkt: Berlin bleibt eines der Bundesländer, in denen das Elternhaus den meisten Einfluss auf die Bildungschancen von Kindern hat. Problematisch sei auch der weiter hohe Anteil an Schulabbrechern: Fast jeder zehnte Jugendliche verlässt in der Bundeshauptstadt die Schule ohne einen Abschluss.

Hamburg: Fortschritte, aber …

HAMBURG. Hamburgs Schulsystem hat laut einer Bildungsstudie in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Sei es bei der Inklusion, bei den Ganztagsschulen, bei den Abitur- oder Abbrecherquoten – in allen Bereichen habe sich die Hansestadt deutlich positiv entwickelt, heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten «Chancenspiegel 2017» der Bertelsmann-Stiftung. Probleme gebe es allerdings bei der Kompetenzförderung und beim relativ starken Anstieg der Förderquote.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte die Zunahme von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Vergangenheit auch mit dem Perspektivwechsel bei der Inklusion erklärt: «Kinder, deren auffälliges Lernverhalten früher toleriert wurde, gelten heute als sonderpädagogisch förderbedürftig.»

Nach der Studie wies Hamburg im zuletzt untersuchten Schuljahr etwa mit 88 Prozent die bundesweit höchste Ganztagsschüler-Quote auf. In Bayern waren es den Angaben zufolge dagegen im Schuljahr 2014/15 nur 15 Prozent. Und auch bei der Abiturquote lag die Hansestadt 2014 mit 62,5 Prozent bundesweit auf Platz eins, während in Sachsen-Anhalt nur 38,1 Prozent der Schüler die Hochschulreife erlangten.

Bei der Förderquote verorten die Studienverfasser Hamburg im Ländervergleich nur in der mittleren, im Schuljahr 2013/14 mit 8,8 Prozent sogar in der unteren Gruppe. So sei die Quote von 2002 bis 2014 um 2,6 Punkte und damit deutlich stärker als der Ländermittelwert von 1,3 Punkten gestiegen. Im laufenden Schuljahr 2016/17 liegt der sonderpädagogischen Förderbedarf nach Angaben der Schulbehörde bei 6,9 Prozent aller Schüler. Beim überwiegenden Teil von ihnen handele es sich um Schüler mit Schwierigkeiten in den Bereichen Lernen, Sprache und emotionale Entwicklung (LSE).

Positiv hat sich Hamburg den Angaben zufolge beim Thema Inklusion entwickelt. So sei die Quote jener förderbedürftigen Schüler, die mit nicht behinderten Kindern und Jugendlichen gemeinsam unterrichtet werden, von 2002 bis 2014 um 45,1 Punkte auf 59,6 Prozent gestiegen – 20,7 Prozentpunkte mehr als im Ländermittelwert.

Im laufenden Schuljahr besuchen laut Schulbehörde sogar schon 64 Prozent der förderbedürftigen Schüler eine allgemeinbildende Schule. Entsprechend rückläufig ist nach Angaben der Wissenschaftler die Exklusionsquote, also der Anteil jener Schüler, die weiter auf eine spezielle Förderschule gehen. Sie sank im Laufe der Jahre um 1,5 Punkte auf 3,4 Prozent im Schuljahr 2014/15.

Nicht zufrieden sind die Forscher jedoch mit dem Ausschöpfen der Schülerpotenziale. Die Aufbereitung der Daten aus den Schulleistungsuntersuchungen hätten für Hamburg über alle Schulstufen und Kompetenzbereiche hinweg ein eindeutiges Ergebnis ergeben: «Die erzielten Leistungen der getesteten Schülergruppe führen (…) überwiegend zu Zuordnungen zur Ländergruppe mit vergleichsweise geringen Kompetenzständen», heißt es in der Untersuchung.

Hessen: Trend nach unten

WIESBADEN. In Hessen verlassen einer Studie zufolge vergleichsweise wenige Jugendliche die Schule ohne Abschluss – wobei davon noch immer deutlich mehr ausländische Schüler betroffen sind. Der Anteil ausländischer Schulabgänger ohne zumindest einen Hauptschulabschluss lag hierzulande 2014 bei 10,7 Prozent und damit deutlich unter dem Bundeswert von 12,9 Prozent, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten «Chancenspiegel 2017» der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Der Anteil aller Schüler ohne Abschluss betrug im Vergleich dazu 4,9 Prozent, auch das war klar niedriger als der deutschlandweite Wert von 5,8 Prozent.

Die Entwicklung der Zahlen zeigte in Hessen anders als bundesweit in beiden Fällen nach unten: 2011 hatte der Anteil aller Abgänger ohne Abschluss noch bei 5,5 Prozent gelegen, im Fall der Schüler mit ausländischem Pass waren es 2011 noch 13,5 Prozent gewesen. Für ganz Deutschland wies die Studie dagegen bei ausländischen Abgängern ohne Abschluss von 2011 bis 2014 eine Zunahme aus.

Für den «Chancenspiegel» wurden bundesweite schulstatistische Daten für den Zeitraum 2002 bis 2014 analysiert. Demnach wiederholten in Hessen im Schuljahr 2014/15 in den Jahrgangsstufen sieben bis neun 2,9 Prozent der Schüler eine Klasse und damit mehr als bundesweit (2,7). Zudem wechselten 48,8 Prozent der Grundschüler auf ein Gymnasium, im Vergleich zu 44,0 Prozent deutschlandweit.

Mecklenburg-Vorpommern: Gymnasialquote fast bei 50 Prozent

SCHWERIN. Mecklenburg-Vorpommerns Platz im deutschen Schulsystem liegt irgendwo in der Mitte. Das geht aus einem «Chancenspiegel» hervor. Fast die Hälfte der Grundschüler in Mecklenburg-Vorpommern (47,1 Prozent) wechselt aufs Gymnasium. Im Bundesschnitt sind es 44 Prozent, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten «Chancenspiegel 2017» der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Vergleichsweise viele Schüler im Nordosten bleiben demnach auch am Gymnasium.

Auf einen Schüler, der von einer niedrigeren auf eine höhere Schulart wechselt, kommen zwar 3,6 Schüler, die von einer höheren auf eine niedrigere Schulart wechseln. Im Bundesschnitt beträgt der Wert laut Studie 1:6. In Mecklenburg-Vorpommern erwerben 35,2 Prozent der Jugendlichen einer Altersstufe die Hochschulreife. Auch dieser Wert liegt leicht über dem Bundesschnitt von 34,1 Prozent, wie aus der Analyse hervorgeht. In vielen Kategorien stuft die Studie Mecklenburg-Vorpommern in die mittlere von drei Ländergruppen ein. Zur oberen Gruppe zählt Mecklenburg-Vorpommern in der Kategorie Übergang zum Gymnasium sowie beim Anteil von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die ins Duale System der Berufsbildung übergehen. Auch besuchen mit sieben Prozent überdurchscnittlich viele Schüler eine Ganztagsschule.

Zur unteren Gruppe zählt Mecklenburg-Vorpommern im «Chancenspiegel» bei der Wiederholerquote, die über dem Bundesschnitt liegt. 2014/15 wiederholten 3,7 Prozent aller Schüler wiederholen in den Jahrgangsstufen sieben bis neun eine Klassenstufe. Im Bundesschnitt waren es nur 2,7 Prozent. Auch ist in Mecklenburg-Vorpommern der Anteil von Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf mit 11 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mit 7 Prozent überdurchschnittlich hoch.

Niedersachsen und Bremen:  Meist in der Mitte

HANNOVER. In einer umfassenden Studie zu Bildungschancen hat Niedersachsen in den meisten Kategorien einen mittleren Rang erreicht. Nach dem «Chancenspiegel 2017» wechseln zum Beispiel 43,3 Prozent der niedersächsischen Grundschüler auf ein Gymnasium, bundesweit sind es 44,0 Prozent. Das Bundesland Bremen erreicht in einigen Kategorien ebenfalls einen Mittelwert, wird in fünf Bereichen allerdings auch zur oberen Gruppe gezählt, Niedersachsen in zwei.

Die Herkunft der Kinder spielt bei den Bildungschancen eine große Rolle. Sowohl in Niedersachsen als auch in Bremen haben ausländische Jugendliche im Vergleich zu ihren deutschen Mitschülern ein deutlich höheres Risiko, die Schule ohne Abschluss zu verlassen.

Nordrhein-Westfalen: Viele Abschlüsse – niedriges Kompetenzniveau

DÜSSELDORF. „Erfolgreich ist Nordrhein-Westfalen in der Dimension Zertifikatsvergabe, das Land zählt hier im Verlauf der Zeitreihe häufig zur oberen Gruppe. So ist beispielsweise der Anteil der Schülerinnen und Schüler, der die allgemeine oder berufliche Schule mit einer Hochschulreife verlässt, durchgängig höher als in den meisten anderen Ländern.“ Allerdings stellt sich die Frage, auf welchem Kompetenzniveau die Abschlüsse liegen. Denn die 15-Jährigen im Land zeigen vergleichsweise häufig nur geringe Mittelwerte zum Beispiel in der mathematischen Kompetenz und landen damit in fast allen Leistungsvergleichsstudien in der unteren Ländergruppe.

Nordrhein-Westfalen hat sich laut Studie „insbesondere in den letzten Beobachtungsjahren hinsichtlich der Indikatoren zur Integrationskraft in der mittleren Ländergruppe stabilisiert: Das Land findet in Bezug auf Anteil der Schülerinnen und Schüler mit einem diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf (Förderquote) bereits seit Beginn der Zeitreihe, mit Blick auf den Inklusionsanteil und die Exklusionsquote (wieder) seit dem Schuljahr 2013/14 in dieser Gruppe. Im Fall von Inklusionsanteil und Exklusionsquote dokumentiert die Statistik für das Land deutlichsteigende Inklusionsanteile und sinkende Exklusionsquoten zum Ende der Zeitreihen.“

Auch hinsichtlich der Indikatoren zum schulischen Ganztag zähle das Land ab dem Schuljahr  2005/06 (Ganztagsschüleranteil) bzw. 2008/09 (Schüleranteil gebundener Ganztag) nur noch zur mittleren Ländergruppe – obwohl insgesamt durchgängig steigende Anteilswerte in den Indikatoren beobachtet werden könnten. „ Andere Bundesländer haben ihren Ganztagsausbau den Anteilswerten zufolge konsequenter vorangetrieben“, so heißt es.

Weiter: „In Bezug auf die Indikatoren der Dimension Durchlässigkeit wird Nordrhein-Westfalen zumeist der mittleren und einige Male der unteren Gruppe zugeordnet. Dabei zeigen sich hinsichtlich der Wiederholerquote in einigen Schuljahren vergleichsweise deutlich rückläufige Anteilswerte und eine konsequente Verortung des Landes in der mittleren Ländergruppe.“

Rheinland-Pfalz: Weniger Sitzenbleiber als im Bundesdurchschnitt

MAINZ. Jugendliche mit ausländischem Pass verlassen auch in Rheinland-Pfalz noch immer deutlich häufiger eine Schule ohne Abschluss als ihre deutschen Mitschüler. Der Anteil ausländischer Schulabgänger ohne zumindest einen Hauptschulabschluss lag hierzulande 2014 bei 11,3 Prozent, wie aus dem «Chancenspiegel 2017» hervorgeht. Der Anteil aller Schüler ohne Abschluss betrug nur 5,6 Prozent. Im Ländervergleich rangierte Rheinland-Pfalz damit auf einem mittleren Platz. Bundesweit verließen 5,8 Prozent die Schule ohne Abschluss, bei ausländischen Abgängern waren es 12,9 Prozent.

Auch die Entwicklung der Zahlen zeigt in Rheinland-Pfalz der Studie zufolge in unterschiedliche Richtung: Während der Anteil aller Abgänger ohne Abschluss 2011 noch bei 5,8 Prozent gelegen hatte – also unter dem Strich seitdem sank -, waren es bei ausländischen Schülern 2011 noch 10,1 Prozent gewesen. Hier ging der Anteil hoch. Für den «Chancenspiegel» wurden bundesweite Daten für den Zeitraum 2002 bis 2014 analysiert. Demnach wiederholten in Rheinland-Pfalz im Schuljahr 2014/15 in den Jahrgangsstufen sieben bis neun 1,9 Prozent der Schüler eine Klasse und damit weniger als bundesweit (2,7). Zudem wechselten 44,6 Prozent der Grundschüler auf ein Gymnasium im Vergleich zu 44,0 Prozent deutschlandweit.

Saarland: Mehr Abbrecher

Im Saarland ist die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss gestiegen – insbesondere bei Jugendlichen mit ausländischem Pass. Der Anteil ausländischer Schulabgänger ohne zumindest einen Hauptschulabschluss lag hierzulande 2014 bei 12,9 Prozent und entsprach exakt dem Bundeswert, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten «Chancenspiegel 2017» der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. 2011 hatte der Saar-Wert noch bei 9,3 Prozent gelegen. Der Anteil aller Schüler ohne Abschluss betrug 2014 5,3 Prozent nach 4,8 Prozent drei Jahre zuvor – und lag unter dem deutschlandweiten Anteil von 5,8 Prozent.

Für den «Chancenspiegel» wurden bundesweite Daten von 2002 bis 2014 analysiert. Demnach wiederholten im Saarland im Schuljahr 2014/15 in den Jahrgangsstufen sieben bis neun 2,0 Prozent der Schüler eine Klasse und damit weniger als bundesweit (2,7). 41,5 Prozent der Grundschüler wechselten auf ein Gymnasium im Vergleich zu 44,0 Prozent deutschlandweit.

Sachsen: Schlechte Förderung ausländischer Schüler

DRESDEN. Vor allem in Sachsen haben es die jungen Ausländer schwer. Während 2014 allgemein nur 8,3 Prozent der Jungen und Mädchen die Schulen ohne Abschluss verließen, waren es bei den ausländischen Jugendlichen mehr als 27 Prozent.

Bundesweit sank der Anteil aller Schüler ohne Abschluss seit 2011 von 6,2 auf 5,8 Prozent (2014), die Quote bei ausländischen Schülern stieg im gleichen Zeitraum von 12,1 auf 12,9 Prozent an. Ansonsten stellt die Studie Sachsen ein gutes Zeugnis aus. Bei den Ganztagsschulen etwa sei der Freistaat bundesweit vorn dabei. 2014/15 besuchten fast 80 Prozent der Schüler der Primar- und Sekundarstufe I eine Ganztagsschule. Bundesweit sind es etwas mehr als 37 Prozent, in Bayern nur rund 15 Prozent.

Bei Schulleistungsstudien sei es Sachsen in den vergangenen Jahren vergleichsweise oft gelungen, sich bei allen Indikatoren, Schulstufen und Kompetenzbereichen wie Lese- oder mathematischer Kompetenz bundesweit vorn zu platzieren, schreiben die Autoren der Studie. Hervorzuheben seien unter anderem die geringen Unterschiede zwischen den Schülergruppen unterschiedlicher sozialer Herkunft. Weitere Kennziffern aus der Studie: 42,5 Prozent der Grundschüler in Sachsen schaffen den Sprung aufs Gymnasium (bundesweit: 44,0 Prozent). 45,7 Prozent der jungen Erwachsenen erreichten 2014 die Hochschulreife an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen – im bundesweiten Vergleich (52,2 Prozent) ein eher niedriger Wert.

Sachsen-Anhalt: Viele Schüler scheitern am Gymnasium

MAGDEBURG. In Sachsen-Anhalt lag der Anteil ausländischer Schulabgänger ohne Abschluss mit 12,7 Prozent etwa auf bundesweitem Niveau. Bezogen auf alle Jungen und Mädchen betrug der Anteil von Schülern ohne Abschluss 9,7 Prozent. Bundesweit sank der Anteil aller Schüler ohne Abschluss seit 2011 von 6,2 auf 5,8 Prozent (2014), die Quote bei Schülern mit ausländischem Pass stieg im gleichen Zeitraum von 12,1 auf 12,9 Prozent an.

Weitere Kennziffern aus der Studie: 22,4 Prozent der Schüler der Primar und Sekundarstufe I (51,3 Prozent) besuchten eine Ganztagsschule (bundesweit 37,3 Prozent). 48,1 Prozent der Jungen und Mädchen an den Grundschulen schaffen den Sprung auf ein Gymnasium – das sind mehr als im Bundesdurchschnitt (44,0 Prozent). Aber nur etwa 38 Prozent der jungen Erwachsenen erreichen die Hochschulreife an allgemeinen oder beruflichen Schulen (bundesweit 52,2 Prozent).

Schleswig-Holstein: Überdurchschnittlich viele Abbrecher

KIEL. Die Zahl der Schulabbrecher in Schleswig-Holstein ist gegen den Bundestrend wieder leicht angestiegen. 2014 hatten im nördlichsten Bundesland 7,6 Prozent der Schulabgänger nicht einmal einen Hauptschulabschluss. 2013 waren es 7,3 Prozent und in den Jahren 2009 bis 2012 lag der Wert weitgehend konstant bei rund 7,0 Prozent. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten «Chancenspiegel» der Bertelsmann-Stiftung hervor. Im Bundesdurchschnitt sank der Anteil aller Schüler ohne Abschluss seit 2011 von 6,2 auf 5,8 Prozent (2014).

Einers der Hauptprobleme im gesamten deutschen Schulsystem ist mangelnde Chancengerechtigkeit für junge Ausländer. Inzwischen sei das Risiko eines Abbruchs, ohne zumindest den Hauptschulabschluss zu erreichen, für Jugendliche mit ausländischem Pass etwa doppelt so hoch wie für ihre deutschen Mitschüler. In Schleswig-Holstein liegt die Quote bei 14,9 Prozent (Bundesschnitt 12,9 Prozent).

Im Vergleich zu anderen Bundesländern wechseln in Schleswig-Holstein zudem weniger Grundschüler auf ein Gymnasium. Zwar hat sich die Quote erhöht, das Land gehörte 2014 der Studie zufolge aber dennoch zur Gruppe mit dem niedrigsten Anteil an Wechseln. Demnach gingen in dem Jahr 40,7 Prozent der Schüler in Schleswig-Holstein nach der Grundschule auf ein Gymnasium (2012: 39,3 Prozent). Der Bundesdurchschnitt lag 2014 bei 44,0 Prozent (2012: 42,9 Prozent)

Sehr gute Ergebnisse erzielte das Land hingegen erneut beim gemeinsamen Lernen. Im Schuljahr 2014/15 besuchten demnach 63,4 Prozent aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeine Schule (Bundeswert: 34,1 Prozent.

Thüringen: Gutes Zeugnis

ERFURT. In Thüringen stehen ausländische Jugendliche besser da als im Bundesdurchschnitt. Im Freistaat blieb der Studie zufolge nur etwa jeder zehnte von ihnen ohne Abschluss. Der Anteil bei allen Jungen und Mädchen lag bei 7,2 Prozent. Die Studie stellt dem Thüringer Schulsystem ansonsten ein gutes Zeugnis aus. Bei Schulleistungsstudien gelinge es dem Land seit Jahren über alle Indikatoren, Schulstufen und getesteten Kompetenzbereiche hinweg, häufig zur oberen Ländergruppe zu gehören, hieß es. Auffällig sei die oft vergleichsweise geringe Streuung zwischen den oberen und unteren sozialen Herkunftsgruppen.

Weitere Kennziffern aus der Studie: Mehr als jeder zweite Schüler der Primar und Sekundarstufe I (51,3 Prozent) in Thüringen besucht eine Ganztagsschule (bundesweit 37,3 Prozent). 43,5 Prozent der Jungen und Mädchen an den Grundschulen schaffen den Sprung auf ein Gymnasium – das sind etwa ebenso viele wie im Bund (44,0 Prozent). Etwa jeder zweite junge Erwachsene erreicht die Hochschulreife an allgemeinen oder beruflichen Schulen (bundesweit 52,2 Prozent).

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